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Interview mit dem Schroders-Deutschland-Chef
Alexander Prawitz: „Wir bleiben ein rein aktiver Manager“
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Interview mit dem Schroders-Deutschland-Chef Alexander Prawitz: „Wir bleiben ein rein aktiver Manager“

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Ein beherrschendes Thema für Asset Manager ist außerdem Nachhaltigkeit. Dort gab es jüngst einen Rückschritt: Viele Fondsgesellschaften haben Fonds zunächst als nachhaltig etwa gemäß Artikel 8 Offenlegungsverordnung deklariert. Später haben sie sie wieder zurückgestuft.

Prawitz: Wenn der Regulierer neue Realitäten schafft, versucht man als Anbieter, bestmöglich darauf zu reagieren. Wir bei Schroders sind beim Deklarieren unserer Fonds konservativ vorgegangen. Wir wollten nicht mit einer breiten Palette an Fonds hervortreten, die alle nach Artikel 8 oder 9 klassifiziert sind, um diese dann wieder zurückstufen zu müssen. Etwas zu versprechen, was nicht geliefert werden kann, ist immer schlecht im Sinne von Produktwahrheit und -klarheit. Es ist wichtiger, sich klar aufzustellen, als der Schnellste zu sein. Schroders hatte übrigens schon eigene Nachhaltigkeits-Tools, bevor die Nachhaltigkeitsklassifizierung kam. Unsere Tools verpflichten jeden Fondsmanager, nach einem bestimmten Muster zu handeln. Gewisse Sektoren oder Wertpapiere kommen zum Beispiel gar nicht erst als Investment in Frage.

2021 hat Schroders einen offenen Immobilienfonds gemeinsam mit der Gothaer aufgelegt. Seit wann besteht diese Zusammenarbeit – und gibt es Kooperationen mit noch weiteren Versicherern?

Prawitz: Mit der Gothaer arbeiten wir schon langjährig bei institutionellen Man- daten zusammen. Allgemein arbeiten wir mit Versicherungen sowohl auf der institutionellen Seite für deren Eigenanlagen als auch bei Produkten im Bereich der Vorsorge zusammen.

 

In jüngster Zeit wenden sich immer mehr Fondsgesellschaften direkt an Endkunden. Sie bieten eigene Robo-Advisor an. Ist das bei Schroders auch ein Thema?

Prawitz: Wir setzen auf den Vertrieb über Intermediäre, verkaufen also unsere Produkte über Banken, Versicherungen oder Vermögensverwalter. Ein direktes Endkundengeschäft haben wir in Deutschland und Österreich nicht.

Wie sieht es in anderen Märkten aus?

Prawitz: Wir bieten das Endkundengeschäft zum Beispiel im Vereinigten Königreich oder Singapur an.

Ist das auch für Deutschland denkbar?

Prawitz: Das hat keine strategische Priorität. In Deutschland wollen wir auch weiter über unsere Vertriebspartner tätig bleiben. Das liegt unter anderem an der Marktstruktur. In Deutschland wird ein großer Teil der Fonds über Banken vertrieben, die in dem Geschäft sehr stark sind. Im Vereinigten Königreich läuft das Fondsgeschäft zum großen Teil über einzelne, freie Vermittler.

Welchen Anteil nimmt Ihr Endkundengeschäft gegenüber dem institutionellen Vertrieb ein?

Prawitz: In Deutschland ist der Mix aus institutionellem Geschäft und Privatkundenvertrieb über Intermediäre relativ ausgeglichen.

Aktuell denkt man in der EU-Kommission über ein Provisionsverbot im Finanzvertrieb nach. Berater dürften sich ihre Vertriebsleistung in der gesamten EU dann nicht mehr von Fondsgesellschaften vergüten lassen. Was würde das für Schroders bedeuten?

Prawitz: Im Vereinigten Königreich und den Niederlanden gibt es das ja schon. In Deutschland ist es wie in vielen anderen Ländern auch: Es ist noch nicht in den Köpfen und vor allen Dingen in den Herzen der Kunden angekommen, dass man für Beratung gesondert zahlen sollte. Wenn aber der Regulator neue Fakten schafft, müssen alle damit umgehen. Die Beratungslandschaft, auch unsere Vertriebspartner, müssen sich entsprechende Vertriebskonzepte überlegen. Wir als Fondsgesellschaft sind gefragt, provisionsfreie Anteilsklassen zur Verfügung zu stellen. Ich sehe das entspannt, weil wir in einigen Märkten schon Erfahrung damit haben. Allerdings sehe ich die große Gefahr, dass viele Kunden mit kleineren Sparanlagen dann keine Anlageberatung mehr erhalten könnten. Auch in Deutschland und Österreich will man mehr Verbrauchern die Geldanlage für die private Vorsorge zugänglich machen. Dafür ist Investmentberatung essenziell. Ein Provisionsverbot wäre hier extrem kontraproduktiv.

In den vergangenen Jahren hat es am Markt einige Fusionen gegeben, auch unter großen Fondsgesellschaften. Streckt auch Schroders seine Fühler aus?

Prawitz: In den kommenden Jahren wird es vermutlich noch einige Fusionen und Übernahmen geben. Es ist aber nicht die Strategie von Schroders, große Wettbewerber zu kaufen.

Haben Sie also keine Übernahmepläne?

Prawitz: Wenn wir Bereiche sehen, in denen wir wachsen wollen, holen wir durchaus individuelle Talente, einzelne Teams oder Spezialanbieter zu uns. Wir haben zum Beispiel den Infrastruktur-Investor Greencoat oder den Impact-Investing-Spezialisten Blue Orchard gekauft. Aber wir würden keinen Asset Manager übernehmen, um unsere Vermögenswerte anorganisch zu vervielfachen. Dem hat unser Vorstandsvorsitzender Peter Harrison eine Absage erteilt. Und das würde auch die Familie Schroder als einer der Haupt-Anteilseigner nicht unterstützen.


Über den Interviewten:
Alexander Prawitz kam 2007 zu Schroders und betreute Wholesale-Kunden in Deutschland, Österreich und Luxemburg. Ab 2012 leitete er von Hongkong aus das Key Account Management für die wichtigsten Bank- und Versicherungskunden im Raum Asia-Pazifik. 2017 wurde er Leiter Osteuropa und ausgewählte Länder im Mittelmeerraum (CEEMED). Seit dem 1. Januar 2023 leitet Prawitz das Geschäft in Deutschland, Österreich und CEEMED.

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