Feri-Chefvolkswirt Axel Angermann
Wie hoch steigt die Inflation noch?
Feri-Chefvolkswirt Axel Angermann. Foto: Feri
Steigende Energiepreise treiben die Inflation aktuell deutlich nach oben. Ob der Trend anhält, ist unter Experten umstritten. Feri-Chefvolkswirt Axel Angermann rechnet langfristig mit einer hohen Teuerungsrate.
Ein weiteres Ergebnis des seit 50 Jahren laufenden „monetären Super-Zyklus“ ist die Aufblähung der Assetpreise mit der Folge, dass eine – unter Umständen zur Inflationsbekämpfung notwendige – schnelle Straffung der Geldpolitik sich zuerst in stark fallenden Assetpreisen mit gravierenden gesamtwirtschaftlichen und konjunkturellen Folgen zeigt. Seit Paul Volcker im Jahr 1979 zur Bekämpfung der hohen Inflation den Leitzins der Fed binnen weniger Monate um 10 Prozentpunkte nach oben trieb und damit eine schwere Rezession der US-Wirtschaft in Kauf nahm, scheint die Bereitschaft der Notenbanken zu solchen Schritten auf nahe Null gesunken zu sein. Schon vor der Corona-Krise wurden bereits kleinere Korrekturen...
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Ein weiteres Ergebnis des seit 50 Jahren laufenden „monetären Super-Zyklus“ ist die Aufblähung der Assetpreise mit der Folge, dass eine – unter Umständen zur Inflationsbekämpfung notwendige – schnelle Straffung der Geldpolitik sich zuerst in stark fallenden Assetpreisen mit gravierenden gesamtwirtschaftlichen und konjunkturellen Folgen zeigt. Seit Paul Volcker im Jahr 1979 zur Bekämpfung der hohen Inflation den Leitzins der Fed binnen weniger Monate um 10 Prozentpunkte nach oben trieb und damit eine schwere Rezession der US-Wirtschaft in Kauf nahm, scheint die Bereitschaft der Notenbanken zu solchen Schritten auf nahe Null gesunken zu sein. Schon vor der Corona-Krise wurden bereits kleinere Korrekturen an den Aktienmärkten als Signal für eine generelle Verschlechterung der gesamtwirtschaftlichen Lage gesehen, was die Fed mindestens von einer Straffung ihrer Geldpolitik abhielt oder sogar deren erneute Ausweitung bewirkte.
Dieses geldpolitische Umfeld ist ein idealer Nährboden dafür, einer steigenden Inflation weder frühzeitig noch entschlossen zu begegnen. Die geänderte geldpolitische Strategie sowohl der Fed als auch der EZB, höhere Inflationsraten mindestens eine Zeit lang zu tolerieren und nur im Durchschnitt vieler Jahre ein Inflationsniveau von 2 Prozent anzustreben, ist der offizielle Ausdruck dieses Befundes. Mit der Betonung des transitorischen Charakters der aktuell höheren Inflationsraten wird diese Strategie praktisch umgesetzt.
Die Notenbank muss dabei allerdings darauf hoffen, dass die Finanzmarktakteure im Vertrauen auf diese Einschätzung darauf verzichten, die Langfristzinsen nach oben zu treiben. Sollten sie dieses Vertrauen verlieren und die Langfristzinsen stark steigen (wofür in absehbarer Zukunft einiges spricht), bliebe als Möglichkeit die Fixierung der Langfristzinsen durch die Notenbank, wie es die Bank of Japan seit etlichen Jahren bereits praktiziert. Perspektivisch folgt daraus, dass die nächste große Krise des globalen Finanzsystems eine Krise des Vertrauens in Geldwerte und Währungen sein könnte. Bis auf welches Niveau die Inflation steigen würde, bis ein neuer Paul Volcker versucht, die Geldpolitik wieder ihrer ursprünglichen Bestimmung zurückzuführen, bleibt Spekulation.
Als sicher kann aber gelten, dass das enorme Geldschöpfungsvolumen der großen Notenbanken einen potenziellen Nährboden und Treiber für steigende Inflation bildet. Weil viele Faktoren, die eine höhere Inflation in den vergangenen Jahrzehnten verhindert haben, an Wirksamkeit verlieren und eine Reihe von Faktoren höhere Preissteigerungsraten begünstigt, müssen wir in den kommenden Jahren mit einer deutlich höheren, strukturell und systemisch bedingten Inflation rechnen.
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