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Turbo für das Gesundheitswesen Wie KI in der Arzneimittelentwicklung wirkt

DNA-Probe und ihr „genetischer Fingerabdruck“
DNA-Probe und ihr „genetischer Fingerabdruck“: KI-Technologien schaffen Abhilfe für die immer schwierigere und teurere Arzneimittelentwicklung. | Foto: Imago Images / Cavan Images

Von der Erkennung von Mustern in riesigen Datenbeständen über die Erforschung neuer Arzneimittel und die Verbesserung bereits entwickelter Wirkstoffe bis hin zur Rekrutierung von Studienteilnehmern und dem Ablauf der Studie selbst – künstliche Intelligenz hält Einzug in die Pharmaindustrie.

Dieser Impuls ist wichtig, da sich die Lage in der Branche ansonsten weiter verschlechtern würde. Seit den 1950er-Jahren hat sich die Zahl der zugelassenen Arzneimittel pro einer Milliarde US-Dollar, die für Forschung und Entwicklung ausgegeben wird, nahezu alle neun Jahre halbiert. Die Pharmaindustrie spricht hier vom „Eroomschen Gesetz“ – dem genauen Gegenteil des „Mooreschen Gesetzes“, das besagt, dass sich die Anzahl der Transistoren, die in einen integrierten Schaltkreis festgelegter Größe passen, etwa alle zwei Jahre verdoppelt. Die Verschlechterung der Forschungs- und Entwicklungsrendite in der Pharmaindustrie hat die Unternehmen risikoscheu gemacht, sodass sie der Erforschung von Wirkstoffen für seltene Krankheiten keine große Priorität einräumen.

„Obwohl die Technologien immer besser werden, wird die Arzneimittelentwicklung immer schwieriger und teurer, und das exponentiell. Dadurch sind uns die Hände gebunden und wir können uns nicht mit Krankheiten beschäftigen, wenn das nicht wirtschaftlich ist“, so Carina Namih, Teilhaberin von Episode One Ventures, einem britischen Unternehmen, das in Technologie-Startups investiert, im New Foundations Podcast (produziert von The Economist Intelligence Unit und unterstützt von Pictet).

KI wird wegen wachsender Datenmengen immer wichtiger

Die Lösung liege in künstlicher Intelligenz: „Das KI-System hat so etwas wie eine Karte für uns gezeichnet. So finden wir schneller die Nadel im Heuhaufen.“

BenevolentAI ist eines der Unternehmen, die KI nutzen, um biomedizinische Informationen aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen und klinischen Studien zusammentragen und zu analysieren, um daraus neue Erkenntnisse zu ziehen. Peter Richardson, Vice-President of Pharmacology, erklärt, maschinelles Lernen sei angesichts der riesigen Datenmenge, die es zu analysieren gelte, unverzichtbar.

„Jedes Jahr durchforsten wir über eine Million, wahrscheinlich sogar zwei Millionen Veröffentlichungen. Es ist schlichtweg unmöglich, dass Menschen allein es schaffen, all diese Daten zu sichten. Deshalb ziehen wir mithilfe von maschinellem Lesen Informationen aus so vielen Dokumenten wie möglich heraus“, erklärt er. 

„[Wir] kompilieren alle Informationen, bereiten sie auf und erstellen daraus einen sogenannten „Knowledge Graph“, also eine Systematik, bei der Zusammenhänge zwischen Genen, biologischen Reaktionswegen, Mechanismen, Geweben, Organen und Krankheiten aufgezeigt werden. Auf diese Weise, so hoffen wir, können wir die Wissenschaft nicht nur mit all diesen Informationen versorgen, sondern auch zu einem neuen Verständnis beitragen, das die Entwicklung neuer Arzneimittel für noch nicht gedeckten Bedarf ermöglicht.“

Einer der Vorteile ist die Schnelligkeit. Die Erforschung und Entwicklung eines Arzneimittels dauert in der Regel etwa 15 Jahre bis zur Marktreife. Bei Gesundheitskrisen, wie die Covid-19-Pandemie, ist der Faktor Zeit entscheidend. Mithilfe von maschinellem Lernen fanden Richardson und sein Team heraus, dass Baricitinib – ein Wirkstoff, der traditionell für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis eingesetzt wird – möglicherweise auch helfen könnte, den Genesungsprozess bei Covid-19-Patienten zu beschleunigen.

KI verringert Forschungs- und Entwicklungskosten ganz erheblich

Ein weiterer Vorteil von KI sind die geringen Kosten für die Arzneimittelforschung. Andrew Hopkins, CEO des führenden Pharmatech-Unternehmens Exscientia, schätzt, dass sich mit diesem Ansatz die durchschnittlichen Kosten für die Markteinführung eines Medikaments um rund 30 Prozent beziehungsweise 600 Millionen US-Dollar senken lassen. Vor allem können dadurch die Kosten in den ersten Phasen des Prozesses reduziert werden.

„Im Durchschnitt braucht es etwa 20 Frühphasenprojekte, damit am Ende überhaupt ein Medikament dabei herauskommt. Die meisten Projekte scheitern“, sagt Hopkins. „Wir können eine erhebliche Kostenersparnis von mindestens 80 Prozent in den frühen Phasen der Arzneimittelforschung erzielen. Und das hat dann einen Multiplikatoreffekt.“

Maschinen können auch bei der nächsten Phase – den klinischen Studien – helfen, indem sie die Rekrutierung von Studienteilnehmern erleichtern und die Effizienz der Studien selbst verbessern. Langfristig ist auch denkbar, dass digitale Zwillinge für Studienteilnehmer erstellt werden, aus denen heraus ihre physischen Pendants „gesteuert“ werden. Dadurch lässt sich die Zahl der zu rekrutierenden Studienteilnehmer reduzieren.

Ein insgesamt strafferer, schnellerer und günstigerer Prozess könnte Anreiz für Unternehmen sein, sich intensiver mit den 7.000 seltenen Krankheiten weltweit zu befassen – von denen bislang gerade mal etwa 5 Prozent therapiert werden können.

„Wenn man Eintrittsbarrieren abbauen und gleichzeitig die Kosten senken kann, dann haben auch Nischenindikationen und seltene Krankheiten eine Chance, erforscht zu werden“, so Hopkins.  „Das wäre eine echte Wunderwaffe, die Innovation in der Pharmaindustrie anstößt, sofern wir es schaffen, die Wirtschaftsstruktur der Branche zu verändern.“

Hören Sie mehr über KI im Gesundheitswesen im „New Foundations“ Podcast.

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Hinweis: Diese News ist eine Mitteilung des Unternehmens und wurde redaktionell nur leicht bearbeitet.