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Wie geht es weiter mit Großbritannien? Brexit-Szenarien – Risikomanagement ist alles

Nach Ansicht der Investmentexperten von Amundi ist es momentan am wahrscheinlichsten, dass schließlich ein Deal zwischen den Verhandlungspartnern ratifiziert werden kann und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland in eine Übergangsphase bis Ende 2020 eintritt – wenn auch vielleicht nicht im ersten Anlauf. Doch bis es soweit ist, dürften neue Beschwörungen von Horrorszenarien, politische Krisen, Forderungen und Fristverlängerungen in letzter Sekunde den Alltag bestimmen und die Märkte verunsichern.

Dabei geht es der britischen Wirtschaft derzeit gar nicht so schlecht, wie viele im Anschluss an das Referendum erwartet hatten. Das Vertrauen ist aufgrund der Brexit-Unsicherheit zwar angeschlagen und die Inflation im Zuge der Abwertung des Pfund Sterling gestiegen. Trotzdem ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) seit Juni 2016 um 3,8 Prozent gewachsen und damit nur etwas weniger als die Wirtschaft der Eurozone, die um 4,9 Prozent zugelegt hat.

Allerdings schwächt sich das Potenzial der Wirtschaft Großbritanniens ab, so Tristan Perrier, Senior Economist bei Amundi: „Weil die Migration aus der EU so stark zurückgegangen ist, wächst die Erwerbsbevölkerung langsamer. Noch ist der Arbeitsmarkt sehr robust, und die Reallöhne sind nach einer Phase hoher Inflation wieder positiv. Einen Brexit-Deal vorausgesetzt, kann die britische Wirtschaft daher 2019 und 2020 noch einmal wachsen. Da sich die Konjunktur aber in einer sehr späten Phase befindet, rechnen wir bald mit einer strafferen Geldpolitik der Bank of England, so dass wir in den beiden kommenden Jahren ein Wachstum von 1,5 Prozent beziehungsweise 1,6 Prozent erwarten.“

Auf längere Sicht werde sich der verschlechterte Zugang zum EU-Binnenmarkt Perrier zufolge negativ auf die britische Volkswirtschaft auswirken: „Falls es doch zu einem No-Deal-Brexit kommen sollte, würde die britische Wirtschaft im kommenden Jahr schwer leiden.“

Vorsicht bei britischen Aktien

„Bei einem harten Brexit würde das Pfund Sterling unter Druck geraten, was wohl zu einer Wiederholung des Währungssturzes nach dem Referendum führen würde“, meint Chris Morris, Senior Portfolio Manager Global Fixed Income. Die Rendite britischer Staatsanleihen, der Gilts, würde dann steigen, weil die Wachstumserwartungen gesenkt und keine Zinserhöhungen mehr erwartet würden.

Anleger sollten sich jedoch daran erinnern, dass die Märkte lernen, so der Experte – denn im Zuge der Pfund-Schwäche nach dem Referendum entwickelten sich etwa britische Aktien ausgesprochen gut. „Short-Positionen auf UK-Aktien müssen deshalb auf Unternehmen ausgerichtet sein, die im Inland ihr Geld verdienen, wie Banken, Versorger und der Einzelhandel. Firmen, die den größten Teil ihrer Erträge im Ausland erzielen oder in einer fremden Währung bilanzieren, könnten von einem schwachen Pfund durchaus profitieren. Dazu zählen zum Beispiel Energieanbieter, Hersteller von Alltagsprodukten und der Healthcare-Sektor“, erläutert Andrew Arbuthnott, Head of Large-Cap European Equities. Ein weicher Brexit hätte die umgekehrten Auswirkungen. Gilts dürften weniger attraktiv sein, aber die Aussichten für Unternehmen mit Fokus auf den Heimatmarkt und das Pfund würden sich wahrscheinlich verbessern. Bei Aktien sehen die Amundi-Experten jedoch innerhalb Europas grundsätzlich mehr Chancen außerhalb Großbritanniens.

„Derzeit entwickeln sich die Dinge so schnell, dass es für Investoren im Handel mit dem britischen Pfund ausgesprochen schwer ist, einen Wissensvorsprung zu erzielen“, beobachtet Andreas König, Head of Global FX. Umso wichtiger sei es deshalb, eine bewusste Anlageentscheidung angesichts eines solch instabilen Umfeldes zu treffen: „Das kann bedeuten, ein bestehendes Engagement in Großbritannien oder in britischen Pfund zu reduzieren oder sogar aufzulösen. Es kann aber auch bedeuten, die aktuelle Entwicklung als Chance zu sehen, um Gewinne im Devisenmarkt zu erzielen. Das Risikomanagement ist momentan von größter Bedeutung.“ König geht davon aus, dass eine mögliche Ablehnung des Brexit-Abkommens im britischen Unterhaus bei der Abstimmung am 11. Dezember zu einer begrenzten Abwärtsbewegung des Pfund Sterling um nur etwa 1,0 bis 1,5 Prozent führen wird, da dies nicht unbedingt das letzte Wort sein muss.

Fazit: Unsicherheit hält zunächst bis Ende März 2018 an

Wie auch immer: Die Amundi-Experten erwarten, dass sich die Unsicherheit der Märkte verringern wird, je näher der Brexit-Termin am 29. März 2019 rückt. So oder so werden die Optionen weniger, und allein deshalb dürfte sich das britische Pfund wieder erholen. Chris Morris: „Zum Schutz vor Abwärtsrisiken sind Optionsstrategien sehr beliebt, doch auch deren Wert wird abnehmen, je näher wir dem Stichtag kommen. Sobald es eine Entscheidung gibt, wird die Volatilität zurückgehen. Man muss sich allerdings bewusst sein, dass die EU Entscheidungen gern bis zur letzten Sekunde aufschiebt, so dass einige wichtige Vereinbarungen auch nach dem 29. März offenbleiben könnten. Falls es zu einer Fristverlängerung nach Artikel 50 kommen sollte, wäre dieses Risiko sogar noch wahrscheinlicher.“

Soweit nicht anders angegeben, beruhen die hier enthaltenen Ansichten auf Recherchen, Berechnungen und Informationen von Amundi Asset Management und haben den Stand 28.10.2018. Diese Ansichten können sich jederzeit ändern, abhängig von wirtschaftlichen und anderen Rahmenbedingungen. Es gibt keine Gewähr, dass sich Länder, Märkte oder Branchen wie erwartet entwickeln werden. Diese Veröffentlichung ist kein Verkaufsprospekt und stellt kein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Anteilen in Ländern dar, in denen ein solches Angebot nicht rechtmäßig wäre. Außerdem stellt diese Veröffentlichung kein solches Angebot an Personen dar, an die es nach der jeweils anwendbaren Gesetzgebung nicht abgegeben werden darf. Amundi Deutschland GmbH ist ein Unternehmen der Amundi Gruppe.

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