IW-Experte Michael Voigtländer
So riskant ist der deutsche Immobilienmarkt
Michael Voigtländer leitet das Kompetenzfeld Finanzmärkte und Immobilienmärkte beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Foto: Institut der deutschen Wirtschaft
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) beobachtet die Vergabe von Wohnimmobilienkrediten in Deutschland inzwischen sehr kritisch. Was steckt dahinter? Michael Voigtländer und Jonas Zdrzalek vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln haben den Wohnungs- und Häusermarkt untersucht.
Spätestens seit der globalen Finanzmarktkrise sind die Öffentlichkeit, aber vor allem Zentralbanken und Aufsichtsbehörden für die besondere Bedeutung der Immobilienfinanzierung für die Finanzstabilität sensibilisiert. Der US-Immobilienmarkt erlebte seit Mitte der 1990er Jahre einen Boom, der auf niedrigen Zinsen, einem starken Arbeitsmarkt und starker Zuwanderung basierte. US-Banken vergaben bereitwillig Kredite an Haushalte mit geringer Bonität, da sie die daraus entstehenden Forderungen am Kapitalmarkt über Verbriefungen, sogenannte Mortgage- backed Securities, weiterverkaufen konnten.
Als Mitte der 2000er Jahre die US-Notenbank aufgrund zunehmender Inflationssorgen die Leitzinsen...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Spätestens seit der globalen Finanzmarktkrise sind die Öffentlichkeit, aber vor allem Zentralbanken und Aufsichtsbehörden für die besondere Bedeutung der Immobilienfinanzierung für die Finanzstabilität sensibilisiert. Der US-Immobilienmarkt erlebte seit Mitte der 1990er Jahre einen Boom, der auf niedrigen Zinsen, einem starken Arbeitsmarkt und starker Zuwanderung basierte. US-Banken vergaben bereitwillig Kredite an Haushalte mit geringer Bonität, da sie die daraus entstehenden Forderungen am Kapitalmarkt über Verbriefungen, sogenannte Mortgage- backed Securities, weiterverkaufen konnten.
Als Mitte der 2000er Jahre die US-Notenbank aufgrund zunehmender Inflationssorgen die Leitzinsen erhöhte, stiegen bei vielen Haushalten die Kreditbelastungen so stark an, dass sie in Zahlungsverzug gerieten (Kiff/Mills, 2007). Daraus resultierten Zwangsverkäufe, die einerseits zu einem plötzlichen Anstieg des Angebots am Immobilienmarkt, andererseits zu größeren Unsicherheiten am Wohnungsmarkt führten.
Dies setzte einen Einbruch der Immobilienpreise in Gang, der aufgrund der notwendigen Abschreibungen auch viele Banken in Insolvenzgefahr brachte, was schließlich eine Kettenreaktion im internationalen Bankensystem verursachte (Akerlof/Shiller, 2010).
Die damalige Lage in den USA erinnert derzeit Beobachter an die Lage hierzulande. So sind auch in Deutschland die Immobilienpreise über einen längeren Zeitraum stark gestiegen. Dafür können ebenfalls ein expandierender Arbeitsmarkt, die Zuwanderung und eine starke Reduktion der Zinsen als Gründe genannt werden. Gleichwohl gibt es wichtige Unterschiede in der Immobilienfinanzierung. Ein Verkauf der Kredite am Kapitalmarkt über Verbriefungen ist in Deutschland unüblich, die Kredite bleiben vielmehr in den Bilanzen der Banken. Außerdem sind variable Darlehen, wie sie vor allem an die Kunden mit niedriger Bonität (Subprime-Kunden) in den USA vergeben wurden (Mian/Sufi, 2010), in Deutschland unüblich.
Einen plötzlichen Anstieg der Kreditbelastungen kann es in Deutschland nur nach dem Ende der Zinsbindungsfristen geben und damit nicht auf breiter Front wie in den USA. Generell gilt das deutsche Immobilienfinanzierungssystem als deutlich resilienter (Voigtländer, 2014).
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