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„Wir haben am Antrittstag von Roland Koch dazugekauft“

Roland Koch im Gespräch mit DAS INVESTMENT
Roland Koch im Gespräch mit DAS INVESTMENT
DAS INVESTMENT.com: Wir nehmen dieses Gespräch mit einem iPhone auf. Was ist der Unterschied zwischen einem Unternehmen wie Bilfinger und Apple?

Roland Koch: (lacht) Unsere Komplexität ist ein klein wenig geringer als die vom US-Giganten.

DAS INVESTMENT.com: Wünscht man sich denn, dass ein Unternehmen zu einer globalen Marke wird?

Koch: Da müssen wir die Zukunft abwarten. Generell dürften wir es als Industriedienstleister etwas schwieriger haben. Es ist immer ein wenig attraktiver, ein Produkt herzustellen, als Produkte zu erhalten, wie wir das mit Gebäuden, Industrieanlagen und Kraftwerken machen.

Ingmar Schaefer: Für uns als Investoren ist Bilfinger dennoch attraktiv. Bilfingers Strategie BEST (Anm. d. Red.: Bilfinger Escalates Strength), die ein Branding über alle Unternehmenszweige und -töchter vorsieht, gefällt uns. Die gemeinsame Marke und das Aktienprogramm für Mitarbeiter führen dazu, dass sie langfristig an Bilfinger gebunden werden und sich mit dem Unternehmen identifizieren.

DAS INVESTMENT.com: Eigentlich gibt es bei deutschen Unternehmen den Trend hin zur Konzentration aufs Kerngeschäft. Warum macht Bilfinger genau das Gegenteil?

Koch: Bilfinger sieht sich nicht mehr als reinen Baukonzern. Dieser Geschäftszweig macht inzwischen weniger als 20 Prozent vom Umsatz aus. Kunden wollen heute von uns so weit wie möglich entlastet werden, um sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren zu können. Das hört nicht beim Bau einer Industrieanlage auf, sondern zieht sich durch den gesamten Lebenszyklus der Anlage. Es folgen Aufträge im Gebäudemanagement wie die Wartung der Haustechnik oder die Reinigung der Büroflächen.

DAS INVESTMENT.com: Ist Deutschland hier Vorreiter?

Koch: Ein wenig ist das so. In Asien sind solche Industriedienstleistungen bisher weniger gefragt. Unsere deutsche Vorreiterstellung kommt aus der Historie. Die Zerschlagung einiger Chemieunternehmen wie der Hoechst AG hat dazu geführt, dass die entstandenen kleineren Unternehmen bei externen Anbietern gemeinsame Serviceleistungen gesucht haben. Entsprechend früh gab es Anbieter in diesem Markt. Durch die zunehmende Komplexität der Wirtschaftswelt wird dieses Servicesegment künftig noch stark wachsen. Vor allem in den Schwellenländern, wo die meisten neuen Industrieanlagen entstehen, spielen Werterhalt und Pflege noch kaum eine Rolle. Gerade dort dürften sich attraktive Märkte für Instandhaltung entwickeln.

Schaefer: So etwas mögen wir. Bilfinger hat sich durch Zukäufe im Ausland gut positioniert. Jetzt kann der Konzern vom Wachstum der ausländischen Kunden profitieren.

DAS INVESTMENT.com: Bilfinger macht 80 Prozent seines Umsatzes in Europa. Kann es sich ein Konzern leisten, nur zwei von zehn Euro in den Schwellenländern zu erwirtschaften?

Koch: Auf Dauer nicht. Für uns war das der Grund für Zukäufe in den Schwellenländern. Wir haben etwa die niederländische Tebodin übernommen, weil das Unternehmen einen starken Fußabdruck im Nahen Osten, Indien und China hat.

DAS INVESTMENT.com: Wie wichtig ist für Sie der Kontakt zu einem Finanzinvestor, wenn man ein Unternehmen strategisch neu ausrichtet?

Koch: Wir müssen unsere Eigentümer mit auf die Reise nehmen. Vor allem, weil der Umbau des Konzerns seine Zeit braucht. Gleichzeitig müssen wir den Investoren erklären, warum ein Teil der neuen Strategie nach wie vor auf das Baugeschäft setzt, nämlich um dem Konzern Ingenieurwissen zu erhalten.

DAS INVESTMENT.com:
Ist es schwierig für einen Investor, eine Firma wie Bilfinger, die sich strategisch neu aufstellt, zu bewerten?

Schaefer: Ein wenig schwieriger ist das vielleicht schon. Letztendlich kommt es auf die überzeugende Neuausrichtung des Geschäftsmodells an. Bilfinger kommuniziert sehr gut. Beim Kauf von Tebodin haben wir zum Beispiel einen guten Einblick in das neue Unternehmen bekommen und konnten so sehr gut nachvollziehen, ob der Kauf aus unserer Sicht sinnvoll war oder nicht.

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