LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in Berufsbild BeraterLesedauer: 7 Minuten

Unternehmensnachfolge Wie Makler einen passenden Bestandskäufer finden

Seite 2 / 3

Methoden der Marktpreisfindung

„Der Marktpreis oder der erzielbare Preis bestimmt sich durch denjenigen, der bereit ist, den Preis zu bezahlen.“ Sprich, was es dem Käufer im Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage „wert“ ist.

Nehmen wir das Beispiel eines auf die Landwirtschaft spezialisierten Maklers, der sein Maklerunternehmen verkaufen will. Er firmiert als Einzelmakler, hat sein Büro in seinem Haus auf dem Land und beschäftigt neben seiner Ehefrau in der Buchhaltung eine 450 Euro-Kraft als Aushilfe für Datenerfassung, Telefondienst und Marketing-Aktionen.

Er erzielt einen Gesamtumsatz von 150.000, einen laufenden Courtageumsatz von zirka 100.000 Euro und betreut zirka 1.000 Kunden mit 3.000 Versicherungsverträgen. KFZ-Quote zirka 20 Prozent. Die riskierte Provision beträgt 50.000 Euro, die Stornoreserven liegen leicht darunter, die Stornoquote liegt unter 1 Prozent. Die EÜR weist vor Zinsen und Steuern einen Gewinn von 115.000 Euro aus. Was ist so ein Bestand „wert“?

Willkürlich festgelegte Faktoren

In unserer Praxis begegnen uns die verschiedensten Bewertungsmethoden. Die abenteuerlichste war ein Bonus- und Malus-System mit willkürlich festgelegten Faktoren, welche Einflüsse (MVP, Durchschnittsalter der Kunden usw.) wertsteigernd und welche wertmindernd seien.

Das Ergebnis wurde ermittelt, indem einfach der Jahresumsatz mit dem arithmetischen Mittel der festgelegten Boni und Mali multipliziert wurde. Kaufpreisempfehlung dieses „Gutachtens“ (115.000 Euro x 1,4 =) 161.000 Euro. Hätten Sie diesen Bestand für den Preis verkauft? Nein? Ich auch nicht!

Eine weitere Ermittlungsmethode, die uns begegnet, ist die Berechnung mittels Courtage-Vielfachen: zum Beispiel Sachcourtage, Leben und KV-Courtage x 2,5 = 200.000 + KFZ-Courtage x 1 = 20.000,00 : Kaufpreis zirka 220.000 Euro. Courtage-Vielfache können für eine erste Orientierung durchaus geeignet sein, spiegeln jedoch die Besonderheiten des Bestandes, sein Potenzial und die Positionierung in Zielgruppen nicht ausreichend wider.

Modifiziertes Ertragswertverfahren

Eine weitere Ermittlungsmethode, die uns begegnet, ist das modifizierte Ertragswertverfahren. Im Gegensatz zum einfachen, das eine „ewige Rente“ voraussetzt, projiziert man hier die Erträge der Vergangenheit auf die Zukunft und zinst diese Erträge über einen verkürzten Zeitraum von beispielsweise 5 Jahren auf den heutigen Zeitpunkt mit zum Beispiel 5,5 Prozent ab. In unserem Beispiel liegt man mit dieser Methode bei zirka 235.000 Euro.

Die Näherung an eine Kaufpreisermittlung mittels EBIT-Multiples begegnet uns ebenfalls. Hier wird auf verschiedene Fachpublikationen Bezug genommen, die aktuell im Markt verwendete Faktoren aus verschiedenen Wirtschaftsbereichen meistens quartalsweise veröffentlichen (4. Quartal 2020 zum Beispiel zwischen 4,1 und 5,9). Beachten muss man hier jedoch, dass viele Einzelmakler den Gewinn entnehmen und sich kein klassisches Gehalt bezahlen.

Es muss für die EBIT-Betrachtung in unserem Beispiel einerseits ein regional vergleichbares Fremdgeschäftsführer-Gehalt berücksichtigt werden, andererseits muss das ausgewiesene EBIT um die Positionen erhöht werden, die mit dem eigentlichen Geschäftsbetrieb nichts zu tun haben. Viele Jahresabschlüsse sind steueroptimiert.

An unser eingangs erwähntes Beispiel angepasst, findet sich im Markt oft diese Berechnungsweise mit EBIT-Multiples: Bereinigtes EBIT 120.000 Euro - kalkulatorisches Gehalt eines Fremd-GF in der Region zum Beispiel 60.000 Euro = 60.000 x 4,1 = 246.500 Euro / x 5,9 = 354.000 Euro. Es ergibt sich also ein Preisbereich, der selbst im untersten Bereich noch deutlich über den vorgenannten Ermittlungsmethoden liegt.

Mehrere tausend Euro als Bewertung

Vier verschiedene Methoden, vier verschiedene Werte – welcher stimmt jetzt? Für diese Ergebnisse haben Maklerkollegen in der Vergangenheit mehrere tausend Euro als „Bewertung“ bezahlt. Weil es ihnen vorher als hochkomplizierte Wissenschaft verkauft wurde. Nur dafür können sie sich im wahrsten Sinne des Wortes nichts kaufen oder nichts verkaufen.

Tipps der Redaktion