Eltif & Co. Wie Privatanleger in Infrastruktur investieren können
Deutschland im Investitionsstau: Einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln und der Hans-Böckler-Stiftung zufolge werden allein hierzulande in den kommenden zehn Jahren 600 Milliarden Euro benötigt, um das Bildungssystem zu verbessern, dringende Investitionen in den Kommunen anzuschieben, Straßen und Schienen zu verbessern sowie die Dekarbonisierung zu ermöglichen. Auf etwa 200 Milliarden Euro beziffern die Studienautoren den öffentlichen Investitionsbedarf für Klimaschutz. Wichtige Aufgaben sind neben der energetische Gebäudesanierung der Netzausbau für Strom, Wasserstoff und Wärme sowie die Erzeugung und Speicherung erneuerbarer Energien.
Geld, das – nach Vorstellung der Politik – auch von Privatanlegern kommen soll. Bereits im Jahr 2015 startete die EU das Fondsvehikel European Long Term Investment Fund – kurz Eltif –, das Investitionen abseits der Börse in Infrastruktur und erneuerbare Energien möglich macht. Komplexe Struktur und hohe Einstiegshürden sorgten jedoch für einen zögerlichen Start im Markt. Seit Anfang des Jahres ist nun die Eltif-Novelle in Kraft, die den neuen Infrastruktur-Fonds einen Schub verleihen soll.
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Deutschland im Investitionsstau: Einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln und der Hans-Böckler-Stiftung zufolge werden allein hierzulande in den kommenden zehn Jahren 600 Milliarden Euro benötigt, um das Bildungssystem zu verbessern, dringende Investitionen in den Kommunen anzuschieben, Straßen und Schienen zu verbessern sowie die Dekarbonisierung zu ermöglichen. Auf etwa 200 Milliarden Euro beziffern die Studienautoren den öffentlichen Investitionsbedarf für Klimaschutz. Wichtige Aufgaben sind neben der energetische Gebäudesanierung der Netzausbau für Strom, Wasserstoff und Wärme sowie die Erzeugung und Speicherung erneuerbarer Energien.
Geld, das – nach Vorstellung der Politik – auch von Privatanlegern kommen soll. Bereits im Jahr 2015 startete die EU das Fondsvehikel European Long Term Investment Fund – kurz Eltif –, das Investitionen abseits der Börse in Infrastruktur und erneuerbare Energien möglich macht. Komplexe Struktur und hohe Einstiegshürden sorgten jedoch für einen zögerlichen Start im Markt. Seit Anfang des Jahres ist nun die Eltif-Novelle in Kraft, die den neuen Infrastruktur-Fonds einen Schub verleihen soll.
Deutschland hat zudem mit dem Infrastruktur-Sondervermögen im Jahr 2021 ein eigenes Fondsvehikel geschaffen, über dass sich Kleinanleger direkt an Unternehmen beteiligen können, die Infrastruktur-Projekte betreiben. Ganz unbekannt dürften die neuen Fonds vielen Anlegern dabei nicht vorkommen. Die Fondsstruktur der offenen Infrastrukturfonds ähnelt der der etablierten offenen Immobilienfonds. Mit einer Mindestanlagesumme von 50 Euro ist die Einstiegshürde niedrig.
Für Anleger bringen Investitionen in Energie, Kommunikation, Transport und Co. viele Vorteile, meint Peter Brodehser: „Infrastruktur-Investments gelten als eher defensive Anlage mit stabilen Erträgen und sind relativ unabhängig von konjunkturellen Zyklen“, so der Leiter des Infrastruktur-Teams bei der DWS. Der Grund: Das Geld fließe in Dinge des täglichen Lebens und Bedarfs, in die Grundpfeiler unserer Gesellschaft. „Die Nachfrage ist dadurch weniger elastisch – wie der Volkswirt sagen würde“, erklärt Brodehser. Das sorge für Stabilität und vermeide Überraschungen.
Die DWS hat im April vergangenen Jahres das erste offene Infrastruktur-Sondervermögen für Privatanleger auf den Markt gebracht. Ein Schwerpunkt des DWS Infrastruktur Europa – mit dem sich das Fondsmanagement an Projektgesellschaften beteiligt – liegt auf erneuerbaren Energien, die mindestens die Hälfte des Portfolios ausmachen sollen. Weitere mögliche Bereiche sind Kommunikationsinfrastruktur wie Glasfaser-Projekte und Daten-Center, Transportinfrastruktur wie Nahverkehrsprojekte und Schnellzugstrecken sowie soziale Infrastruktur, also Krankenhäuser, Universitäten und Schulen. Um das Risiko gering zu halten und ab dem ersten Tag eine Ausschüttungsrendite zahlen zu können, will die DWS vor allem in Projekte investieren, die bereits in Betrieb sind.
