IW-Experte Michael Voigtländer
So riskant ist der deutsche Immobilienmarkt
Michael Voigtländer leitet das Kompetenzfeld Finanzmärkte und Immobilienmärkte beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Foto: Institut der deutschen Wirtschaft
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) beobachtet die Vergabe von Wohnimmobilienkrediten in Deutschland inzwischen sehr kritisch. Was steckt dahinter? Michael Voigtländer und Jonas Zdrzalek vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln haben den Wohnungs- und Häusermarkt untersucht.
Demnach konnte ein durchschnittlicher Haushalt, der im Jahr 2021 einen Immobilienkredit abgeschlossen hat, den Kauf zu einem Zinssatz von 1,21 Prozent tätigen (Abbildung 5). Nach der durchschnittlichen Sollzinsbindung von 14 Jahren und einer durchschnittlichen Tilgung von 3,04 Prozent beträgt die Restschuld am Ende der Zinsbindung 43 Prozent des Kaufpreises. Liegt dann der Zins für die Anschlussfinanzierung unter 2,9 Prozent, so liegt die absolute Kreditbelastung aus Zins und Tilgung bei einer Laufzeit von weiteren 16 Jahren unterhalb des Werts bei Kreditabschluss.
Die Risiken können für die Haushalte als moderat bewertet werden, zumal keine Einkommenssteigerungen berücksichtigt sind. Für die Banken entsteht nur dann ein Risiko, wenn erstens die Kreditbelastung für den Haushalt nicht mehr tragbar ist und zweitens der Verkaufspreis für die Immobilie nicht ausreicht, die Restschuld zu decken. Dies würde nur dann gelten, wenn der Immobilienpreis um mehr als 50 Prozent seit Kreditabschluss gefallen wäre – selbst bei einem Crash am Immobilienmarkt stellt dies derzeit kein realistisches Szenario dar.
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Demnach konnte ein durchschnittlicher Haushalt, der im Jahr 2021 einen Immobilienkredit abgeschlossen hat, den Kauf zu einem Zinssatz von 1,21 Prozent tätigen (Abbildung 5). Nach der durchschnittlichen Sollzinsbindung von 14 Jahren und einer durchschnittlichen Tilgung von 3,04 Prozent beträgt die Restschuld am Ende der Zinsbindung 43 Prozent des Kaufpreises. Liegt dann der Zins für die Anschlussfinanzierung unter 2,9 Prozent, so liegt die absolute Kreditbelastung aus Zins und Tilgung bei einer Laufzeit von weiteren 16 Jahren unterhalb des Werts bei Kreditabschluss.
Die Risiken können für die Haushalte als moderat bewertet werden, zumal keine Einkommenssteigerungen berücksichtigt sind. Für die Banken entsteht nur dann ein Risiko, wenn erstens die Kreditbelastung für den Haushalt nicht mehr tragbar ist und zweitens der Verkaufspreis für die Immobilie nicht ausreicht, die Restschuld zu decken. Dies würde nur dann gelten, wenn der Immobilienpreis um mehr als 50 Prozent seit Kreditabschluss gefallen wäre – selbst bei einem Crash am Immobilienmarkt stellt dies derzeit kein realistisches Szenario dar.
Abbildung 5 zeigt gleichwohl, dass die Risiken zumindest gegenüber dem Jahr 2009 gestiegen sind. Vor allem in den Jahren 2015 bis 2019 war der mögliche Spread zwischen dem Abschlusszins und dem Anschlusszins deutlich größer als zuvor. Insgesamt unterstreicht dies eher, wie attraktiv der Immobilienerwerb gerade in den Jahren vor der Corona-Pandemie war (Sagner/Voigtländer, 2021b). Besonders in dieser Phase kompensierten die Zinssenkungen den Preisanstieg mehr als deutlich. Im Jahr 2021 hat sich der Abstand zwischen dem Abschlusszins und „neutralen“ Anschlusszins wieder deutlich vermindert. Er ist im Vergleich zu 2009 aber immer noch hoch.
Angesichts aktuell steigender Zinsen aufgrund insgesamt ansteigender Inflationsraten und höherer Inflationserwartungen, verstärkt durch den Krieg in der Ukraine, erscheint ein Zinssatz von 2,9 Prozent jedoch nicht in weiter Reichweite zu liegen. Die höhere Inflationsrate dürfte sich zum Teil in höheren Arbeitseinkommen niederschlagen, sodass der Zinseffekt auf die Kreditbelastungsquote geringer ausfällt.
Insgesamt ist zu beachten, dass bei festgeschriebenen Zinsen die Schuldner infolge von Inflation profitieren können. Insofern dürften gestiegene Zinsen infolge inflationärer Tendenzen keine großen Risiken für Anschlussfinanzierungen verursachen. Ein signifikanter Anstieg der realen Zinsen hingegen erscheint weiter unwahrscheinlich, vor allem aufgrund der demografisch bedingten hohen Sparleistung in den Industrieländern (Demary/Voigtländer, 2018).
Ein besonderes Augenmerk legen die Aufsichtsbehörden auf jene Marktteilnehmer, die sehr hohe Beleihungsausläufe haben. Sowohl auf Basis der Daten von Europace als auch von vdp liegt der Anteil der Haushalte mit einer Fremdkapitalquote von mehr als 100 Prozent bei fast einem Fünftel. Daher wurde für diese Haushalte zusätzlich bestimmt, welche Risiken in der Anschlussfinanzierung bestehen.
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