Ökonom Michael Heise
In der Wirtschaft greift Pessimismus um sich
Michael Heise ist Chefökonom der Anlagegesellschaft HQ Trust. Foto: HQ Trust
Inflation, Energiekrise, Zinswende: Das Jahr 2022 verlangte Verbrauchern viel ab. Welche Probleme bleiben ihnen in diesem Jahr erhalten, wo zeichnen sich Lösungen ab? Ein Gastbeitrag von Michael Heise von der Anlagegesellschaft HQ Trust.
Preisdämpfend wirkt auch, dass die Angebotsengpässe, die in den Zeiten von Covid-Beschränkungen vielfach zu Produktionsausfällen und langen Lieferzeiten führten, inzwischen wieder deutlich zurückgegangen sind. Insgesamt dürfte die Inflation in der Europäischen Währungsunion daher von etwa 8,5 Prozent im Jahr 2022 auf 6,5 Prozent in 2023 zurückgehen. In den USA spielen die verhältnismäßig niedrigen Energiepreise eine weitaus geringere Rolle. Hier sind vor allem die binnenwirtschaftlichen Güterpreise durch eine hohe Nachfrage bei gleichzeitigen Angebotsengpässen kräftig angestiegen. Die Inflationsrate dürfte in den USA in 2022 rund 8 Prozent und in 2023 etwa 4 Prozent betragen. Zu dem Rückgang...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Preisdämpfend wirkt auch, dass die Angebotsengpässe, die in den Zeiten von Covid-Beschränkungen vielfach zu Produktionsausfällen und langen Lieferzeiten führten, inzwischen wieder deutlich zurückgegangen sind. Insgesamt dürfte die Inflation in der Europäischen Währungsunion daher von etwa 8,5 Prozent im Jahr 2022 auf 6,5 Prozent in 2023 zurückgehen. In den USA spielen die verhältnismäßig niedrigen Energiepreise eine weitaus geringere Rolle. Hier sind vor allem die binnenwirtschaftlichen Güterpreise durch eine hohe Nachfrage bei gleichzeitigen Angebotsengpässen kräftig angestiegen. Die Inflationsrate dürfte in den USA in 2022 rund 8 Prozent und in 2023 etwa 4 Prozent betragen. Zu dem Rückgang der Inflation trägt auch die deutliche Kehrtwende der Geldpolitik in den entwickelten Ländern und vielen Schwellenländern bei.
These 4: Die Zinsen steigen vorerst weiter
Die Finanzmärkte haben schon in den vergangenen Monaten immer wieder mal auf ein langsameres Tempo oder ein Ende der Zinssteigerungen durch die Notenbanken spekuliert und die Bewertungen von Anleihen und Aktien entsprechend steigen lassen. Diese Zwischenrallys haben sich als verfrüht erwiesen. Die Notenbanken werden wohl zwei oder drei weitere Monate mit deutlich rückläufigen Inflationsraten – und zwar auch ohne die Preise für Energie und Lebensmittel – abwarten wollen, ehe sie ein Ende der Zinssteigerungen in Aussicht stellen.
Wann dieser Zeitpunkt gekommen sein wird, ist unsicher. Vorerst ist mit weiteren Zinssteigerungen zu rechnen, auch wenn diese bei schwacher konjunktureller Entwicklung immer kleiner ausfallen sollten. Die Entwicklung der Kapitalmarktrenditen und der Aktienkurse sollte daher in den nächsten Monaten volatil bleiben. Bei den Anleiherenditen ist nach dem deutlichen Rückgang im Oktober und November 2022 im Zuge weiterer Zinssteigerungen der Notenbanken mit leichten Aufwärtstendenzen zu rechnen.
These 5: Anleger haben gute Perspektiven
Die Vermögensmärkte sind nach den Kursrückgängen des Jahres 2022 nicht mehr generell überteuert, und mit der Wiederkehr deutlich positiver Zinsen ergeben sich Anlagealternativen. Der Anlagenotstand vergangener Zeiten, mit dem die Überbewertung praktisch aller Finanzmarktsegmente gemeint war, hat sich weitgehend aufgelöst. Aktien und Beteiligungen bieten als sachwertorientierte Investitionen einen gewissen Inflationsschutz und bieten trotz erhöhter Zinsen eine nennenswerte Risikoprämie gegenüber sicheren Rentenpapieren. Festverzinsliche Wertpapiere sind ihrerseits aus Renditeperspektiven wieder interessanter geworden und sie bieten einen Sicherheitspuffer mit Ertragspotential im Falle schlechterer Wirtschaftsentwicklungen.
Deutliche Veränderungen könnten sich in 2023 auch bei den Devisenkursen ergeben. Der Euro könnte über das Jahr gesehen zumindest leichte Gewinne gegenüber dem US-Dollar erzielen, da die amerikanische Notenbank aufgrund stärker rückläufiger Inflation wohl vor der Europäischen Zentralbank die Zinssteigerungen beenden sollte. Sehr wahrscheinlich ist es auch, dass die Bank von Japan ihren noch immer sehr expansiven Kurs korrigieren und moderat steigende Zinsen in Kauf nehmen wird, nachdem auch in Japan die Inflationsraten recht deutlich und die Inflationserwartungen zumindest moderat gestiegen sind. Die im Jahr 2022 sehr starke Abwertung des Yen gegenüber dem US-Dollar und in abgeschwächter Form auch gegenüber dem Euro dürfte sich damit umkehren.
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