Nach knapp eineinhalb Jahren sind vier Solarparks im Depot – einer in Deutschland, drei in Spanien. Jüngster Zukauf: Ein Onshore-Windpark in Schweden. In der Pipeline sind 20 bis 30 Projekte, die Brodehser mit seinen Mitarbeitern prüft. Dank des offenen Fondskonzepts sei die Zahl der möglichen Projekte nicht begrenzt. „Wir werden jetzt stetig weiter investieren, so wie die Gelder reinkommen“, so der DWS-Experte.
Privatanleger haben bislang knapp 300 Millionen Euro in den Fonds gesteckt. Von Großinvestoren, die mindestens eine Million Euro investierten, kamen 100 Millionen Euro. Über alle Anteilsklassen kommt das Infrastruktur-Sondervermögen damit auf 400 Millionen Euro – anvisiert hatte Brodehser bei Start 500 Millionen Euro nach einem Jahr. Für den DWS-Mann dennoch eine Punktlandung: „Man muss bedenken, dass es das erste Produkt am Markt war.“ Prognosen seien da ohnehin schwierig. Von Privatanlegern sowie kleineren und mittelgroßen institutionellen Investoren werde der Fonds sehr gut angenommen. „Wir stoßen in eine Marktlücke“, meint Brodehser. Für Investoren gab die DWS bei Start ihres Fonds eine jährliche Nettoausschüttungsrendite nach allen Kosten von 4 bis 5 Prozent an. Seit Auflegung waren es 7,6 Prozent, auf ein Jahr gesehen 6,6 Prozent.
Privatanleger werden zur „tragenden Säule“ bei Infrastruktur-Investitionen
Illiquide Assetklassen, zu denen auch Infrastruktur zählt, werden nach Einschätzung des DWS-Experten deutlich an Bedeutung gewinnen – insbesondere bei Kleinanlegern. „In zehn Jahren werden private Anleger im Bereich Infrastruktur eine neue tragende Säule sein.“ Institutionelle Investoren, die in den vergangenen Jahren viel Geld in entsprechende Projekte gesteckt hätten, würden durch den Zinsanstieg seit Frühjahr 2022 nun wieder stärker auf den Anleihemarkt setzen. Zudem dürfte das Investitionsvolumen der Großanleger perspektivisch durch den demografischen Wandel abnehmen. Die riesige Investitionslücke könnten Großinvestoren allein daher nicht schließen. „Das bietet Privatleuten, vom Sparbuchinhaber bis zu den sogenannten High Net Worth Individuals die Möglichkeit, dort zu investieren“, meint Brodehser.
Noch ist die Zahl der Fonds für Privatanleger am Markt überschaubar – Tendenz allerdings steigend. Nach der DWS startete die auf Direktinvestments spezialisierte Boutique KGAL mit Sitz in Grünwald bei München im vergangenen November ein Infrastruktur-Sondervermögen. Der Fokus des Klimasubstanz liegt alleinig auf erneuerbaren Energien. Ziel sei 50 Prozent des Portfolios in Windkraft, 40 Prozent in Solarenergie sowie 10 Prozent in weitere Bereiche wie Wasserkraft zu investieren. Kürzlich hat Fondsmanager Michael Kohl das erste Objekt für den Fonds, einen Windpark in Schleswig-Holstein, erworben. Weitere Projekte sollen in Kürze folgen, teilt das Unternehmen mit.
Zehn Monate nach Marktstart hat der Fonds knapp 3,5 Millionen Euro von Anlegern eingesammelt. „Das Interesse auf Vertriebspartnerseite ist sehr groß – gerade weil diese Assetklasse jahrelang nur in institutionellen Portfolios zu finden war“, sagt Matthias Weber, Verkaufsleiter des Privatkundensegments bei KGAL. Es handele sich dabei um eine nachhaltige Marktentwicklung und keinen kurzfristigen Modetrend, so Weber weiter.
Auch Eltifs bieten Direktinvestments in Infrastruktur
Nach der Novelle des Fondsvehikels kamen in diesem Jahr zudem bereits einige neue Infrastruktur-Fonds im Eltif-Mantel hinzu. Für Investoren mache das keinen großen Unterschied, meint Peter Brodehser: „Ob es sich um einen Eltif oder ein deutsches Sondervermögen handelt, ist für Anleger sekundär.“ Das seien letztendlich nur Hüllen. Wichtig sei, was drin ist. Bei Eltifs können das neben Infrastruktur auch Private Equity und Private Debt, also privates Beteiligungskapital und Privatkredite sein, sowie Immobilien. Auch Dachfondsstrategien sind seit der Eltif-Novelle möglich.
