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Herr Magenheimer, vor gut zwei Jahren wurde die ESG-Ausrichtung für den Mischfonds WAVE Total Return ESG eingeführt. Was war die Motivation hierfür?
Philipp Magenheimer: Wir haben ein gesteigertes Interesse von Kunden und Vertrieb an ESG-Produkten beobachtet. Aber auch schon vor der Namens- und Strategieänderung haben wir ESG-Kriterien bei der Emittentenanalyse und Titelauswahl berücksichtigt. Aufgrund des defensiven Profils des Fonds hat Kapitalerhalt, also Nachhaltigkeit im ökonomischen Sinne, für uns Priorität. Somit haben wir auch schon in der Vergangenheit ein Augenmerk darauf gehabt, ob die von uns getätigten Investments Umwelt- oder Sozialrisiken ausgesetzt sind, die sich negativ auf die Werthaltigkeit auswirken können oder wie die Unternehmen, deren Anleihen und Aktien wir kaufen, geführt werden. Auch ethische Kriterien haben wir stets beachtet und beispielweise Investitionen in Unternehmen ausgeschlossen, die kontroverse Waffen herstellen. 2020 haben wir unsere Kriterien erweitert, einen ganzheitlichen ESG-Investmentprozess eingeführt und in den Anlagerichtlinien fixiert.
Was hat sich dadurch für den Fonds geändert?
Magenheimer: Wenig, es gab nur geringfügige Umschichtungen. Das Portfolio hatte bereits damals eine hohe ESG-Qualität. Aber die Transparenz ist jetzt entschieden höher. Wir haben ein eigenes ESG-Reporting und legen die ESG-Strategie im Rahmen des Europäischen Transparenz Kodex für Nachhaltigkeitsfonds offen. Der Total-Return-Gedanke des Fonds ist erhalten geblieben: Die Verlustanfälligkeit des Fonds in volatilen Phasen soll durch ein diversifiziertes Portfolio und eine aktive Steuerung gering gehalten werden. In diesem Jahr, als die Kurse von Renten und Aktien gleichzeitig fielen, haben wir unter Beweis gestellt, dass das Fondskonzept funktioniert.
Wie setzen Sie ESG im Fonds um?
Magenheimer: Die Berücksichtigung von ESG-Kriterien ist ganzheitlich in die Anlageentscheidung und das Risikomanagement eingebunden. Durch festgelegte Ausschlusskriterien werden Risiken für das Portfolio verringert. Wir bauen Investments ab, die sich aus unserer Sicht nachteilig auf Nachhaltigkeitsaspekte auswirken, beziehungsweise investieren dort gar nicht erst. Bei den Ausschlusskriterien orientieren wir uns an international anerkannten Standards wie den zehn Prinzipien des UN Global Compact. Die nachfolgende Positivauswahl erfolgt auf Basis von detaillierten ESG-Bewertungen. Dazu werden die verschiedenen Säulen der Nachhaltigkeit – E, S und G – jeweils pro Emittenten isoliert analysiert. Die Zusammensetzung des Portfolios erfolgt dann nach einem Best-in-Class-Ansatz.
Gibt es ESG-Themen, die bei Ihrer Bewertung im Vordergrund stehen?
Magenheimer: Wir verfolgen grundsätzlich eine ganzheitliche Betrachtung. Ein Schwerpunkt liegt jedoch auf dem Thema Klima. Die WAVE Management AG untersucht neben klassischen Szenarioanalysen auch Klimaszenarien, um physische und transitorische Risiken adäquat abzubilden und investiert gezielt in Aktien und Anleihen von solchen Unternehmen, die diese Klimarisiken erfolgreich managen.
Der Fonds ist mit dem FNG-Siegel ausgezeichnet, das vom Fachverband Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) entwickelt wurde. Was bescheinigt dieses Siegel?
Magenheimer: Das FNG-Siegel ist der Qualitätsstandard nachhaltiger Geldanlagen auf dem deutschsprachigen Finanzmarkt. Investmentfonds mit FNG-Siegel verfolgen einen professionellen und transparenten Nachhaltigkeitsansatz, dessen glaubwürdige Anwendung unabhängig geprüft und überwacht worden ist. Das FNG-Siegel geht weit über die reine Portfoliobetrachtung hinaus. Zum Beispiel werden der Nachhaltigkeits-Anlagestil, der Investmentprozess und die ESG-Research-Kapazitäten analysiert und bewertet. Darüber hinaus spielen Elemente wie Reporting, die Einbindung von Stakeholdern und die Fondsgesellschaft als solche eine wichtige Rolle. Der WAVE Total Return ESG wurde 2022 erstmals mit dem FNG-Siegel ausgezeichnet. Jüngst hat der Fonds zusätzlich einen Stern für eine besonders anspruchsvolle und umfassende Nachhaltigkeitsstrategie erhalten.
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für das Management eines ESG-Fonds?
Magenheimer: Die größte Herausforderung liegt meines Erachtens darin, sich nicht im Dschungel aus Nachhaltigkeits-Regulatorik und teils zweifelhaften ESG-Daten zu verirren. Das führt sonst schnell dazu, dass man das Thema nachhaltige Kapitalanlage resigniert als lästige Pflicht abtut oder aber sich im Portfolio zu stark limitiert oder einseitige Konzentrationen bildet. Stattdessen sollten ESG-Kriterien so sinnvoll implementiert werden, dass sie den Zielen der Anleger zuträglich sind. Diese wollen unserer Erfahrung nach ihr Geld zu einem optimierten Rendite-Risiko-Profil anlegen, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Das muss kein Widerspruch sein.
