IW-Experte Michael Voigtländer
So riskant ist der deutsche Immobilienmarkt
Michael Voigtländer leitet das Kompetenzfeld Finanzmärkte und Immobilienmärkte beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Foto: Institut der deutschen Wirtschaft
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) beobachtet die Vergabe von Wohnimmobilienkrediten in Deutschland inzwischen sehr kritisch. Was steckt dahinter? Michael Voigtländer und Jonas Zdrzalek vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln haben den Wohnungs- und Häusermarkt untersucht.
Interessant ist vor allem die Entwicklung des Verhältnisses von Kreditvolumen zum BIP. Nach der Wiedervereinigung gab es ein schnelles Wachstum des Kreditvolumens, wodurch die Relation zum BIP deutlich gestiegen ist. Anfang der 2000er Jahre kam es zu einem sehr schwachen Wirtschaftswachstum, was ebenfalls zu einer steigenden Relation beigetragen hat. Ab Mitte der 2000er Jahre geht die Relation zurück und diese Entwicklung setzt sich trotz der nach der Finanzmarktkrise wieder anziehenden Hauspreise bis Mitte der 2010er Jahre fort. Dies ist insofern bemerkenswert, als mit den steigenden Hauspreisen höhere Kreditvolumina einhergehen.
Die Daten zu den Tilgungen zeigen, dass die niedrigeren...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
Da diese Artikel nur für Profis gedacht sind, bitten wir Sie, sich einmalig anzumelden und einige berufliche Angaben zu machen. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Interessant ist vor allem die Entwicklung des Verhältnisses von Kreditvolumen zum BIP. Nach der Wiedervereinigung gab es ein schnelles Wachstum des Kreditvolumens, wodurch die Relation zum BIP deutlich gestiegen ist. Anfang der 2000er Jahre kam es zu einem sehr schwachen Wirtschaftswachstum, was ebenfalls zu einer steigenden Relation beigetragen hat. Ab Mitte der 2000er Jahre geht die Relation zurück und diese Entwicklung setzt sich trotz der nach der Finanzmarktkrise wieder anziehenden Hauspreise bis Mitte der 2010er Jahre fort. Dies ist insofern bemerkenswert, als mit den steigenden Hauspreisen höhere Kreditvolumina einhergehen.
Die Daten zu den Tilgungen zeigen, dass die niedrigeren Zinsen vor allem für höhere Tilgungssätze genutzt wurden, sodass die Kreditvolumina weniger stark gewachsen sind. Erst ab dem Jahr 2018 steigt die Relation wieder, wobei der Sprung im Krisenjahr 2020 vor allem auf den starken Einbruch des BIP zurückzuführen ist.
Die Entwicklung des Kreditvolumens hat sich in dieser Zeit lediglich fortgesetzt. Die Corona-Pandemie hat besonders die personennahen Dienstleistungsbranchen und die Industrie getroffen, der Wohnungsmarkt war von den Einbrüchen nicht betroffen. Damit kann der Anstieg der Relation im Jahr 2020 nur eingeschränkt beurteilt werden. Zudem ist die Relation schnell gesunken, als sich das BIP nach dem ersten Lockdown wieder erholte.
Panel-Schätzung zur Erklärung des Kreditvolumens
Aufgrund des Schocks der Corona-Pandemie auf das BIP lässt sich das empirische Modell, das von Bendel und Voigtländer (2016) genutzt wurde, nicht erneut anwenden, da der sprunghafte Anstieg der Kreditvolumen-BIP-Relation die Ergebnisse verzerrt. Im Jahr 2016 konnte das Modell zeigen, dass die Kreditvergabe in Deutschland unterproportional zur Entwicklung der Zinsen und Immobilienpreise verlief. Im Gegensatz zu der bisherigen Methode wird die Entwicklung im vorliegenden Beitrag international eingeordnet.
Hierzu wurde ein Panel-Modell mit 13 westeuropäischen Ländern geschätzt, die grundsätzlich mit Deutschland vergleichbar sind. Als zu erklärende Variable wurde die Relation aus Kreditvolumen und BIP gewählt sowie als unabhängige Variablen der Index der Hauspreise und der reale langfristige Zins. Daten zum Kreditvolumen für Wohnungskäufe stammen von der Europäischen Zentralbank (EZB), alle anderen Daten von der OECD. Zusätzlich wurden „time-fixed effects“ und „country-fixed effects“ berücksichtigt. Betrachtet wurde der Zeitraum erstes Quartal 2003 bis drittes Quartal 2021. Alle Variablen sind hochsignifikant auf dem Ein-Prozent-Niveau.
Über die Autoren