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Mypension-Geschäftsführer Alberto del Pozo im Gespräch „Wir suchen noch die Fun-Formel für die Altersvorsorge“

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Welche App-Funktionen bieten Sie denn konkret? Wenn ich das richtig sehe, können Ihre Kunden nur zwischen verschiedenen Anlagestrategien wählen.

Del Pozo: Eigentlich können unsere Kunden über ihren Online-Zugang oder App so ziemlich alles machen. Zunächst sehen Sie börsentäglich den aktuellen Stand Ihres Vertrages. In der Branche ist das alles andere als selbstverständlich. Und er kann so ziemlich alles per App steuern, was den Beitrag betrifft, vieles, was die Konto- und Adressdaten angeht und auch Produktoptionen. Zudem findet der Kunde alle relevanten Verträge online. Wir verschicken schon heute kein Papier mehr.

Die konkrete Anlagestrategie kann er jedoch nicht anpassen.

Del Pozo: Richtig, aber wir werden unser Produkt vermutlich schon im vierten Quartal anpassen. Dann werden unsere Kunden auch aus einzelnen ETFs wählen können. Wir werden natürlich auch ESG-Fonds einführen, da an diesem Thema niemand mehr vorbeikommt.

Und wir werden ein innovatives Anlaufmanagement anbieten. Dabei werden die Kunden langsam an den Aktienmarkt herangeführt, wenn sie sich aufgrund hoher Kurse noch nicht recht trauen. Letztendlich wollen wir darauf hinaus, dass der Kunde uns konkret vorgeben kann, wie wir sein Geld anlegen.

Haben Sie dabei nicht die Angst, sich ein Klientel heranzuzüchten, das selbst aktiv anlegen möchte und deshalb gleich ein eigenes Depot bei einer Direktbank eröffnet und Geld eigenständig anlegt?

Del Pozo: Ich hielte es für wunderbar, wenn die Kunden ihre Geldanlage selbst in die Hand nehmen würden. Und darauf setzen wir ja langfristig. Im Gegensatz zu den Neobrokern bieten wir für den langfristig orientierten Investor deutliche steuerliche Vorteile. Denn bei uns gibt es keine Abgeltungssteuer, wenn im Depot umgeschichtet wird. Und die Rentenzahlungen werden kaum merklich mit Steuern belastet.

Das Traden hat aber Grenzen bei Ihnen.

Del Pozo: Richtig, insofern sind wir auch nicht wirklich vergleichbar mit einer Trading-Plattform. Wir können aus rein steuerlichen Gesichtspunkten schon nicht die immense Bandbreite an Finanzinstrumenten anbieten, die man bei einer Trading-Plattform mittlerweile ohne wirkliche Vorkenntnisse handeln kann.

Um im Rahmen einer privaten Rentenversicherung die steuerlichen Vorteile genießen zu dürfen, gibt es klare Vorgaben des Bundesfinanzministeriums. Aus deren Sicht wäre der Altersvorsorge-Charakter bei täglichem Traden von Einzelpositionen nicht gegeben.

Ich möchte gar nicht so sehr auf die Zocker hinaus. Was sagen Sie den konservativen Anlegern, die Ihre Rentenlücke per ETF-Sparplan füllen möchten?

Del Pozo: Ich wäre schon sehr froh, wenn sich der konservative Anleger zukünftig nicht für eine klassische Lebensversicherung oder ein Produkt mit Garantien entscheiden würde, wie es leider nach wie vor viel zu stark in der Branche propagiert wird. Insbesondere diese Kunden möchten wir von unserem Angebot überzeugen.

Im Vergleich zu einem ETF-Sparplan haben wir ganz klar den steuerlichen Vorteil auf unserer Seite. Wenn der Anleger über die Laufzeit mehrere Male umschichtet oder sich für ein Ablaufmanagement zum Laufzeitende entscheidet, kann die Abgeltungssteuer zuvor erzielte Gewinne deutlich mindern. Und erst recht in der Auszahlungsphase kommt es zum Tragen, dass unsere Kunden keine Abgeltungsteuer zahlen müssen.

Wie ist Ihre politische Perspektive, gerade hinsichtlich der Bundestagswahl? Wird die Abgeltungssteuer fallen?

Del Pozo: Da bin ich mir relativ sicher, da es selbst innerhalb der CDU viele Sympathisanten für eine Abschaffung der Abgeltungsteuer gibt. Und wenn Anleger dann einen individuellen Steuersatz zahlen müssen, landen sie schnell bei 30 bis 40 Prozent Steuerbelastung. Und das macht unsere ETF-Police nochmals attraktiver.

Welche Steuern werden bei Mypension denn in der Auszahlphase fällig?

Del Pozo: Bei einem Renteneintritt mit 67 Jahren werden beispielsweise lediglich 17 Prozent der Rente für eine Besteuerung herangezogen. Sprich: von 1.000 Euro Rente werden nur 170 Euro besteuert. Liegt der Steuersatz im Alter dann etwa bei 25 Prozent, fallen lediglich 42,50 Euro Steuern an, die Steuerlast läge dann bei 4,25 Prozent.

Das Thema Steuern interessiert Ihre Klientel sicherlich auch mehr als die jungen Robinhood-Trader.

Del Pozo: Mit Sicherheit. Unser typischer Kunde ist 35 bis 40 Jahre alt, steht mitten im Leben, verdient mehr Geld als der Durchschnitt und befasst sich intensiv mit der Altersvorsorge. Daher müssen wir komplexe Altersvorsorge-Themen über unsere Inhalte zukünftig noch stärker aufgreifen und verständlich machen. Generell ist das Thema Altersvorsorge leider nach wie vor sehr sperrig und komplex.

Welche Akzente wollen Sie im Marketing und Vertrieb setzen?

Del Pozo: Natürlich wären wir in der Wahrnehmung unserer Kunden gerne so trendy und cool wie die Neobroker. Aber mehr Gamification in die Altersvorsorge zu bringen, ist leider etwas schwieriger. Das Thema verlangt inhaltliche Tiefe. Wir suchen jedenfalls noch nach der Fun-Formel für die Altersvorsorge. Denn langfristig wollen wir es natürlich schaffen, auch jüngere Zielgruppen zu erreichen.




Über den Interviewten:
Alberto del Pozo verantwortet seit Mai 2021 als Co-Chef das operative Geschäft des Frankfurter Insurtech-Unternehmens Mypension, das eine Rentenversicherung auf ETF-Basis zum Abschluss im Internet anbietet. Zuvor arbeitete er bei DWS Investments, wo er zuletzt den Bereich Altersvorsorge und Vermögensaufbau leitete. Dort war er auch zuständig für die Produktstrategie, -entwicklung und -pflege der Altersvorsorge- und Vermögensaufbauprodukte sowie die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern.

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