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Carmignac-Fondsmanagerin Li-Labbé
Wie sich von smarten Ideen aus China profitieren lässt
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Carmignac-Fondsmanagerin Li-Labbé Wie sich von smarten Ideen aus China profitieren lässt

Science-Fiction-Messe in Beijing
Science-Fiction-Messe in Beijing: Fondsmanagerin Haiyan Li-Labbé fischt in China nach frischen Ideen. | Foto: imago images/Xinhua

Dass sie Spaß an ihrer Arbeit hat, sieht man Haiyan Li-Labbé an. Begeistert scrollt die Fondsmanagerin durch die Fotos auf ihrem Smartphone. Darauf zu sehen: Eingänge von Geschäften, Kleinmöbel und Dekoartikel. Oder auch Li-Labbé selbst, wie sie in einem autonom fliegenden Flugtaxi sitzt. 

Produkte im Selbsttest

Sie probiere gern die Produkte der Unternehmen aus, in die sie investiere, erläutert die Chinakennerin. So besucht Li-Labbé auf Reisen zum Beispiel Auslandsfilialen ihrer Portfolioposition Miniso, einer chinesischen Einzelhandelskette. Sie sieht sich die Einrichtung der Stores, die Waren und Preise an. Gerne kauft sie probehalber auch den einen oder anderen Gegenstand und erhält so einen unmittelbaren Eindruck: Sind die Produkte zeitgemäß? Stimmt der Preis? Kommen Menschen gern hierher zum Einkaufen? Wo es passt, holt Li-Labbé auch die Meinung ihrer Kinder im Teenageralter ein. „Chinesische Markenprodukte sind oft um ein Vielfaches günstiger als die Produkte westlicher Länder – bei häufig sogar besserer Qualität“, berichtet sie.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Haiyan Li-Labbé managt zwei Aktienfonds für das Französische Fondshaus Carmignac: gemeinsam mit Javier Hovasse den Carmignac Emergents (ISIN: FR0010149302 ) und – hauptverantwortlich – dessen kleinen Bruder, den China New Economy (CNE, LU2295992320). Während der Emergents in eine breite Palette von Schwellenländern investiert, konzentriert sich der CNE ganz auf China. Dabei kann er sowohl in Hongkong notierte H-Aktien als auch in Shanghai und Shenzhen gelistete A-Aktien und ebenso American Depositary Receipts (ADR), also in den USA gelistete China-Aktien ins Portfolio holen.

Seit seiner Auflegung Ende März 2021 hat der CNE einige Federn lassen müssen. So liegen seine Anteile aktuell rund 50 Prozent unter ihrem Ausgabepreis – was vor allem der strikten Anti-Covid-Politik Chinas geschuldet sein dürfte, unter der die Unternehmen des Landes stark gelitten haben. Mit Aufhebung der Maßnahmen Ende 2022 hat der aktuell noch unentschlossene Kurs des CNE nun die Chance, mittelfristig wieder ins Positive zu drehen.

Risiken im Blick

Es gibt ein weiteres Thema, das für den CNE herausfordernd werden könnte: Bei China-Investments halten sich viele Investoren westlicher Länder aktuell zurück. Manchen gilt China sogar als uninvestierbar. Wozu neben dem lange schwelenden Handelskonflikt USA-China auch politische Unstimmigkeiten beitragen, vor allem die Drohgebärden Chinas gegenüber seinem Nachbarn Taiwan.

Dass China-Investments gewisse Risiken bergen, räumt auch Fondsmanagerin Li-Labbé ein. Den mächtigsten Faktor X für ihren China-Fonds sieht sie in der ungeklärten geopolitischen Lage.

 

Andererseits hat sich China längst zu einer maßgeblichen Weltmacht gemausert. Es ist dabei, den USA die globale Vormachtstellung abspenstig zu machen. China verfügt über eine hochdynamische Wirtschaft, die nach den Covid-Lockdowns gerade neu aufblüht. Das Land befördert Wachstum nicht nur innerhalb seiner eigenen Grenzen, sondern beflügelt den gesamten asiatischen Raum. China engagiert sich wirtschaftlich in vielen Schwellenländern. Und es bringt sich als politischer Vermittler in Konfliktregionen ins Spiel. Ein solches wirtschaftliches und politisches Epizentrum lässt sich nicht ignorieren, auch aus Investorensicht.

China: 4 Anlagethemen im Fokus

Fondsmanagerin Li-Labbé setzt vor allem auf die dynamische Entwicklung in dem Land. Sie hält nach Unternehmen Ausschau, die finanziell vom rasanten Wirtschaftsaufschwung profitieren. Vier übergeordnete Themen habe sie am chinesischen Markt als chancenreich herausgefiltert, sagt Li-Labbé: Innovative Industrie- und Technologie-Unternehmen sowie die Bereiche House Care, Konsum und die ökologische Transformation – wobei diese Transformation nicht allein den Umweltschutz umfassen soll, sondern zum Beispiel auch den Aspekt, dass China unabhängiger von Energieimporten und dem US-Dollar werden möchte.

