9 Vermögensverwalter schätzen ein Wie viel Nachhaltigkeit steckt in nachhaltigen ETFs?
„Stimmrecht ermöglicht längeren Hebel“
Frauke Morwinski und Inga Krzeczkowska:
„Ob der Inhalt von ETFs halten kann, was die Verpackung verspricht? Ein klares ‚Jein‘, beziehungsweise ‚Es kommt darauf an‘. Bei einem ETF, der nach einem Best-in-Class-Ansatz verwaltet wird, wählt ein Algorithmus die Unternehmen nach vordefinierten, nachhaltigkeitsorientierten Kriterien aus. Solche mit hoher Bewertung innerhalb einer Branche werden gekauft, der Rest wird ausgeschlossen. So kann gehalten werden, was auf dem Papier versprochen wird. Da aber keine Branche per se exkludiert wird, können auch die nachhaltigsten Unternehmen einer nicht nachhaltigen Industrie, wie Ölförderung oder gar Waffenherstellung, über den passiven ETF im Depot landen. Ein grundsätzliches Problem ist, dass eine einheitliche Definition von Nachhaltigkeit fehlt. Außerdem sind die Ratings intransparent, so dass Privatanleger sie nur schwer nachvollziehen und noch schwerer verfolgen können.
Für Privatanleger ist es sehr herausfordernd zu prüfen, ob ein ETF seinen Anspruch auf Nachhaltigkeit erfüllt. Der überwiegenden Mehrheit fehlen Expertise und auch Tools, um die in einem Fonds enthaltenen Unternehmen oder die Emittenten einer Anleihe auf Herz und Nieren sowie nach ESG-Kriterien zu prüfen. Auch die von ETFs gern beworbenen Ratings sind für Privatanleger kaum bewertbar.
Für den engagierten Privatanleger kann ein aktiv gemanagter Fonds aus mehreren Gründen die bessere Wahl sein: Ein Fondsmanager kann flexibel handeln, was die Diversifikation angeht. Auch der persönliche und regelmäßige Kontakt zu den Unternehmen ist ein wichtiger Aspekt. Außerdem kann ein Fondsmanager in Unternehmen investieren, die sich in einem Veränderungsprozess, also quasi auf dem Weg der Besserung befinden. So lässt sich über die Stimmrechtsabgabe ein wesentlich längerer Hebel zu mehr Nachhaltigkeit betätigen, als es mit einer Investition in ‚bereits grüne‘ Unternehmen möglich wäre.“