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Peter Schömig von Leanval „Wir wagen uns auch an Bankaktien“

Peter Schömig von Leanval
Peter Schömig von Leanval: Er bietet eigenen Research an. | Foto: Leanval

Leanval bietet Zahlen zu rund 1.100 Unternehmen aus Europa und den USA. Warum braucht der Markt ein weiteres Research-Tool?

Peter Schömig: Die Datenqualität ist entscheidend. Und die ist bei vielen großen Anbietern eher bescheiden. Als Rohdatenlieferant sind sie in Ordnung. Aber oft werden Zahlen falsch verstanden und eingetragen. Für wirklich gutes Research reicht das nicht. Bei den 1.100 Aktien haben wir 30.000 Positionen in den Jahresabschlüssen eigenhändig recherchiert und überschrieben. Zudem haben wir für alle von uns beobachteten Unternehmen konkrete Zukunftseinschätzungen. Im Ergebnis stellen wir nicht nur Daten zur Verfügung, sondern auch quantitatives und qualitatives Research, vorgefertigte Aktienstrategien sowie die Möglichkeit der individuellen Aktienauswahl mithilfe eines Aktien-Screeners.

Wie schaffen Sie das konkret?

Schömig: Wir beziehen die Jahresabschlussdaten über externe Anbieter. Dann kommt der Plausibilitätscheck. Wir prüfen in einem aufwendigen Prozess, ob die Daten korrekt und in sich stimmig sind. Und das ist nötig. Denn wir haben gemerkt, dass – ganz gleich, woher die Daten stammen – sie oft per Hand eingetragen werden von Menschen, die die Daten unterschiedlich interpretieren. Das führt zu Fehlern. Unsere Algorithmen prüfen solche falschen Zuordnungen automatisch.

Also eher Big-Data-Analyse als künstliche Intelligenz.

Schömig: Richtig. Zumindest im Moment. Wenn die Daten nicht zueinander passen, bekommen unsere Analysten den Hinweis, die Zahlen zu korrigieren. Das ist die einzige Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Danach geht alles automatisch. Die Zahlen werden regelmäßig, manche sogar täglich, geprüft. Die Kennzahlen werden automatisch in den Screener eingespeist, der es Anlegern ermöglicht, das Aktienuniversum nach individuellen Kriterien zu filtern und Strategien zu erstellen.

Wie bewerten Sie qualitative Aspekte eines Unternehmens? Schauen Sie sich das Management genauer an oder achten Sie auf die Unternehmenskultur?

Schömig: Natürlich kommunizieren wir mit dem Management und kennen die von uns analysierten Unternehmen. Aber als Spezialisten für Bilanzanalyse sind wir in erster Linie sehr stark zahlengetrieben. Wir sind der Ansicht, dass Chancen und Risiken aus den Geschäftszahlen abgeleitet werden können und somit auch das Arbeitsergebnis des Managements. Das persönliche Talent eines Mitarbeiters oder selbst eines CEOs sind nur ein Baustein am Erfolg eines Unternehmens.

Gibt es Branchen, von den Sie die Finger lassen? Etwa der Bankensektor ist doch eher schlecht durchschaubar.

Schömig: Nein, im Gegenteil. Wir sind sogar so weit gegangen, dass wir für die Analyse von Banken und Versicherungen ein eigenes Bewertungsmodell entwickelt haben.

Wie sieht das aus? Der Return-on-Invested-Capital-Ansatz kann hier ja kaum greifen.

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Schömig: Richtig. Deshalb haben wir einen neuen Ansatz erarbeitet, der die Wertschöpfung von Finanzunternehmen berechnet. Zur Bewertung nutzen wir die Kennzahl Financial Institutions Value Added sowie das Equity Employed.

Wo liegen die Vorteile?

Schömig: Das Kapital von Banken und Versicherungen ist ja kein klassisch investiertes Kapital. Es wird geliehen auf der Passiv-Seite und herausgegeben auf der Aktiv-Seite. Diese durchlaufenden Posten werden von uns bereinigt.

Wie viele Unternehmen schauen Sie sich letztendlich wirklich selbst an?

Schömig: Von allen 600 europäischen Unternehmen in unserer Datenbank haben wir die Jahresberichte der letzten drei bis vier Jahre in der Hand gehabt. Deshalb ist unsere Datenqualität so hoch. Für die Prognose werden Konsensus-Schätzungen sowie eigene Algorithmen verwendet. Bei rund 100 Unternehmen sind wir aber sehr nah dran, prüfen und analysieren im Detail, sprechen mit dem Management und erstellen unsere eigenen Prognosen. Hierauf basierend veröffentlichen wir auch detaillierte Fundamentalanalysen.

Wie wollen Sie sich von Bloomberg und Reuters abheben?

Schömig: Wir sehen uns nicht als direkte Konkurrenten. Leanval ist vielmehr eine Erweiterung dieser Angebote. Bloomberg gibt in erster Linie Fundamentaldaten heraus. Für viele Unternehmen finden sie dort auch Schätzungen für die Zukunft. Wir aber geben Prognosen für alle Unternehmen ab, die bei uns gelistet sind. Was die Zukunft angeht, gehen wir deutlich weiter als Reuters oder Bloomberg. Für alle Aktien in unserem Universum berechnen wir die Jahresabschlüsse für die künftigen drei Jahre, die in sich schlüssig und plausibel sind. Daraus werden automatisch alle Kursziele und Kennzahlen abgeleitet, die unseren Kunden automatisiert im Aktien-Screener zur Verfügung stehen.

Wie hoch ist die Nachfrage nach Nebenwerten? Gehen Sie in die Nische?

Schömig: Auf Kundenwunsch gehen wir auch in die Nischen. Wir covern jedoch vor allem die größten europäischen Unternehmen, auch weil hier das höchste Kundeninteresse besteht. Auch in Amerika wollten wir lieber zuerst mit den großen Aktiengesellschaften starten. Dabei orientieren wir uns an den beiden bekannten Indizes S&P 500 und Stoxx Europe 600. Deren Bestandteile werden zu 95 Prozent abgedeckt. Zudem haben wir auch ein paar asiatische Werte in unserer Datenbank.

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