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Fondsinvestments
Wie schlechtes Timing die Rendite ruiniert
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Sven Stoll

Fondsinvestments Wie schlechtes Timing die Rendite ruiniert

Einer Anlegerin schwirrt der Kopf
Einer Anlegerin schwirrt der Kopf: Portfolios mit Markt-Timing-Versuchen schneiden im langfristigen Vergleich oft schlechter ab.
© Sven Stoll mit Canva

Markt-Timing ist der Versuch, den Markt zu schlagen, indem man den optimalen Zeitpunkt für den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren erwischt. Da die Märkte jedoch volatil sind und sich unvorhersehbar verhalten können, ist dies ein schwieriges Unterfangen.

Die Parallelen zwischen Markt-Timing und Glücksspiel

Der Vergleich mit dem Glücksspiel ist daher nicht unangebracht. So wie ein Spieler am Spielautomaten versucht, den perfekten Moment zu erwischen, um den Jackpot zu knacken, versucht ein Markt-Timer, den perfekten Moment zu erwischen, um an der Börse ein- oder auszusteigen. Natürlich gibt es Gewinner und Verlierer. Einige Anleger erzielen mit ihren Timing-Strategien spektakuläre Gewinne. Andere hingegen verlieren ihr gesamtes Kapital.

Das Risiko hinter dem Markt zurückzubleiben ist hoch, da es unmöglich ist, Marktbewegungen mit absoluter Sicherheit vorherzusagen. Dies gilt für einzelne Aktien genauso wie für Fonds und ETFs. Das bestätigt eine aktuelle Studie von Morningstar, die das Problem des schlechten Timings unter Fondsanlegern untersucht hat.

Die „Mind the Gap“-Analyse basiert auf dem Zeitraum von Ende Juli 2018 bis Ende Juni 2023 und zeigt, dass Anleger häufig zu spät in Fonds investieren. Sie kaufen erst, wenn die Kurse bereits gestiegen sind und erfolgreiche Fonds aufgrund ihrer Vergangenheitsperformance im Rampenlicht stehen. Dies führt zu einer Diskrepanz zwischen der Fondsperformance und der tatsächlichen Rendite der Anleger. Zur Untersuchung dieser Lücke hat Morningstar die Rendite eines Anlegers ermittelt, der einen Fonds zu Beginn der Periode gekauft und dann über den ganzen Zeitraum gehalten hat (Buy-and-Hold). Im Vergleich dazu wurde die Rendite der anderen Anlegergruppe berechnet, indem auch die Netto Zu- und Abflüsse in den jeweiligen Fonds berücksichtigt wurden.

 

Von Triumph zu Verlust: iShares Global Clean Energy & Bit Global Internet Leaders 30

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Als Beispiel nennt Morningstar den iShares Global Clean Energy, ein ETF der in die Kategorie der erneuerbaren Energien fällt. Der Zustrom von Kapital in diesen Fonds führte dazu, dass sein Fondsvolumen bis Januar 2021 auf über 6 Milliarden US-Dollar anstieg, nachdem der ETF im Jahr 2020 ein Jahresplus von 140 Prozent erzielt hatte. Bedauerlicherweise verzeichnete er in den beiden darauffolgenden Kalenderjahren Verluste. Die Kapitalzuflüsse nahmen ab. Obwohl die Rendite des Fonds im Zeitraum von 2018 bis Ende 2022 bei 17 Prozent pro Jahr lag, erzielten die Anleger eine negative Rendite von minus drei Prozent, da die meisten von ihnen erst nach dem Boom, also 2021, einstiegen.

 Ein weiteres Beispiel ist der Bit Global Internet Leaders 30, der im Jahr 2020 eine beeindruckende Rally hingelegt hat und Anleger in Scharen anzog. Fondsmanager Jan Beckers schaffte es, das Anlegerkapital mit Wachstumsaktien fast zu verdreifachen (169,8 Prozent), was in dieser Kategorie damals kaum jemand schaffte. Im Jahr 2021 meldete der Berliner Vermögensverwalter einen rasanten Anstieg des verwalteten Vermögens auf über eine Milliarde Euro - und das in nur zehn Wochen. Davon entfielen allein gut 900 Millionen Euro auf die Bit Global Internet Leaders 30. Bit Capital galt zu diesem Zeitpunkt als einer der am schnellsten wachsenden Vermögensverwalter.

