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Wenn alles teurer wird Wie Kapitalanleger jetzt mit Inflationsrisiken umgehen

Schlangestehen vor einem Luxusmodegeschäft in Melbourne, Australien
Schlangestehen vor einem Luxusmodegeschäft in Melbourne, Australien: Der Nachholbedarf seitens der Konsumenten könnte die Teuerungsrate bald weiter ansteigen lassen. ((IMAGO / ZUMA Wire / imago 0109063114)) | Foto: imago images / ZUMA Wire

Die Geldpolitik nach der Finanzkrise erzeugte an den Märkten ein Goldilocks-Umfeld, in dem sich Wachstum und Inflation in der Waage hielten. Doch zu Beginn des neuen Zyklus nach der Pandemie zeichnet sich eine Unwucht ab: Zum ersten Mal seit mindestens einem Jahrzehnt ist das Gleichgewicht in Richtung einer höheren Inflation verschoben.

Anleger sollten dementsprechend handeln und ihre Portfolios anpassen, um der grundlegenden Neuordnung des Umfelds Rechnung zu tragen – selbst wenn sie davon ausgehen, dass sich der jetzt zu beobachtende Preisdruck letztlich als vorübergehend erweist.

Wir gehen davon aus, dass steigende Inflation zu einer Abkehr von Anlagen wie Wachstumsaktien und Staatsanleihen zugunsten von Investments führt, die von einem höheren nominalen Wachstum profitieren. Vor diesem Hintergrund erwarten wir zudem eine weitere Abschwächung des US-Dollars (insbesondere gegenüber den Währungen einzelner sich dynamisch entwickelnder Schwellenländer), einen Anstieg der Anleiherenditen in den entwickelten Märkten und eine Outperformance von prozyklischen Relative-Value-Positionen in europäischen, japanischen, Schwellenländer(mit der Ausnahme von China)- und Value-Aktien. Wir gehen davon aus, dass sowohl Wachstum als auch Inflation während der laufenden konjunkturellen Expansionsphase lebhafter ausfallen werden als in der vorangegangenen Marktphase. Wir erwarten jedoch keine Inflationsspirale, die die Entwicklung von Risikoanlagen anhaltend ausbremsen würde. Die Tatsache, dass die Inflation zur Bedrohung für bestimmte Teile des Aktienmarktes werden könnte, ist jedoch ein Grund dafür, dass wir unser Gesamtengagement in Risikoanlagen reduziert haben.

Die Inflationsdynamik nimmt zu

Basiseffekte, Güterknappheit in einigen Branchen und steigende Preise konjunktursensitiver Produkte wie Rohstoffe beeinflussen die Messwerte der diesjährigen Inflation. Der Nachholbedarf seitens der Konsumenten könnte die Teuerungsrate bald auch im Dienstleistungssektor weiter ansteigen lassen. Zudem scheint ein deutlicher Anstieg der Energiekosten möglich, weil durch die Impfungen wieder mehr Mobilität möglich wird und damit die Nachfrage nach Benzin und Diesel zunimmt. Wir gehen deshalb davon aus, dass die jährliche Inflationsrate in den USA im zweiten Quartal ihren Höhepunkt erreichen wird. Ungewiss ist allerdings, wie schnell und in welchem Ausmaß der Inflationsdruck anschließend wieder nachlässt.

Andere potenzielle Inflationstreiber wie Lieferengpässe bei Industriemetallen könnten länger nachwirken. Noch entscheidender ist aber: Die Geld- und Fiskalpolitik unterstützt das Wachstum vehement und fördert im Vergleich zu vergangenen Wirtschaftszyklen den Arbeitsmarkt in höherem Maße, was wiederum einen zyklischen und vielleicht sogar strukturellen Preisdruck auslösen könnte.

Kommt die Inflation, um zu bleiben?

