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DZ-Bank-Analyst zum Regierungswechsel Wie Joe Biden die USA aus der Krise führen will

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Mit der Rückendeckung der Legislative besitzt Joe Biden zudem mehr Spielraum, um weitere Wahlversprechen umzusetzen. Dazu gehören vor allem höhere Staatsausgaben, zum Beispiel für Infrastrukturinvestitionen, den Klimaschutz und die Förderung der US-Industrie. Allein für den Kauf von in den USA hergestellten Waren durch die öffentliche Hand und die Förderung von Forschung und Entwicklung hat Biden 700 Milliarden US-Dollar in Aussicht gestellt. Das verarbeitende Gewerbe soll dadurch „fit“ für den internationalen Handel gemacht werden und Millionen Jobs in den Vereinigten Staaten schaffen. Sehr kostspielig dürfte zudem eine Gesundheitsreform werden, durch die wesentlich mehr US-Bürger mit einem Krankenversicherungsschutz abgedeckt werden sollen.

Steuererhöhungen drohen Unternehmen und Besserverdienern

Auf der anderen Seite haben die Demokraten im Wahlkampf damit geworben, die geplanten Mehrausgaben zumindest teilweise durch Steuererhöhungen auszugleichen. Schon jetzt ist allerdings klar, dass die Mehreinnahmen wohl nur einen Bruchteil der Ausgaben decken werden. Die höhere Steuerlast soll vor allem von Unternehmen und einkommensstarken Bürgern getragen werden. Die von Donald Trump 2017 umgesetzte Steuerreform soll zu diesem Zwecke teilweise rückgängig gemacht werden. Aus Sicht der Demokraten würde das auch für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen. Nach einer Schätzung des Tax Policy Center würden durch die geplanten Änderungen im Steuersystem tatsächlich nur die zehn Prozent einkommensstärksten Haushalte in den USA eine Belastung spüren.

So sollen zum Beispiel Einkommen von Privatpersonen, die über 400.000 US-Dollar im Jahr hinausgehen, künftig wieder einem höheren Grenzsatz von 39,6 Prozent bei der Einkommensteuer unterliegen. Derzeit beträgt der Spitzensteuersatz 37 Prozent für Einkommen von über 518.000 US-Dollar. Besserverdiener sollen sich zudem an den Sozialbeiträgen (Social Security payroll tax) in Höhe von 12,4 Prozent – getragen jeweils zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern – beteiligen, die bisher nur für niedrige Einkommen anfallen.

Grafik: DZ Bank >> vergrößern

Auch bei den Unternehmenssteuern drängen die Demokraten auf einen Richtungswechsel: Die Regierung unter Trump hatte die Körperschaftsteuer 2017 von damals 35 auf aktuell 21 Prozent deutlich gesenkt. Das Wahlprogramm der Demokraten sieht aber vor, den Satz auf 28 Prozent anzuheben.

All diese im Wahlkampf von Biden angekündigten Vorhaben müssen nun konkretisiert werden, der Zeithorizont für viele Maßnahmen wurde zum Beispiel nur grob und teils auf bis zu 10 Jahre beziffert. Dennoch ist klar, dass die Regierung Biden daran interessiert ist, gerade ihre Ausgabeprogramme bald zu starten. Schon im laufenden und nächsten Jahr sollten die Staatsausgaben deutlich steigen. Auch damit dürfte die Konjunktur gestärkt werden.

Steuererhöhungen stehen bei der neuen Regierung aber wohl kaum an erster Stelle auf der Agenda, auch wenn der linke Flügel der Demokraten Biden dazu drängen wird, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Eine Steuerreform dürfte aufgeschoben werden, bis die Wirtschaft neue Belastungen verkraften kann. Frühestens Anfang des Jahres 2022 halten wir Steuererhöhungen in abgeschwächter Form – möglicherweise auch gestückelt auf mehrere Jahre – für realistisch. Eine moderate Wachstumsdelle wäre dann die Folge.

Mindestlohn soll verdoppelt werden

Auch eine starke Mindestlohnerhöhung hat Biden zum Wahlkampfthema gemacht, er hat eine Lohnuntergrenze von 15 US-Dollar zum Ziel erklärt. In der Bevölkerung ist diese Forderung beliebt. Gegenüber dem seit 2009 landesweit vorgeschriebenen Mindestlohn von 7,25 US-Dollar wäre das eine Verdoppelung. Auch dadurch drohen Unternehmen zusätzliche Kosten. Sorgen vor einer spürbaren Verschlechterung der Arbeitsmarktlage sind aber wohl unbegründet, auch wenn Arbeitsplatzverluste in Niedriglohnsektoren nicht ausgeschlossen sind.

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