Die meisten Anleger sind also erst nach der hohen Jahresrendite 2020 in den Fonds eingestiegen, gerade rechtzeitig, um die anschließende Underperformance im eigenen Depot zu erleben. Wer auf dem Höchststand kaufte, steht trotz eines Zugewinns von 40 Prozent dieses Jahr immer noch mit einem Verlust von rund 50 Prozent da. Der Fonds müsste sich vom aktuellen Niveau aus noch einmal verdoppeln, um den Einstandspreis wieder zu erreichen.

Das Paradoxon der Volatilität: Stabile Fonds, bessere Renditen

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Die geringsten Performanceunterschiede zwischen einem Anleger, der seine Anteile über den gesamten Zeitraum gehalten hat, und dem durchschnittlichen Rein- und Raus-Anleger finden sich laut der Morningstar-Studie bei unspektakulären Fonds mit geringer Volatilität. Dazu zählen beispielsweise weniger schwankungsanfällige Aktienfonds oder Mischfonds. Der Grund für das bessere Abschneiden ist, dass Hochs und Tiefs bei diesen Fonds nicht so extrem weit auseinander liegen. Erwischen Anleger also mal ein Hoch als Einstiegszeitpunkt wirkt sich das auf diese Weise nicht so negativ auf die Performance aus wie bei Produkten, die sehr stark schwanken. Ein Fonds, der von Morningstar mit 5 Sternen bewertet wird, ist beispielsweise der AB Low Volatility Equity Portfolio. Die beiden Manager Sammy Suzuki und Kent Hargis setzen in diesem Fonds weltweit auf Unternehmen, die ihrer Meinung nach eine geringere Volatilität aufweisen. Derzeit sind Aktien von Microsoft, Alphabet oder Shell im Portfolio hoch gewichtet. Die Volatilität liegt auf Sicht von zehn Jahren unter 12 Prozent. Dennoch erzielten die Manager mit dem Fonds eine überdurchschnittliche Rendite von 10,4 Prozent pro Jahr.

 

Buy-and-Hold und wenig Volatilität: Die bewährte Strategie

Eine wichtige Erkenntnis der Studie ist daher, dass Anleger konsequent an der Buy-and-Hold-Strategie festhalten und gleichzeitig breit diversifizierte Portfolios mit geringeren Schwankungen bevorzugen sollten. Damit lassen sich oft bessere Renditen erzielen. Wer hingegen jeder Börsennachricht hinterherhechelt und mit hochvolatilen Produkten jedem Trend hinterherjagt, übersieht, dass Börsennachrichten vor allem auf vergangenen Entwicklungen basieren und vergangene Kursbewegungen erklären. An der Börse geht es aber um die Zukunft.

Die Frage, ob Buy-and-Hold oder Markt-Timing die bessere Anlagestrategie ist, wird zwar seit Jahrzehnten heftig diskutiert. Zahlreiche Studien und empirische Erkenntnisse sprechen jedoch für die Überlegenheit von Buy-and-Hold aus folgenden Gründen:

  • Langfristige Trends: Eine der grundlegenden Ideen hinter Buy-and-Hold ist, dass die Märkte langfristig einen Aufwärtstrend verzeichnen und Aktien historisch gesehen über lange Zeiträume hinweg eine bessere Rendite erzielen als Anleihen oder Bargeld.
  • Volatilität und Risiko: Das Timing des Marktes erfordert die Vorhersage von Marktbewegungen, was äußerst schwierig ist. Studien haben gezeigt, dass hohe kurzfristige Volatilität an den Märkten das erfolgreiche Timing noch schwieriger macht.
  • Kosten und Steuern: Markt-Timing erfordert häufige Käufe und Verkäufe, was zu höheren Transaktionskosten und potenziell höheren Steuern führt. Buy-and-Hold minimiert diese Kosten, da die Anleger ihre Positionen langfristig halten.
  • Emotionale Entscheidungen: Markt-Timing setzt Anleger oft dem Risiko emotionaler Entscheidungen aus, da sie versuchen, auf kurzfristige Marktschwankungen zu reagieren.
  • Zeithorizont und Diversifikation: Buy-and-Hold betont die Bedeutung eines langfristigen Anlagehorizonts und einer breiten Diversifikation. Studien wie das Fama-French Dreifaktoren-Modell unterstreichen, dass langfristige Anlagen und Diversifikation Schlüsselfaktoren für den Anlageerfolg sind.

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