LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
, in Nachhaltigkeit, ESG & SRILesedauer: 4 Minuten
Headphones
Artikel hören
Für Investoren
Wie sich das Thema Biodiversität berücksichtigen lässt
Die Audioversion dieses Artikels wurde künstlich erzeugt.

Für Investoren Wie sich das Thema Biodiversität berücksichtigen lässt

Waldweg in einem Naturschutzgebiet in Nordrhein-Westfalen
Waldweg in einem Naturschutzgebiet in Nordrhein-Westfalen: Das Thema Biodiversität ist aus Anlegersicht noch wenig greifbar. | Foto: imago images/Michael Kneffel

Wir sind mit einer zweifachen Krise konfrontiert: dem Klimawandel und dem Verlust an Artenvielfalt. Der Klimawandel ist einer der Hauptursachen des Verlustes an Biodiversität, und der Verlust an Biodiversität ist einer der Hauptgründe des Klimawandels. Da beide Probleme miteinander verknüpft sind, müssen wir sie zusammen angehen. Auf mittlere Sicht wollen wir auch imstande sein, einen integrierten Ansatz in unseren Anlageportfolios zu verfolgen. Vorerst meinen wir aber, dass es zu einer analytischen Lähmung führen könnte, wenn man auf einem integrierten Ansatz beharrte.

Problem, beides gleichzeitig zu berücksichtigen

Bei einem integrierten Ansatz steigert sich die Komplexität der Analyse zu Klima und Biodiversität –  jedes für sich genommen ein enorm weitgefasstes Thema. Dabei schwingt das Risiko mit, gar nichts zu tun oder sich unzureichend zu fokussieren. Und es steigt die Gefahr, dass Investierende die Risiken und zugleich die Chancen von Klima und Natur nicht ausreichend berücksichtigen.

Klimawandel lässt sich trotz seiner Komplexität auf eine Kennzahl reduzieren: Gemessen werden die Treibhausgasemissionen. Verglichen damit steckt die Analyse zur Artenvielfalt in den Kinderschuhen. Hier sind zudem lokale Auswirkungen und Abhängigkeiten zu berücksichtigen. Während der Stickstoffeintrag in einem dicht besiedelten Land wie den Niederlanden hochproblematisch ist, ist er es in einem Land wie Frankreich nicht unbedingt. Das macht es schwierig, Biodiversität in einer einzelnen globalen Größe zu erfassen.

Während die Evaluierung des Klimawandels bei Anlageentscheidungen zunehmend zum Standard wird, ist die Analyse der Faktoren für schwindende Biodiversität deutlich aufwändiger. So verfügen wir bei Klimafragen bereits über integrierte Analysemodelle, die einen Zusammenhang zwischen globalen Klimamodellen und zentralen makroökonomischen Variablen herstellen. Für das Thema Artenvielfalt fehlen solche Modelle jedoch. Um sie zu entwickeln, empfiehlt sich ein modulares Vorgehen. So lassen sich im Zeitverlauf zusätzliche Dimensionen von Komplexität ergänzen.

Biodiversität folgt den Fußspuren des Klimas

Wir halten es für den besten Ansatz, sicherzustellen, dass die Bemühungen in beiden Bereichen kompatibel sind – auch wenn wir anerkennen sollten, dass sich beide noch nicht vollständig miteinander verknüpfen lassen. Dennoch lassen unterschiedliche Maßstäbe Synergien zu: 

  • Globale Zusagen: Das Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework folgt demselben Mechanismus wie das Pariser Klimaabkommen: Das globale Ziel (kein Nettoverlust an Natur bis 2030) soll durch regelmäßige Anpassung der nationalen Ziele und politischen Vorgaben sowie durch Angleichung von Geschäftsmodellen und Finanzströmen erreicht werden.
  • Offenlegungsstandards: Die Taskforce for Nature-related Financial Disclosures (TNFD) folgt derselben Vier-Säulen-Strukturen der Taskforce for Climate-related Financial Disclosures (TCFD). Damit ermöglicht sie Unternehmen, bereits bestehende Berichtsprozesse zu nutzen.
  • Dialog mit Unternehmen: Dem Vorbild von Climate Action 100+ folgend kooperieren globale Investierende in der Initiative Nature Action 100, um mit Unternehmen in Dialog zu treten, welche den größten Effekt auf die Biodiversität haben.
  • Szenarioanalysen: Das Network for Greening the Financial System (NGFS) der Zentralbanken und die Principles for Responsible Investment's Inevitable Policy Response (IPR) führen derzeit den Faktor Natur in die Analyse der Klimawandelrisiken ein. Dabei werden die wichtigsten Einflussfaktoren (Politik, Technologien und Marktdynamik) in integrierter Form evaluiert.

Was bedeutet das für Investierende?

1.200% Rendite in 20 Jahren?

Die besten ETFs und Fonds, aktuelle News und exklusive Personalien erhalten Sie in unserem Newsletter „DAS INVESTMENT Daily“. Kostenlos und direkt in Ihr Postfach.

Klimawandel und Verlust an Biodiversität sind finanziell relevante Risiken, die zu berücksichtigen sind. Das bedeutet aber nicht, dass wir warten müssen, bis wir das Instrumentarium für einen integrierten Ansatz haben. Wir bei Robeco gehen beide Themen als separate, aber miteinander verbundene strategische Prioritäten an. Bei der Analyse und für die Entwicklung unserer Biodiversitätsstrategie nutzen wir beispielsweise Erkenntnisse aus der Climate Net-Zero Roadmap.

Uns ist bewusst, dass die zur Analyse der Biodiversität erforderlichen Instrumente und Daten noch nicht so ausgereift sind wie die für Klimaanalyse. Wir handeln jedoch, wo wir es können. Dazu konzentrieren wir uns auf die wichtigsten Auswirkungen auf die Biodiversität in den einzelnen Wirtschaftsbranchen und ermitteln die wichtigsten Maßnahmen, die Unternehmen ergreifen können, um ihren Beitrag zum Verlust an Biodiversität zu verringern.

Für Relevanzanalysen bezogen auf Sektor und Nachhaltigkeitsthema nutzen wir ein SDG-Rahmenwerk, unter welches die Themen Biodiversität, Klima und andere Nachhaltigkeitsaspekte fallen. Damit können wir Nachhaltigkeitseffekte zu einer einzigen Kennzahl zusammenfassen und gleichzeitig die zugrundeliegenden Feinheiten der unterschiedlichen Nachhaltigkeitsthemen wahren. Auf diese Weise decken wir mehrere Aspekte gleichzeitig ab und verfolgen dennoch einen modularen und nicht integrierten Ansatz.

Beide Probleme angehen

Es ist noch viel zu tun. Um den Verlust an Biodiversität aufzuhalten, brauchen wir sektorspezifische Übergangspfade, wie wir sie bereits für die Dekarbonisierung haben. Methodiken für die Biodiversitäts-Analyse machen derzeit rapide Fortschritte. Aus der Evaluierung klimabezogener Risiken und Chancen haben wir bereits viel gelernt. Das können wir nutzen und möglicherweise schneller auf die schwindende Biodiversität reagieren, als wir es beim Klimawandel konnten.


Über die Autorinnen:

Emily Homer arbeitet in der Position Director als Spezialistin für Klimafragen bei der niederländischen Fondsgesellschaft Robeco.

Rashila Kerai ist Senior-Analystin und Spezialistin auf dem Gebiet Biodiversität bei Robeco. 

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen