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„Wir rechnen nicht mit einem erhöhten Inflationsrisiko“

Markus Weis
Markus Weis
DAS INVESTMENT.com: GSAM führte vor kurzem eine Studie zu Einstellungen und zum Verhalten deutscher Anleger durch. Welches der Ergebnisse hat Sie am meisten überrascht?

Markus Weis: Die Reihenfolge der Länder, die die Befragten für die sicherste Anlageregion halten, sowie die hohe Zufriedenheit mit der eigenen Geldanlage.

DAS INVESTMENT.com: Und warum?

Weis: Dass Deutschland im Sicherheitsranking der Wirtschaftsräume ganz oben rangiert ist nichts Ungewöhnliches. Der so genannte Home Bias – eine Wahrnehmung, bei der das Heimatland über- und fremde Länder unterschätzt werden – wurde bereits ausreichend erforscht. Dass die Schweiz mit einem nur sehr geringen Abstand folgen würde, haben wir hingegen nicht erwartet. Eine wirkliche Überraschung ist jedoch der dritte Platz: 12,1 Prozent der Befragten stufen China als die weltweit sicherste Anlageregion noch vor Schweden und den USA ein. Auch dass die übrigen Bric-Länder Russland, Brasilien und Indien mehr Vertrauen als Großbritannien und Frankreich genießen, kommt unerwartet.

DAS INVESTMENT.com:
Und die zweite Überraschung?

Weis: Die hohe Zufriedenheit der Befragten mit ihrer Anlage: 55 Prozent der Studienteilnehmer waren mit dem Ertrag „sehr zufrieden“ oder „eher zufrieden“. Auch die geringe Bereitschaft, etwas an der aktuellen Anlage zu ändern, spricht für eine hohe Zufriedenheit.

DAS INVESTMENT.com: Das hängt natürlich von der Betrachtungsweise ab. Wenn 55 Prozent der Anleger zufrieden sind, bedeutet das auch, dass 45 Prozent die Erträge ihrer Anlage bemängeln.

Weis: Das könnte an der Anlageform liegen. Schließlich gibt es nach wie vor viele Menschen, die auf vermeintlich risikolose Anlageklassen setzen. Doch wer Bundesanleihen kauft oder sein Vermögen auf einem Tagesgeldkonto parkt, darf sich nicht über niedrige Renditen wundern.

DAS INVESTMENT.com:
Und ist damit auch nicht gegen steigende Inflation abgesichert. Viele Experten rechnen kurz- bis mittelfristig mit einer Hyperinflation. Sie auch?

Weis: Unsere Volkswirte rechnen mittelfristig nicht mit einem erhöhten Inflationsrisiko in Deutschland. Trotzdem ist dieses Thema nirgendwo so präsent wie in der Bundesrepublik. Das ist wahrscheinlich historisch bedingt.

DAS INVESTMENT.com: Aber die lockere Geldpolitik der Notenbanken begünstigt doch eine Geldentwertung.

Weis: Die geldpolitischen Maßnahmen der Zentralbanken verursachen zunächst einmal keine Inflation. Preissteigerung entsteht aus erhöhter Nachfrage, die das Angebot übersteigt. In Deutschland und anderen Industrieländern ist die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen jedoch relativ schwach. Das Risiko für die westlichen Nationen ist eher die Deflation. In Wachstumsmärkten hingegen, wo das steigende Einkommen und die wachsende Mittelschicht die Nachfrage nach Konsumgütern in die Höhe treiben, kann man von einer steigenden Inflation sprechen.

DAS INVESTMENT.com: Neben der Inflation scheinen die Deutschen auch Angst vor einer anhaltenden hohen Marktvolatilität zu haben. So schätzten in Ihrer Studie 43 Prozent der Befragten, dass die derzeitigen unbeständigen Marktbedingungen noch 5 Jahre oder länger andauern werden. Teilen Sie diese Meinung?

Weis:
Nur zum Teil. Die aktuellen Probleme betreffen größtenteils die Industrieländer. Das Wachstum wird jedoch in Zukunft aus den Schwellenmärkten kommen. Bereits heute haben die Bric und N-11 Staaten einen Anteil von 25 Prozent am weltweiten Bruttoinlandsprodukt. Die vier Bric-Staaten sind in 2011 sogar so stark gewachsen, dass allein diese in einem Jahr neu geschaffene Wirtschaftsleisung in Summe etwa dem Bruttoinlandsprodukt von Italien entspricht. Und bis zum Jahr 2020 könnte laut unserer Prognose sogar mehr als ein Drittel des weltweiten Bruttoinlandprodukts auf diese Wachstumsländer entfallen.

DAS INVESTMENT.com: Auch viele weitere Experten halten die Schwellenländer für den künftigen Wachstumsmotor der Weltwirtschaft. Kommt diese Einsicht langsam auch bei Privatanlegern an?

Weis: Ja. Wie unsere Vertriebspartner berichten, sind Anlageprodukte aus den Bric- und Next-11-Ländern derzeit sehr beliebt. Das betrifft sowohl Aktien- als auch Unternehmensanleihen-Fonds. Selbst Staatsanleihen aus den Schwellenländern werden derzeit stark nachgefragt, was man von Regierungspapieren aus Europa oder den USA aktuell nicht behaupten kann.

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