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Wirtschaftlicher Wandel im Reich der Mitte Warum der China-Effekt für europäische Aktien so wichtig ist

Toby Gibb, Investment Director bei Fidelity International in London (Bild: Fidelity International)
Toby Gibb, Investment Director bei Fidelity International in London (Bild: Fidelity International)
Auch wenn sich Europas Aktienmärkte 2015 bereits gut entwickelt haben, ist mit Blick auf 2016 ein gewisser Optimismus nicht unbegründet. Schließlich zählt die alte Welt zu den bewährten Märkten, und Europas Unternehmen dürften auch in diesem Jahr von einigen positiven Faktoren profitieren. Dazu zählen der zuletzt erneut gesunkene Ölpreis, der den Konsum ankurbeln sollte, der niedrige Außenwert des Euro, der den Exportsektor Europas begünstigt genauso wie die günstigen Finanzierungsbedingungen auf Grund der expansiven Geldpolitik der Notenbanken.

Doch es stellt sich die Frage, in welchen Branchen es sich besonders lohnen könnte, nach Anlagechancen zu suchen. Dabei sollte auch China in das Blickfeld der Investoren rücken. Denn das Land hat gemeinsam mit anderen Schwellenländern gerade für die Eurozone deutlich an Bedeutung gewonnen, abzulesen beispielsweise bei den Exporten: Gingen im Jahr 2000 rund 16 Prozent der Exporte in die Emerging Markets, sind es heute 26 Prozent.

Chinas Dienstleistungsbranche wächst trotz Wachstumsabkühlung

Dabei lohnt ein genauer Blick auf China. Das Reich der Mitte ist heute – nach den USA – der zweitgrößte Exportmarkt für europäische Firmen. Oder salopp formuliert: Heute kümmert es Europa sehr wohl, wenn in China der viel zitierte Sack Reis umfällt. Wer also in europäische Unternehmen investiert, kann es sich deshalb nicht leisten, die Entwicklung in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zu ignorieren. Schließlich haben manche Firmen im vergangenen Jahrzehnt erheblich von der wirtschaftlichen Dynamik in China profitiert.

Jedoch stößt das bisherige Wirtschaftsmodell des Landes, das auf kreditfinanzierten Infrastrukturinvestitionen und dem Export beruhte, an seine Grenzen. Aus diesem Grund ist die politische Führung in Peking dabei, die Wirtschaftsstruktur neu auszurichten: auf eine von der Binnennachfrage getriebene Wirtschaft. Mit der Folge, dass die wirtschaftliche Dynamik im Reich der Mitte nachlässt, auch wenn die Wachstumszahlen immer noch deutlich höher sind als die der Industriestaaten.

Wer allerdings genauer analysiert, stellt fest, dass der alleinige Blick auf das Gesamtwachstum täuscht. Denn tatsächlich ist es so, dass sich das Wachstum zwischen den einzelnen Branchen verlagert. Vor allem in der Schwerindustrie und im Rohstoffbereich, zwei Sektoren, die besonders stark von der hohen Wachstumsdynamik Chinas in der vergangenen Dekade profitierten, zeigen sich Bremsspuren. Dafür setzt die Dienstleistungsbranche ihren Wachstumskurs fort. ‚Neue‘ Wirtschaftssektoren wie Gesundheit, Finanzen oder Technologie zum Beispiel weisen derzeit ein sehr viel gesünderes Ertragswachstum auf.



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Neue Favoriten in Europa


Und genau das hat Auswirkungen auf Europas Unternehmenslandschaft. Denn entsprechend werden auch dort die Gewinner von gestern nicht die Gewinner von morgen sein. Von dem auf die Inlandsnachfrage ausgerichteten neuen Wirtschaftsmodell sollten beispielsweise die auf den Konsum- und Servicesektor ausgerichteten Unternehmen aus Europa profitieren. Dazu zählen Firmen aus der IT-Branche, der Werbung oder Konsumgüterhersteller. Das bedeutet, dass beispielsweise der dienstleistungslastigere britische Aktienmarkt gegenüber dem deutschen Markt, wo Industrie und Fahrzeugbau eine größere Rolle spielen, im Vorteil sein dürfte.

Solche Überlegungen gilt es für Anleger anzustellen, die mit Blick auf 2016 in Europas Aktienmärkte investieren. Denn genau darin zeigt sich auch das Risiko, das mit einem Investment in die gängigen Indizes, die die Unternehmen nach Marktkapitalisierung gewichten, verbunden ist. Dort nämlich kommen gerade die Gewinner von gestern auf die größten Anteile.

Aktives Management im Vorteil

Es wird also Unternehmen geben, die von der künftigen Entwicklung Chinas hin zu einem zwar weniger dynamischen, dafür aber qualitativ nachhaltigeren und von der Binnennachfrage getriebenen Wachstum, profitieren werden. Wer diese Gewinner von morgen identifizieren will, der kommt um die Analyse, Einzeltitelselektion und letztlich aktives Management nicht herum. Wer so vorgeht, kann die Verlierer des derzeitigen Modellwechsels in Chinas Wirtschaft meiden oder zumindest geringer gewichten – und gleichzeitig auf die Gewinner dieses neuen Trends setzen.

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