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Kolumnist Sebastian Heithoff Wie Versicherungsnehmer zu echten Kunden werden

Sebastian Heithoff
Sebastian Heithoff: In seiner neuen Kolumne für DAS INVESTMENT zeigt Unternehmensberater Sebastian Heithoff, , wieso Digitalisierung für Versicherungsvermittler kein Mittel zum Zweck ist. | Foto: Bianca Thomas Fotografie

Wie die Zukunft im personalen Versicherungsvertrieb aussehen wird, damit befassen sich im Lübecker ID Campus zwei durchaus unterschiedliche Partner: Der eine ist seit 1970 in der Versicherungsbranche, selbst zwei Jahrzehnte Vermittler und zwei Jahrzehnte Vertriebsmanager gewesen, der andere (das bin ich) ist der Assekuranz „erst“ seit Mitte der 2000er Jahre verbunden und brennt für alles, was #digital ist – sofern es denn den Menschen dabei hilft, im Vertrieb Erfolg zu haben. Dieser Fokus auf die Menschen und ihre Vertriebskommunikation verbindet Thomas Burdack und mich spürbar.

In unserer Branche wird leider noch viel zu oft der „Rumpelvertrieb des letzten Jahrtausends“ praktiziert, wenn auch zum Teil digital übersetzt. Vertriebssteuerung wird an Produktzielen aufgegleist (eigentlich ein IDD-Verstoß!) und beim Ansatz des „Kunden im Zentrum“ steht dieser vor allem eines – im Weg. Das ist ungemein schade, denn unsere schöne Branche hat viel mehr Potential, als sie sich selbst eingestehen mag. Das Potential liegt in den Menschen, denen, die alle suchen (Thema Nachwuchsproblem) und denen, die schon da sind und sich ins Zeug legen. Nur leider meist so „wie wir es immer schon gemacht“ haben. Doch „immer“ ist vorbei.

Versicherungsnehmer sind nicht zwingend auch Ihre Kunden

Versicherungsvertrieb ist zu einem erheblichen Teil Vertrauensgeschäft. Das trifft zumindest auf komplexere Produkte, wie Gewerbeberatung und biometrische Risiken zu. Bei „einfachen“ Produkten wie Hausrat, Haftpflicht oder Rechtsschutz, ist der Vermittler nicht zwingend erforderlich. Was jedoch weder der personale Vertrieb, noch der Direktvertrieb bisher richtig verstanden hat, ist die Rangfolge des Versicherungsproduktes als reiner Sekundärbedarf: In 9,x von 10 Fällen ist die Versicherung bloß Mittel zum Zweck, die Jagdhaftpflicht zum Jagen, die Lebensversicherung zur Kreditabsicherung eines Hausbaus und so weiter.  

Immer wichtiger werden in den nächsten Jahren daher sogenannte Ökosysteme werden, mit deren Rolle für den Versicherungsvertrieb sich kürzlich an anderer Stelle intensiv auseinandergesetzt wurde. Versicherungen sind demnach nicht „sexy“, sie sind eben nichts, was zum Primärbedarf unserer Kunden zählt, auch wenn wir das noch so gerne glauben wollen. Unsere Aufgabe ist es deshalb, die Kundenbedürfnisse besser zu erkennen, zu erfragen und zu bedienen, ja, bei der Bedienung sogar wissentlich überzuerfüllen. Denn nur so machen wir Versicherungsnehmer zu echten „Kunden“, die dieses Wort auch verdient haben. 

Das Wort Kunde kommt aus dem Althochdeutschen von „kundo“, dem Verkünder, doch wie viele unserer Versicherungsnehmer künden denn wirklich von der 1a-Begleitung, die sie bei uns erfahren? Das wird in den allermeisten Fällen nur ein Bruchteil sein, was natürlich auch mit daran liegt, dass eben jene „Kunden“ auch die Kunden von mindestens zwei oder drei anderen Vermittlern sind, bei einer durchschnittlichen Vertragsdichte von 2,x innerhalb der deutschen Assekuranz. Hier haben diejenigen Vermittler einen immensen Vorteil, die seit jeher auf komplette Kundenverbindungen setzen. Diese haben nämlich verstanden, dass ein Zwei-Vertragskunde der Mehrvertragskunde von jemand anderem ist.

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Gestörte Kommunikation durch Irrelevanz für das Leben der Versicherten

Stellen wir uns eine einfache Frage: Wenn wir in unserem Bestand telefonieren und um einen Termin bitten, ohne konkreten Anlass, einfach zu einem Gespräch zum aktuellen Stand, wie hoch wird die Terminquote sein? Bei den Gewerbekunden deutlich höher als bei Privatkunden, das ist klar. Aber bei den Privatkunden wird oft nur die 50 Prozent erreicht, von glücklichen Ausnahmefällen abgesehen. Bei jenen ist dann aber regelmäßig die Vertragsdichte höher und damit auch die Anbindung an den Vermittler.

Wenn aber nur jeder Zweite unserer Kunden mit uns sprechen will, haben wir eine gestörte Kommunikation. Wir haben in 50 % unseres Bestandes keine genügend hohe Relevanz für das Leben der Kunden, haben bei ihnen keinen bleibenden (positiven) Eindruck hinterlassen, keinen Kundenmehrwert manifestiert, sind nicht als werthaltiger Gesprächspartner abgespeichert, wie Rechtsanwalt, Steuerberater, Banker und Notar, sondern – wieder mal – als Verkäufer, der sich nur dann meldet, wenn es „Neuerungen zu Ihren Verträgen“ gibt und es teurer wird.

Merken Sie etwas? Wir fühlen uns doch selbst nicht sonderlich wohl dabei, solche Vertragsverhältnisse zu haben. Oder etwa doch? Einen Pulk von Menschen, die nur in ihrer Gesamtheit für uns ertragreich, die einzeln genommen aber eher lästig sind, denn sie bringen uns ja nur 200 Euro FP im Jahr ein. „Stell sich mal einer vor, wenn die auch noch einen Schaden haben!“ Doch genug vom Thema Realität, die kennen wir zur Genüge. Was ist denn der bessere Weg, als ebenso immer weiter zu machen und jetzt einfach nur krampfhaft zu versuchen, Zweivertragskunden online zu gewinnen?

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