Umdenken ist angesagt Wie Stiftungen trotz niedrigster Zinsen erfolgreich Geld verwalten können
Der Blick auf die aktuellen Renditen zeichnet ein düsteres Bild der zukünftigen Ertragskraft von Anleihen. So liegen die Renditen langlaufender Anleihen – die gerade für gemeinnützige Stiftungen jahrzehntelang ertragreiche Einnahmen einbrachten – derzeit auf einem niedrigen Rekordniveau (siehe Abbildung. „Marktentwicklung“).
Marktentwicklung - Renditen europäischer Staats- und Unternehmensanleihen über 10 Jahre
Die Einschätzungen des Marktes können sich aber auch schnell wieder ändern. Fiskal- und geldpolitische Faktoren, Wirtschaftskrisen oder auch Wirtschaftserholungen verändern täglich den Blick der Investoren und lösen neue Bewertungen und damit sich verändernde Kurse und Restlaufzeitrenditen aus.
Dennoch sollten sich Investoren wie Stiftungen keine allzu großen Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Niedrigzinsphase machen. Zu dieser Erkenntnis kommt zum Beispiel der amerikanische Asset Manager JP Morgan. Dieser hat gerade in einer sehr ausführlichen und interessanten Ausarbeitung (Long-Term Capital Market Assumptions) eine langfristige Renditeprognose verschiedener Anlageklassen gewagt (es wurde bei den Prognosen ein Einstieg zu Ende September 2020 unterstellt). Bei „Staatsanleihen Welt Industrienationen“ sieht der Asset Manager in den kommenden zehn bis 15 Jahren jährliche Erträge in Höhe von 0,4 Prozent p.a. für Euro-Anleger. Bei „Staatsanleihen Eurozone“ werden 0,7 Prozent und bei „Unternehmensanleihen Euro guter Bonität“ 1,4 Prozent erwartet.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Viele Stiftungsprojekte in Gefahr
Gerade für Stiftungen und die von Stiftungen unterstützten gemeinnützigen Projekte ist dieser Ausblick höchst problematisch. Laut Bundesjustizministerium und dem Verband Deutscher Stiftungen gibt es in Deutschland etwas mehr als 23.000 rechtsfähige Stiftungen (plus mehr als 45.000 treuhänderische Stiftungen), wovon etwa 96 Prozent gemeinnützige Zwecke verfolgen. Stiftungen leisteten regelmäßig einen sehr wichtigen Beitrag für unsere Kultur und unsere Gesellschaft (siehe Abbildung).
Im Jahre 2017 stellten beispielsweise rechtsfähige Stiftungen für diese Zwecke noch rund 4 Milliarden Euro zur Verfügung. Ob jedoch auch in Zukunft solch hohe Beträge bereitgestellt werden können, darf zumindest aufgrund der erwarteten geringen Anleihe-Erträge der nächsten zehn bis 15 Jahre stark bezweifelt werden. Nicht jede Stiftung wird die Ertragslücke mit ausreichend hohen Spendengeldern schließen können. Selbst hier droht für die nächsten Jahre ein Einbruch oder Rückgang der Spendenbereitschaft, falls die derzeitige Corona-Krise zu viele Bürger und Unternehmen wirtschaftlich treffen sollte. Gerade für kleinere bis mittelgroße Stiftungen, die in der Regel weniger professionell, sondern eher ehrenamtlich aufgestellt sind, stellen diese perspektivisch schlechten Zinsmarkt- und Wirtschaftsrahmenbedingungen eine große Herausforderung dar. Die Lage ist also ernst!