Roland Kölsch und Volker Weber im Gespräch „Wir ernten, was wir säen“
Wie kann das FNG-Siegel Beratern und Anlegern helfen?
Weber: Das FNG-Siegel geht weit über die reine Portfoliobetrachtung hinaus, ist daher ganzheitlich und aussagekräftig. Mit über 80 Fragen werden zum Beispiel der Nachhaltigkeits-Anlagestil, der damit einhergehende Investmentprozess, die dazugehörigen ESG-Research-Kapazitäten und ein eventuell begleitender Engagement-Prozess analysiert und bewertet.
Darüber hinaus spielen Elemente wie Reporting, Kontroversen-Monitoring, die Einbindung von Stakeholdern und die Fondsgesellschaft als solche eine wichtige Rolle. Je vielschichtiger und intensiver ein Fonds auf den verschiedenen Ebenen im Sinne der Nachhaltigkeit aktiv ist, umso höher sind seine Nachhaltigkeitsqualität und das Potenzial, letztendlich indirekten und direkten Impact zu erzielen.
Kölsch: Das gilt insbesondere aufgrund der Komplexität der Einzeltitelbewertung, bei der es bekannterweise sein kann, dass eine ESG-Agentur zu einer ganz anderen Einschätzung als eine andere kommt. Stützte man sich also auf einen „einfachen“ quantitativen Portfolio-ESG-Score, wäre man der gleichen Gefahr der niedrigen Korrelationen der ESG-Ratings untereinander ausgesetzt.
Außerdem finden wir es wichtiger zu überprüfen, ob ein Fonds etwa kategorisch gewisse Ausschlüsse umsetzt, also ein regelmäßiges Kontroversen-Monitoring betreibt, um frühzeitig auf Fehlentwicklungen wie bei Enron, VW, BP, Wirecard, Grenke Leasing und Renault sowie andere Alarmsignale aufmerksam zu werden. Solange wir noch keine einheitliche und systematisch vergleichbare, robuste Datenbasis haben und auch die Methoden zur Impact-Messung noch nicht ausgereift sind, finden wir unseren wissenschaftsbasierten Ansatz angebracht, der aktuell mehr auf das „Wie“ als das „Was“ eingeht.
Zeigen Ihre Erfolge, dass grüne Investments nun auch tatsächlich bei privaten Anlegern ankommen?
Weber: Diese Aussage wird sehr eindrücklich durch den letzten Marktbericht des FNG unterlegt. Das Investmentvolumen von privaten Anlegern ist im Vergleich zum Vorjahr in 2019 um 117 Prozent gestiegen. Diese Entwicklung wird auch in den kommenden Jahren andauern, denn das Feststellen der Nachhaltigkeitspräferenz der Kunden ist bei jedem Beratungsgespräch festzustellen und fördert somit nachhaltige Geldanlagen.
Sie vermelden Anfrage-Rekorde für das FNG-Siegel?
Kölsch: Ja, wir freuen uns, dass der Zuspruch für unseren SRI-Qualitätsstandard seit Jahren andauert. Und das sowohl von kleinen, auf Nachhaltigkeit spezialisierten Häusern, als auch von Europas führenden Asset Managern mit breiten Anlage-Kompetenzen. Auch sind wir stolz, dass sich bereits Fonds von Anbietern aus 14 Ländern bewarben.
Interessant ist, dass die Zahl der Fonds, die sich unserer unabhängigen Zertifizierung stellen, erst bei zirka 10 Prozent aller in Deutschland als nachhaltig vertriebenen Fonds liegt und diese Quote durch die Schwemme an Artikel-8-Produkten der EU-Offenlegungsverordnung sogar gesunken ist.