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Der große Preis Wie Inflation Märkte und Geldpolitik aus den Angeln hebt

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Mit der gelddruckenden Zentralbank im Rücken werden Staaten und Privatinvestoren Unmengen an Kupfer und anderem Material kaufen und verbauen müssen. Das ist eine langfristige Nachfrage, die kaum auf den Preis reagieren wird, weil sie nötig ist. Andererseits folgt das Angebot an Rohstoffen nach dem Prinzip des Schweinezyklus der erhöhten Nachfrage. So weist Kapitalmarktstratege Tilmann Galler von JP Morgan Asset Management darauf hin, dass beispielsweise der Öl­verband Opec seine Kapazitäten bereits ausbaut. Hinzu könne noch die US-­ame­rikanische Fracking-­Industrie kommen, wenn auch mit einigen der Umwelt geschuldeten Fragezeichen. „Zum ersten Mal seit vielen Jahren wurden die langfristigen Inflationsprognosen für alle Volkswirtschaften angehoben“, stellt Galler fest. „Nachhaltige Verwerfungen“ sieht er im aktuellen Zyklus aber nicht.

1) Geschätzter Wert Angaben auf Eurobasis, inklusive Netto-Dividenden
Quelle: MSCI; Stand: 17. November 2021; Stand Kennzahlen: 29. Oktober 2021
Sortierkriterium: Wertentwicklung 2021

Doch es gibt auch andere Ansichten. So rechnet Mark Dowding mit einer satten Lohn-­Preis­-Spirale, die die Inflation dauerhaft hochhalten könnte. „Viele Marktteilnehmer haben schon so lange keine Inflation mehr erlebt, dass sie davon ausgehen, es müsse sich um eine vorübergehende Anomalie handeln. Wir halten diese Einschätzung schlichtweg für falsch“, bemerkt der Investmentchef des Londoner Anleihehauses Bluebay Asset Management. Er könne sich gut vorstellen, dass Angestellte mehr Geld verlangen, weil die Preise steigen, und ihre Arbeitgeber daraufhin die Preise erhöhen, weil ihre Kosten steigen.

Unternehmen versuchen, der erhöhten Nachfrage nachzukommen, finden aber nicht genügend geeignetes Personal. Schon jetzt steigen in den USA die Löhne bemerkenswert stark. Das ist ein strukturelles demografisches Problem in den Industrienationen, noch dadurch verstärkt, dass nicht wenige Unternehmen durch Corona­-Turbulenzen abgeschreckt ihre Lieferketten wieder verkürzen und ins eigene Land zurückholen. Sie drehen die Globalisierung, die jahrelang die Preise niedrig gehalten hatte, wieder zurück.

Und am Ende könnte noch ein ganz profaner psychologischer Effekt die Nachfrage zusätzlich anheizen, findet Dowding: „Steigt die Inflation, ist die Versuchung groß, viel Geld rasch auszugeben, da es bei negativen Realzinsen buchstäblich ein Loch in die Tasche brennt.“

Ungünstig ist nur, dass die Inflationswelle nicht gerade mit einer Wachstumswelle einhergeht, sondern in erster Linie knappem Angebot und gestörten Liefer­ketten geschuldet ist. „Inflation aus den falschen Gründen“, nennt das Mark Nash. Der Chef fürs alternative Anleihemanagement bei Jupiter Asset Management rechnet mit knappen Waren weit bis ins kommende Jahr hinein und beklagt, dass die hohe Inflation am Ende das Wachstum sogar dämpft, weil sie Kaufkraft abzieht.

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