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„Langer Rechtsstreit droht“ Wohnungsgesellschaften verstaatlichen – das sagen Experten

Anhänger der Initiative Deutsche Wohnen enteignen demonstrieren in Berlin
Anhänger der Initiative Deutsche Wohnen enteignen demonstrieren in Berlin: Am vergangenen Sonntag hat sich eine Mehrheit der Stadtbewohner für eine Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen ausgesprochen. | Foto: imago images / Stefan Zeitz

In Berlin hat eine Mehrheit an Stimmberechtigten entschieden: Die Wohnungen aus dem Portfolio großer Wohnungsgesellschaften sollen in den Allgemeinbesitz übergehen. Die Abstimmung fand am vergangenen Sonntag statt, parallel zur Wahl des neuen Bundestags. Das Ergebnis fiel deutlich aus: 57 Prozent der Berlinerinnen und Berliner befürworten eine Verstaatlichung, 39 Prozent sind dagegen.

Den Volksentscheid angestoßen hatte eine Initiative namens „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“. Wenn Wohnungen vergesellschaftet werden, würden auch die Mieten sinken, verspricht man sich dort von dem Vorhaben. Der Mietmarkt in der deutschen Hauptstadt ist seit Längerem Gegenstand erbitterter Diskussionen. Dort haben die Wohnungsmieten, die in den vergangenen Jahren deutschlandweit deutlich angezogen haben, besonders stark zugelegt. Der Berliner Senat wollte zwischenzeitlich die Kosten per Mietobergrenze beziehungsweise einem Mietenstopp deckeln. Das Gesetz war in diesem Frühjahr allerdings vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden.

Das jetzt gefällte Bürgervotum zur Verstaatlichung von Wohnungen soll große Immobilienkonzerne erfassen, die in der Hauptstadt mehr als 3.000 Wohnungen besitzen. Eine Ausnahme soll es für Genossenschaften geben. Laut Informationen des „Spiegel“ beträfe die Maßnahme mehr als 220.000 der rund 1,5 Millionen Berliner Mietwohnungen.

Die Initiatoren des Volksentscheids wünschen sich: Statt im Besitz großer Immobiliengesellschaften zu sein – dem Unternehmen Deutsche Wohnen etwa gehören rund 110.000 Berliner Mietwohnunen – sollen die Wohnungen in einer Anstalt öffentlichen Rechts gebündelt werden. Darin sollten neben dem Berliner Senat auch Mieterorganisationen mitbestimmen können. Eine spätere Reprivatisierung einmal vergesellschafteter Wohnungen soll ausgeschlossen sein.

Allerdings ist der Volksentscheid für die Politik rechtlich nicht bindend. Der Senat ist lediglich aufgefordert, sich mit dem Votum auseinanderzusetzen. Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ hat im Mai in einem selbst entworfenen Gesetzesvorschlag skizziert, wie man sich die Umsetzung vorstellt.               

Gegen den Volksentscheid regt sich seit Sonntag einiger Widerstand, nicht nur in Berlin. Verschiedentlich haben Experten bereits angezweifelt, ob eine Verstaatlichung von Wohnung mit deutschem Recht vereinbar sein. Hier kommen die Einschätzungen von Immobilienexperten.

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„Jahrelange Rechtsstreitigkeiten drohen“

Esfandiar Khorrami, Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei Bottermann Khorrami:

„Eine Vergesellschaftung nach dem Grundgesetz ist erst denkbar, wenn alle anderen Instrumente zur Entspannung der Mietwohnungsmärkte in Berlin erschöpft sind. Dazu zählt etwa der noch ausbaufähige Neubau. Zudem ist die Grenze der zu enteignenden Gesellschaften recht willkürlich gezogen. Weil kaum jemand die Wohlfahrtsorganisationen der Religionsgemeinschaften oder größere Genossenschaften enteignen will, zielt die von der Linken unterstütze Initiative auf die Bestrafung schlechter Vermieter.

Es gibt in Deutschland allerdings kein Gericht, das Eigentum derart geringschätzen würde, wie sich das die Initiatoren des Volksentscheides wünschen. Anders als beispielsweise beim Mietendeckel würde im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes zudem die Eigentümerseite von den Gerichten geschützt werden. Falls sich überhaupt eine Parlamentsmehrheit für ein Gesetz finden lässt, würde dieses in jahrelange Rechtsstreitigkeiten münden.“