Feri-Chefvolkswirt Axel Angermann
Wie hoch steigt die Inflation noch?
Feri-Chefvolkswirt Axel Angermann. Foto: Feri
Steigende Energiepreise treiben die Inflation aktuell deutlich nach oben. Ob der Trend anhält, ist unter Experten umstritten. Feri-Chefvolkswirt Axel Angermann rechnet langfristig mit einer hohen Teuerungsrate.
Dass Produktivitätsgewinne nicht nur die potenziell inflationssteigernde Wirkung der zunehmenden Arbeitskräfteknappheiten, sondern auch die der anderen hier diskutierten Faktoren überkompensieren, ist ein zwar denkbares Szenario, dessen Wahrscheinlichkeit aber jedenfalls geringer einzuschätzen ist als das Basisszenario strukturell höherer Inflation. Mit den genannten strukturellen Bestimmungsgründen für höhere Preise ist eine notwendige Bedingung für höhere Inflation erfüllt. Damit höhere Inflation Wirklichkeit wird, braucht es aber noch eine hinreichende Bedingung: Es muss Notenbanken geben, die ihre Geldpolitik nicht im erforderlichen Maße zur Inflationsbekämpfung einsetzen.
Geldpolitik...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Dass Produktivitätsgewinne nicht nur die potenziell inflationssteigernde Wirkung der zunehmenden Arbeitskräfteknappheiten, sondern auch die der anderen hier diskutierten Faktoren überkompensieren, ist ein zwar denkbares Szenario, dessen Wahrscheinlichkeit aber jedenfalls geringer einzuschätzen ist als das Basisszenario strukturell höherer Inflation. Mit den genannten strukturellen Bestimmungsgründen für höhere Preise ist eine notwendige Bedingung für höhere Inflation erfüllt. Damit höhere Inflation Wirklichkeit wird, braucht es aber noch eine hinreichende Bedingung: Es muss Notenbanken geben, die ihre Geldpolitik nicht im erforderlichen Maße zur Inflationsbekämpfung einsetzen.
Geldpolitik der Zentralbanken
Seit der Aufgabe des Goldstandards vor genau 50 Jahren sind westliche Regierungen und Notenbanken grundsätzlich frei von monetären Restriktionen, können also prinzipiell jederzeit neues Geld in beliebigem Umfang schaffen, stellt Heinz-Werner Rapp in einer aktuellen Studie des Feri Cognitive Finance Institute heraus. Von dieser Möglichkeit haben sie seitdem in mehreren Wellen kräftig Gebrauch gemacht.
Die aktuelle, von der Corona-Pandemie ausgelöste Welle ist durch eine erneute massive Eskalation gekennzeichnet: Die Notenbanken haben ein neues geldpolitisches Regime etabliert, das durch die unmittelbare Finanzierung von Staaten charakterisiert wird. In fast allen westlichen Ländern wurden, die im Zuge der Corona-Krise 2020 rapide steigenden Staatsausgaben und Budgetdefizite mehr oder weniger direkt durch erhöhte Anleihekäufe der Notenbanken finanziert, die im Ergebnis einen erheblichen Teil der staatlichen Schulden in ihren Bilanzen ausweisen.
In dem Maße, in dem eine drohende Zahlungsunfähigkeit des Staates auch direkt die Zentralbankbilanzen betrifft, verringert sich faktisch die Unabhängigkeit der Notenbanken, weil diese in ihrer Geldpolitik unmittelbar auch die Finanzierbarkeit der staatlichen Schulden ins Kalkül ziehen müssen. Das Ergebnis ist eine Verschränkung von Geld- und Fiskalpolitik, die erwarten lässt, dass die Notenbanken dem Ziel der Preisniveaustabilität nicht mehr unbedingten Vorrang einräumen.
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