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Der Fonds investiert in auf Euro lautende Anleihen mit Investment-Grade-Rating sowie in liquide europäische Aktien mit hoher Marktkapitalisierung. Der physische Aktienanteil liegt stets bei mindestens 25 Prozent, sodass die Erträge des Fonds zu 15 Prozent steuerfrei sind. Zurzeit setzt sich das Portfolio aus rund einem Drittel Aktien und zwei Dritteln Renten zusammen.
Im Mittelpunkt der Strategie steht jedoch das taktische Overlay-Management, mit dem die Netto-Allokation der beiden Asset-Klassen gesteuert wird. Dies wird sehr aktiv genutzt, die Allokationen können sich damit schnell ändern. Es dient vor allem der kurzfristigen, kostengünstigen Absicherung von Risiken, mit dem Ziel, Verluste weitgehend zu vermeiden. Zum Einsatz kommen dabei börsengehandelte Futures auf Aktienindizes und Zinsfutures. Die Entscheidungen trifft das Fondsmanagement auf Basis von makroökonomischen und technischen Analysen sowie durch Einbeziehung von Sentimentindikatoren.
„In diesem Jahr haben wir aufgrund der geo- und geldpolitischen Risiken und einer konjunkturellen Eintrübung die Aktienquote frühzeitig reduziert“, sagt Philipp Magenheimer, Leiter Portfoliomanagement Fonds bei der WAVE Management AG in Hannover. Im weiteren Jahresverlauf wurde der Aktieninvestitionsgrad sehr aktiv gesteuert. „Auf der Rentenseite haben wir die Duration signifikant verkürzt und somit die Zinsänderungsrisiken gesenkt, was uns im Zinsanstieg geholfen hat, Verluste wirksam zu begrenzen“, so Magenheimer.
Das Kernportfolio aus Aktien und Renten wird klassisch nach Bottom-up-Ansatz basierend auf Fundamentaldaten zusammengestellt. Auch ESG-Kriterien spielen dabei seit Beginn eine Rolle, und seit Herbst 2020 hat ihre Bedeutung für den Ende 2007 aufgelegten Fonds deutlich zugenommen. Ökologische, soziale und Governance-Kriterien wurden ganzheitlich in den Investmentprozess integriert und der Fondsname um den Zusatz „ESG“ ergänzt.
Der ESG-Anlageprozess ist mehrstufig angelegt. Im ersten Schritt werden anhand einer Reihe von Ausschlusskriterien Unternehmen aus dem Anlageuniversum entfernt, die gegen die festgelegten Ausschlüsse (z.B. kontroverse Waffen, Tabak, Kohleverstromung) verstoßen. Im Anschluss kommen Positivkriterien zum Einsatz, um Unternehmen mit besonders guter Nachhaltigkeitsbewertung herauszufiltern. Die Nachhaltigkeit der Emittenten wird dabei isoliert in den drei Dimensionen E, S und G bewertet, damit einzelne Werte nicht verwaschen werden. Dabei stützt sich das Fondsmanagement auf die Nachhaltigkeitsbewertungen etablierter ESG-Research-Provider.
Für die Portfoliozusammenstellung wird dann der Best-in-Class-Ansatz angewendet, bei dem nur in die ESG-Besten eines Sektors investiert wird. „Innerhalb einer Branche werden die Unternehmen bezüglich ihrer jeweiligen Umsetzung der ESG-Kriterien miteinander verglichen. Dabei werden beispielsweise Kriterien wie effizienter Energieverbrauch, Schulungsprogramme für Mitarbeiter oder ein unabhängiger Aufsichtsrat berücksichtigt“, erläutert Magenheimer. Durch diesen Ansatz sollen Branchenkonzentrationen vermieden und trotzdem eine hohe ESG-Qualität im Portfolio erreicht werden.
Dass die strengen ESG-Kriterien nicht im Widerspruch zu einer situativen Fondssteuerung stehen, sondern die Optimierung des Rendite-Risiko-Profils unterstützen können, hat das Fondsmanagement jüngst wieder unter Beweis gestellt: Angesichts der ermäßigten Kursniveaus wurde die Aktienquote bereits wieder etwas aufgestockt. Die Duration im Anleihebereich wird hingegen weiterhin kurz gehalten. Magenheimer: „Der Inflationsdruck hält an und weitere Zinserhöhungen durch die Notenbanken sind zu erwarten. Da auch die Gefahr einer Rezession besteht, halten wir zudem die Kreditqualität im Fonds hoch.“
Der WAVE Total Return ESG wurde durch unabhängige Auditoren ausgezeichnet mit dem FNG-Siegel.
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Zielgruppe für das umfassende Dienstleistungs- und Produktangebot sind die Gesellschaften des VHV-Konzerns sowie institutionelle Drittkunden. Hierzu gehören insbesondere kleine und mittelständische Versicherungen, Pensionskassen, Versorgungswerke und Stiftungen. Privatkunden bietet die WAVE eine fokussierte Produktfamilie von Publikumsfonds an.
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