IW-Experte Michael Voigtländer
So riskant ist der deutsche Immobilienmarkt
Michael Voigtländer leitet das Kompetenzfeld Finanzmärkte und Immobilienmärkte beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Foto: Institut der deutschen Wirtschaft
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) beobachtet die Vergabe von Wohnimmobilienkrediten in Deutschland inzwischen sehr kritisch. Was steckt dahinter? Michael Voigtländer und Jonas Zdrzalek vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln haben den Wohnungs- und Häusermarkt untersucht.
Entscheidend ist daher die Erhöhung der Kreditbelastungsquote. Sie steigt an, wenn nach auslaufender Zinsbindung die anschließende Zinshöhe so stark ansteigt, dass die zu zahlende Rate trotz geringerer Restschuld (aufgrund geleisteter Tilgungen) höher ist. Zudem muss die Restschuld oberhalb des Immobilienwerts liegen – ansonsten könnte die Bank die Verbindlichkeiten durch den Verkauf der Immobilie decken. Diese Überlegungen geben die weiteren Analyseschritte vor:
In einem ersten Schritt wird die Entwicklung der Kreditvergabe allgemein und vor allem im Verhältnis zu den Zinsen und Immobilienpreisen analysiert.
In einem zweiten Schritt werden die Kreditprodukte genauer betrachtet,...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Entscheidend ist daher die Erhöhung der Kreditbelastungsquote. Sie steigt an, wenn nach auslaufender Zinsbindung die anschließende Zinshöhe so stark ansteigt, dass die zu zahlende Rate trotz geringerer Restschuld (aufgrund geleisteter Tilgungen) höher ist. Zudem muss die Restschuld oberhalb des Immobilienwerts liegen – ansonsten könnte die Bank die Verbindlichkeiten durch den Verkauf der Immobilie decken. Diese Überlegungen geben die weiteren Analyseschritte vor:
- In einem ersten Schritt wird die Entwicklung der Kreditvergabe allgemein und vor allem im Verhältnis zu den Zinsen und Immobilienpreisen analysiert.
- In einem zweiten Schritt werden die Kreditprodukte genauer betrachtet, also die Entwicklung der Fremdkapitalquoten, der Anfangstilgungen, der Zinsbindungsfristen und deren Kombination.
Entwicklung des Kreditvolumens in Deutschland
Ein starker Anstieg des Kreditvolumens für Wohnungskäufe kann ein Indikator für spekulative Tendenzen am Wohnungsmarkt sein. Dies kann sowohl auf Veränderungen im Anlageverhalten als auch auf eine zu laxe Kreditvergabe hinweisen. Allerdings ist ein Anstieg des Kreditvolumens an sich kein ausreichender Indikator. Steigen die Immobilienpreise, dann ist eine Zunahme des Kreditvolumens nachvollziehbar, weil sich ebenfalls der Wert der Sicherheiten erhöht.
Auch bei niedrigeren Zinsen ist ein Anstieg plausibel, da die Kreditaufnahme günstiger wird. Das gilt auch bei steigenden Einkommen, denn die Haushalte gewinnen zusätzlichen Spielraum für die Aufnahme und Bedienung des Kredits. Für eine erste Einordnung zeigt Abbildung 1 die Entwicklung der realen Hauspreise, die Entwicklung der langfristigen Zinsen (Rendite für langfristige Staatspapiere) und das Verhältnis des Kreditvolumens zum nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Prozent.
Demnach fallen die langfristigen Zinsen kontinuierlich seit Anfang der 1990er Jahre. Die Hauspreise gingen zunächst seit Mitte der 1990er Jahre zurück. Nach der Wiedervereinigung kam es zu einem Überschießen der Immobilienpreise aufgrund zu optimistischer Erwartungen. Zudem wurden weit über den Bedarf hinaus neue Wohnungen gebaut, allein 1994 waren es über 600.000. In der Folge dieses Überangebots kam es über einen längeren Zeitraum zu realen Hauspreissenkungen.
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