Wir gehen davon aus, dass die Diskrepanz zwischen der Inflationsrate des Verbraucherpreisindex und der PCE-Kerninflation aufgrund der unterschiedlichen Zusammensetzung der Indizes bis weit ins Jahr 2022 Bestand haben wird. Die Kosten für das Wohnen, die im Verbraucherpreisindex ein viel höheres Gewicht haben als im PCE-Index, dürften sich stetig erhöhen, da nun die verzögerten Effekte des Anstiegs der Preise für Neuvermietungen auf die bestehenden Daten einwirken. Die Energiepreise dürften ebenfalls dazu beitragen, den Verbraucherpreisindex bis zum Jahresende erheblich nach oben zu treiben. In anderen Bereichen hingegen wird der Inflationsdruck wahrscheinlich nachlassen, da sich die Preise auf das Niveau vor der Pandemie normalisieren, der Konsum sich von langlebigen Gütern auf Dienstleistungen verlagert und einzelne Basiseffekte, die zu einer stärkeren jährlichen Inflation beitragen, aus den Messwerten herausfallen.

Diese Verlangsamung des Inflationsdrucks wird im PCE-Kernpreisindex aufgrund der bereits erwähnten geringeren Gewichtung von Wohnkosten am deutlichsten zu spüren sein. Der PCE ist das von der Fed bevorzugte Maß für den Preisdruck, wobei die Kernzahl (ohne die volatileren Energie- und Lebensmittelpreise) zur Beurteilung des zugrunde liegenden Trends herangezogen wird. Schon im vierten Quartal dürfte der zu erwartende Abwärtstrend des Kern-PCE die Auffassung der Zentralbank bestätigen, dass die derzeit über dem Zielwert liegende Inflation nur vorübergehend ist.

Unserer Ansicht nach wird der dauerhafte, signifikante Unterschied zwischen den Maßstäben, die Investoren auf der einen Seite und die Federal Reserve auf der anderen zur Bewertung des Preisdrucks verwenden, Auswirkungen auf die Märkte haben. In erster Linie wird die Inflationstoleranz der Zentralbank die Marktteilnehmer dazu veranlassen, Szenarien mehr Gewicht beizumessen, in denen der Preisdruck aufgrund der anziehenden Konjunkturentwicklung stärker wird, sowie Tail-Szenarien, die signalisieren, dass die Federal Reserve gefährlich hinter die sich versteilernde Kurve geraten ist. Dies könnte zu einem Anstieg der Spreads zwischen langfristigen und kurzfristigen Renditen und einer Untergewichtung von Positionen führen, die stärker der globalen Duration ausgesetzt sind. Sofern es zu einer erheblichen Versteilerung der Renditekurve kommt, dürfte sich bei Aktien eine stärkere Volatilität bemerkbar machen.

Warum die Inflation allein keine Kehrtwende der Fed bewirken wird

Unserer Ansicht nach bedarf es einer Kombination vieler Faktoren, um die US-Notenbank im Jahr 2021 zu einer Neubewertung des derzeitigen wirtschaftlichen Rahmens zu bringen. Entscheidend ist hierbei der Kontext: Die PCE-Kerninflation lag im letzten Zyklus bei durchschnittlich 1,6 Prozent – die Notenbanker sind bestrebt, einen Teil dieses früheren Rückstands zum Inflationszielwert von 2 Prozent durch ein Überschießen aufzuholen. Dazu muss aber erst einmal richtig Bewegung in den Arbeitsmarkt kommen: Erst wenn der Markt brummt und die Arbeitskräfte kräftig gesteigerte Löhne und Gehälter einstreichen, könnte sich die Lohninflation dauerhaft in eine Verbraucherpreisinflation verwandeln.

Fazit

Wir begrüßen den sich abzeichnenden Inflationsdruck, da er ein Signal für ein robustes globales Wachstum darstellt. Unter diesen Umständen bevorzugen wir prozyklische Relative-Value-Strategien und Schwellenländerwährungen.

Momentan beschäftigt die Rückkehr des Inflationsrisikos die Investoren mehr als die Frage, wie hoch die Inflation in ein oder zwei Jahren sein wird. Dennoch werden wir weiterhin die Entwicklung der zugrundeliegenden Inflationstreiber beobachten. Dazu gehören eine stärkere fiskalische Unterstützung, ein schnellerer Anstieg der Arbeitskosten und Angebotsengpässe, deren Beseitigung viel Zeit in Anspruch nehmen wird. Kurz gesagt: Die Inflationsdebatte wird wahrscheinlich nicht so schnell zu den Akten gelegt werden. Das führt zu einem unruhigeren Umfeld für globale Risikoanlagen – trägt aber auch zu besseren Chancen bei Relative-Value-Strategien bei.

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