Bei Konsumgütern strebten chinesische Unternehmen übrigens genau die entgegengesetzte Richtung an, bemerkt Li-Labbé: Hier setze man immer stärker auf den internationalen Markt. Viele Unternehmen verkauften ihre Produkte zunehmend auch außerhalb Chinas.

Ist der grobe Themenrahmen einmal abgesteckt, werden im nächsten Schritt die konkreten Titel fürs Fondsportfolio ausgewählt, erläutert Li-Labbé ihren Investmentprozess. Dabei geht sie Bottom-up vor. „Wenn wir ein Thema oder einen Subsektor identifiziert haben, investieren wir nach detaillierter Analyse hauptsächlich in die führenden Unternehmen des Sektors.“

Die meisten Unternehmen, in die sie investiert, habe sie schon vor Ort besucht, sagt Li-Labbé. Vor der Covid-Pandemie sei sie vier- bis fünfmal pro Jahr in China gewesen. Diese Reisen laufen nach den strikten chinesischen Lockdowns jetzt wieder an.

Wirtschaftsentscheidungen fallen langfristig 

Aber auch ohne Ortsbesuche habe sie einen guten Überblick darüber, was in dem Land passiert. „Ich arbeite in Paris, aber ursprünglich stamme ich aus einem Dorf in China“, verrät Li-Labbé. Durch ihre Kontakte nach China – ihre Familie in einer ländlichen Gegend sowie Freunde in Beijing und anderen Großstädten – sei sie über den chinesischen Alltag gut informiert. So habe sie den Siegeszug des elektronischen Handels, den Ausbau der Altersvorsorge, aber auch die rigiden Anti-Covid-Maßnahmen eng mitverfolgen können. „China ist sehr komplex“, sagt Li-Labbé. „Das Leben auf dem Land unterscheidet sich stark von dem in der Stadt.“

Haiyan Li-Labbé
Haiyan Li-Labbé © Carmignac

Als Fondsmanagerin hat Li-Labbé einen eigenen Blick auf die Vorgänge im Land: Die Kommunistische Partei Chinas plane in der Regel langfristig, ebenso würden Entscheidungen auf lokaler Ebene meist auf lange Sicht getroffen. Das gebe ihr ein gewisses Maß an Planungssicherheit. Auch Gewinnerthemen herauszufiltern, falle auf diese Weise leichter: Die Themen sollten auf dem Wirtschaftskurs der Regierung liegen. Was von offizieller Seite gefördert werde, habe die Chance groß zu werden, sagt Li-Labbé.

Auch das Thema ESG (ökonomisch, sozial, Unternehmensführung) spielt für Li-Labbé eine Rolle: Der CNE ist als Artikel-8-Fonds gemäß europäischer Offenlegungsverordnung eingestuft, er setzt vor allem auf Einsparungen bei CO2-Emissionen.

Ist es eigentlich schwierig, entsprechende Unternehmen am chinesischen Markt zu finden? Chinesische Firmen seien bislang auf einem niedrigeren Nachhaltigkeits-Level im Vergleich etwa zu Europa, räumt Li-Labbé ein. Allerdings habe China große Fortschritte gemacht, auch beim Thema Governance. Immer mehr Unternehmen veröffentlichten mittlerweile ESG-Reports, und das auch auf Englisch. „Der Fortschritt bei der ESG-Berichterstattung hängt mit der Zahl ausländischer Investoren innerhalb der chinesischen Aktionärs-Landschaft zusammen“, beobachtet Li-Labbé.

Chinesische Firmen holen bei Nachhaltigkeit auf

Mitunter erfragten chinesische Firmen auch direkt bei ihren Investoren, was sie in puncto Reportings verbessern könnten. „Langfrist-Investoren können Druck auf Unternehmen ausüben“, das gilt laut der Fondsmanagerin auch für den chinesischen Markt.

Was das Thema Nachhaltigkeit betrifft, habe man in westlichen Ländern oft falsche Vorstellungen von China, meint Li-Labbé. Vor allem der Fortschritt auf sozialer Ebene würde häufig übersehen. „95 Prozent der Chinesen haben heute Zugang zu einer Gesundheitsversicherung. Ende der Neunzigerjahre waren es nicht einmal 2 Prozent“, nennt die Fondsmanagerin als Beispiel. Ebenso habe sich der Zugang zu Pensionsfonds stark verbessert, und das auch für Menschen auf dem Lande. „Auf dem Gebiet Nachhaltigkeit macht China verglichen mit anderen Ländern einen besonders deutlichen Fortschritt“, sagt Li-Labbé.

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