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"Wir befinden uns noch für einige Zeit in der Krise"

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Schulden

Heute beginnen wir mit einem Element der Ungleichgewichte, nämlich jenem der Verschuldung. Die „Staatsschuldenkrise“ ist nur ein Aspekt Verschuldungsproblematik der Industrienationen.

Es ist schon erstaunlich, wer aller als Sündenbock für die Entscheidungen der eigenen Regierungen herangezogen wird. Die Europäische Union (EU) ist in ihren demokratischen Prinzipien robust genug, dass der Souverän, also der Bürger, in die Pflicht genommen werden kann. Idealistisch? Keineswegs.

Die nationalen Verfassungen sind eindeutig. Wenn sich Bürger nicht auf ihre eigene Machtposition gegenüber bestimmten Gesellschaftsgruppen (beispielsweise Finanzmarktakteure) berufen wollen, ist dies auch eine Entscheidung. Eine schlechte zwar, aber eine Entscheidung.

Die Bürger tragen die Letztverantwortung in unseren Gesellschaftssystemen und stehen dementsprechend auch mit ihrem Vermögen – sei es in Form von Haushalts- oder Staatsvermögen – für Entscheidungen ihrer Repräsentanten (Politiker) ein.

Wer sich also Regierungen wählt, die Trägheit in Strukturreformen und Klientelpolitik auf Kosten der finanziellen Substanz betreiben, darf sich über die präsentierten Rechnungen nicht beschweren.

Nun sei jedem einzelnen Bürger das Ventil gegönnt, in Hedgefonds, Rating-Agenturen und Bankern die Ursache des Unheils zu finden, anstatt sich die eigene Unzulänglichkeit im Einfordern einer professionelleren Repräsentation einzugestehen.

Man darf das nicht falsch verstehen, denn (a) sind Hedgefonds zu regulieren (wird zum Beispiel mit der AIFM umgesetzt), (b) müssen Rating-Agenturen für ihre Ratings haftbar gemacht und ihre regulatorisch manifestierte Vormachtstellung gebrochen werden (bleibt abzuwarten, wie stark die ESMA darauf einwirken kann) und (c) gehören Banken entsprechend reguliert, um nicht länger Hedgefonds mit angehängtem Kundengeschäft zu sein.

Basel III greift zu kurz. Der Vickers Report in Großbritannien zeigt den Weg. Trugen die drei genannten Marktteilnehmer zur Krisenverschärfung bei? Ja. Sind sie für den basalen Schuldentrend verantwortlich? Nein. Etwas gesellschaftliche Selbstreflextion stünde gut.

Wie verläuft die Schuldenkrise?

Die Unternehmensberatung McKinsey publizierte am Freitag eine interessante Studie mit dem Titel „Debt and deleveraging: Uneven progress on the path to growth“. Darin werden die Schuldenstände der Industrieländer einander gegenübergestellt. Dabei wurden nicht nur die Staatsschulden, sondern auch jene der Haushalte und Unternehmen berücksichtigt.

Der folgende Chart verdeutlicht wie hoch die tatsächlichen Schuldenstände der ent-wickelten Volkswirtschaften sind. Kein einziges Land liegt unter der Marke von 250 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP).

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Weiter ist anzumerken, dass trotz aller bisherigen Anstrengungen des Deleveragings von Seiten der Haushalte und Regierungen, lediglich eine Plateaubildung stattfand – einzig die USA und Südkorea konnten ihr gesamtwirtschaftliches Verschuldungsgrad seit Herbst 2008 leicht absenken. Japan und Großbritannien streiten sich um die Krone des Schuldenkönigs mit jeweils etwa 500 Prozent des BIPs an Gesamtschulden.

Im nächsten Chart (unten) werden nun die Gesamtschuldenstände als Prozent des BIPs vom zweiten Quartal 2011 aufgeschlüsselt und in die Schuldnergruppen Haushalte, Unternehmen, Finanzinstitutionen und Regierungen eingeteilt. Betont kritisch ist die Lage in Irland (663 Prozent), obwohl das Land zuletzt aus den Hauptnachrichten verschwunden ist.

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Zwischenfazit

Im heutigen Gastbeitrag wurden die Imbalances als basale Krisentreiber erläutert. Gefolgt von einer Einführung in das Thema „Schuldenkrise“. Bei eben jenem sind reine Prozent-Verweise im Vergleich zum BIP nicht zwingend aussagekräftig, solange sie den jeweiligen Vermögenswerten nicht gegenübergestellt sind. Eben damit fahre ich im nächsten Gastbeitrag fort. Auch sehe ich mir an, ab welchen Schuldenständen diese als Wachstumsbremsen wirken.

Die Gastbeiträge finden Sie auch auf der Homepage von Panthera Solutions.

Der Autor: Markus Schuller ist Gründer von Panthera Solutions, einem Beratungsunternehmen für strategische Asset Allocation im Fürstentum Monaco. Zuvor war er über zehn Jahre als Asset Manager und Produktentwickler bei Banken und Asset Managern tätig. Er kommentiert für diverse Qualitätsmedien den Markt und referiert regelmäßig auf Konferenzen zum Thema Asset Allocation.

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