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Der große Preis Wie Inflation Märkte und Geldpolitik aus den Angeln hebt

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Doch auch hier sind die Meinungen geteilt. So rufen die Strategen der Credit Suisse bereits die Post-­Covid­-Dekade aus und rechnen mit einem strammen Wirtschaftswachstum von 3,8 Prozent in den USA, 4,2 Prozent in der Eurozone und satten 6,1 Prozent in China. Und zwar real, also nach Inflation. Bei Amundi sind die Prognosen für 2022 etwas niedriger, aber ebenfalls ansehnlich: 3,3 Prozent in den USA, 4,1 Prozent in der Eurozone und 4,7 Prozent in China. Die hier und da befürchtete Stagflation, eine giftige Mischung aus schwacher Wirtschaft und hoher Inflation, ist das beileibe nicht. Allerdings erwarten die Amundi­-Strategen für 2023 für die USA nur noch 2,0, die Eurozone 2,3 und China 4,8 Prozent Wachstum. Doch allein die wackelige Corona-­Lage und ständig auftauchende neue Mutationen lassen solche Prognosen sehr vage erscheinen.

Alle Angaben in Prozent pro Jahr
Quelle: JP Morgan Asset Management, Annahmen per 30. September 2021

Ob sie nun dauerhaft steigt oder wieder ein Stück herunterkommt – die Zeiten mit Inflationsraten unter 2 Prozent dürften vorbei sein. Doch an den Anleihemärkten passiert: nicht viel. Die zehnjährige Bundesanleihe rentiert mit minus 0,34 Prozent pro Jahr sogar tiefer als noch vor einem halben Jahr (Stand: 22. November 2021). Die zehnjährige US-­Staatsanleihe bringt immerhin 1,55 Prozent im Jahr, aber auch das ist weniger als beispielsweise noch im Mai. Bei Unternehmensanleihen bewegen sich die Renditeaufschläge, die Spreads, nach wie vor kaum.

Die Ruhe könnte trügen. Die US­-Noten­bank kauft seit November bereits für 15 Milliarden Dollar im Monat weniger An­leihen. Damit langt sie zwar nach wie vor für monatlich 105 Milliarden Dollar zu. Aber sie fängt eben an, sich aus den Märkten zurückzuziehen. Und für 2022 erwarten viele Marktbeobachter, dass die Fed den Leitzins zweimal erhöht.

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Das geht auf keinen Fall spurlos an den Anleihemärkten vorbei. Deshalb rechnet Chris Brown mit einem holperigen Jahr für Zinsen, Kredite und den Dollar. „Das Blatt hat sich weltweit gewendet“, stellt der Anleiheportfoliomanager von T. Rowe Price in seinem Ausblick fest. Er hat für 2020 weltweit 199­-mal gesenkte Zinsen gezählt und nur neun Schritte nach oben. Für 2021 verzeichnete er bereits bis Ende September 63­-mal erhöhte Zinsen, und nur sieben Schritte in Richtung Keller.

Dass die Europäische Zentralbank (EZB) nicht mit dabei ist, dürfte jedem klar sein, der sich die Schuldenberge in der Eurozone ansieht. Beispiel Italien: Das Land ist mit mehr als der anderthalbfachen jährlichen Wirtschaftsleistung verschuldet: 2,8 Billionen Euro. Nach eigener Auskunft hat es im Jahr 2021 seine Anleihen im Durchschnitt mit einer Rendite von 0,1 Prozent auf den Markt gebracht. Im Jahr 2012, als der heutige italienische Ministerpräsident und damalige EZB-­Chef Mario Draghi seine berühmte „Whatever it takes“­-Rede hielt, waren es noch 3,1 Prozent.

In den kommenden zwölf Monaten muss Italien Anleihen für 362,4 Milliarden Euro zurückzahlen – beziehungsweise durch neu ausgegebene Anleihen refinanzieren. Würde es das zu 3,1 und nicht zu 0,1 Prozent machen, würde das sofort fast 11 Milliarden Euro Zinsen mehr kosten. Im Jahr. Auf den gesamten Schuldenberg hochgerechnet würden 3 Prozentpunkte jährlich über 80 Milliarden Euro an Mehrzinsen ausmachen. Das sind über 8 Prozent des gesamten Staatshaushalts.

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