Der neuesten Eltif-Studie des Analysehauses Scope zufolge legen knapp ein Drittel der Produkte am Markt den Fokus auf Infrastruktur. Größtes Produkt ist mit 1,4 Milliarden Euro Fondsvermögen der im Jahr 2020 von der Commerzbank-Tochter Commerz Real gestartete Klimavest, der in erneuerbare Energien und nachhaltige Infrastruktur investiert. Das Portfolio besteht aus Solar- und Windparks in fünf europäischen Ländern. Der Fonds kommt seit Auflage auf jährliche Renditen zwischen 3 und 4 Prozent.
Im vergangenen Jahr flossen laut Scope 40 Prozent der neu in Eltifs investierten Anlegergelder in Deutschland in den Klimavest. Ein Grund sei, dass der Fonds in den Privatkundenvertrieb mehrerer Institute integriert sei – neben der Commerzbank wird das Produkt auch von Sparkassen und Genossenschaftsbanken angeboten, heißt es in der Analyse. Eine Hürde dürfte für viele Kleinanleger die hohe Mindestanlagesumme von 10.000 Euro sein. Nach den neuen Regeln ist ein Einstieg auch darunter möglich, allerdings gilt das für den Klimavest noch nicht: „Die Umstellung auf Eltif 2.0 wird beim Klimavest frühestens 2025 erfolgen, da seitens der EU noch nicht alle technischen Regulierungsdetails der Reform final geklärt sind“, so Fondsmanager Timo Werner gegenüber Scope. Das könne bis zu fünf Jahre in Anspruch nehmen.
Auch unter den Neuauflagen sind Eltifs, in die Anleger nur größere Summen stecken können, darunter der kürzlich an den Markt gebrachte Allianz Global Infrastructure von Allianz Global Investors. Infrastrukturinvestments würden in der Regel langfristig gehalten – empfohlen seien zehn Jahre – ein hoher Umschlag im Fonds sei für die zugrundeliegende Anlagestrategie nicht erstrebenswert, teilte das Unternehmen mit. Daher habe der Anbieter, in Abstimmung mit den Vertriebspartnern, die Mindestanlagesumme mit 10.000 Euro höher als das zulässige Mindestinvestment definiert.
Neben Direktanlagen und Co-Investments kann das Portfoliomanagement auch Investitionen in Dachfonds tätigen. Der Fokus liegt auf Branchen wie Energie, Transport, Kommunikation, Gesundheit und Umwelt. Potenzielle Investments könnten Projekte wie etwa Windparks, Anlagen für grünen Wasserstoff, Rechenzentren, Wasserwirtschaftsunternehmen oder Züge sein.
Scope: Eltifs müssen sich erst am Markt beweisen
Mit kleineren Summen können sich Kleinanleger etwa am Uni Privatmarkt Infrastruktur von Union Investment und Mercer beteiligen. Der Eltif, der breit diversifiziert in Infrastruktur investiert, könnte allerdings zwischenzeitlich für neue Anlegergelder geschlossen werden. Grund dafür sei, dass der Fonds nur so viel Kapital einsammeln soll, wie Mercer zeitnah in Infrastrukturinvestments überführen kann. Aufgrund der empfohlenen Anlagedauer von mindestens sieben Jahren solle der Fonds als Beimischung zu bestehenden Wertpapieranlagen verstanden werden, heißt es von den Fondspartnern.
Die Vorteile der neuen Produkte für Anleger liegen laut Jochen Wiesbach, Leiter Produktmanagement bei Union Investment, auf der Hand: „Ein Infrastruktur-Eltif ist eine langfristige Anlage, die Diversifikation und gut planbare Erträge bietet. Zudem bieten Infrastrukturanlagen einen gewissen Inflationsschutz, da die Erträge häufig an die allgemeine Inflationsentwicklung angepasst werden können.“
Bis Anleger verstärkt in die neuen Infrastruktur-Fonds investieren, dürfte es allerdings noch dauern, so die Prognose von Scope: „Eine starke Nachfrage wird sich dann einstellen, wenn sich zeigt, dass Eltifs in der Breite eine hohe Rendite erzielen können oder ein sehr vorteilhaftes Rendite-Risiko-Profil haben.“ Diese Erkenntnis müsse sich aber über Jahre hinweg entwickeln.