Kfz-Versicherungen Auch Württembergische und Itzehoer fahren Kfz-Geschäft zurück
Viele Kunden von Kfz-Versicherungen müssen im kommenden Jahr mit teilweise deutlich steigenden Prämien rechnen: „Kunden mit eigenem Haus und Auto sind im kommenden Jahreswechselgeschäft wohl die Personengruppe, die die gravierendsten Beitragserhöhungen zu erwarten hat“, erwartet Stephan von Heymann laut einem aktuellen Beitrag im Online-Netzwerk LinkedIn. Er begann seine Karriere in der Assekuranz als Auszubildender bei der Ergo in Bremen und war mehrere Jahre lang als selbstständiger Versicherungsvermittler in Leipzig tätig. Vor zehn Jahren wechselte er als Angestellter zu einem Maklerpool nach Berlin.
Hauptursachen für steigende Beiträge
Betroffen seien „insbesondere Familien mit Eigenheim im ländlichen Raum, die auf mehrere Fahrzeuge angewiesen sind“, schreibt der Branchenexperte für gewerbliche und private Kompositversicherungen weiter. „Bei der Kfz-Versicherung vermute ich derzeit Erhöhungen um etwa 20 Prozent plus X“. Als eine der Hauptursachen hierfür nennt er erstens die Inflation: „Die allgemeine Teuerung führt zu höheren Reparaturkosten für Fahrzeuge.“ Zweitens führt er Naturschäden an, die auch bei Fahrzeugen zu mehr Schäden führen. Als dritten und vierten Punkt erwähnt er auch, dass Lieferschwierigkeiten bei Ersatzteilen und der Mangel an Handwerkern die Reparaturkosten in die Höhe treiben.
Versicherer stellen Kfz-Geschäft auf den Prüfstand
„Doch die enormen Herausforderungen in der Kfz-Versicherung sind flächendeckend und betreffen somit nahezu alle renommierten Kraftfahrzugversicherer, wie das Magazin DAS INVESTMENT bereits im April ausführlich erläuterte“, schreibt er weiter. „Was das Jahreswechselgeschäft angeht, kann ich nur jedem Vermittler raten, rechtzeitig die nötigen Kundendaten abzufragen, um im Falle einer nötigen Vertragsumdeckung schnell reagieren zu können. Dies gilt meines Erachtens insbesondere für die Autoversicherung.“
Itzehoer beendet spezielle Tesla-Versicherung
Aktuell hat beispielsweise die Itzehoer bekannt gegeben, dass sie ihre spezielle Versicherung für Tesla-Fahrzeuge auslaufen lässt. „Zum 1. Juli haben wir das Neu- und Ersatzgeschäft über dieses Sonderkonzept mit der Firma Emover24 eingestellt“, bestätigt Frank Thomsen entsprechende Medienberichte auf Anfrage von DAS INVESTMENT. „Die bestehenden Verträge, zu deren Anzahl wir keine Angabe tätigen werden, haben alle eine Hauptfälligkeit zum 1. Januar 2025. Die Verträge bleiben bis dahin im vereinbarten Deckungsumfang versichert“, so das für Vertrieb und Marketing zuständige Vorstandsmitglied.
Vertriebspartner wurden frühzeitig informiert
„Wir haben den Vertriebspartner frühzeitig darüber informiert, dass wir im Jahr 2025 die Verträge in diesem Konzept nicht fortführen werden“, führt Thomsen weiter aus. Die Verträge sollen demnach nicht von der Itzehoer gekündigt, sondern von dem Versicherungsvermittler bei einem anderen Versicherer eingedeckt werden. „Eine Möglichkeit, die dem Vertriebspartner auch offen steht, ist diese Fahrzeuge bei uns im aktuellen Privatkundentarif oder – für Gewerbetreibende – in unserem Kleinflottentarif zu versichern.“ Diese weitere Option bestehe bis zum Jahreswechsel.
„Modell seit Längerem nicht mehr rentabel“
Grund für das jetzige Ende des Konzeptes sei, dass es sich um ein sogenanntes Stückbeitragsmodell handelt. „Das Modell ist seit Längerem nicht mehr rentabel“, erklärt Thomsen. „Der Ansatz der Stückbeiträge führt aufgrund der sehr ausdifferenzierten Tariflandschaft im deutschen Kfz-Versicherungsmarkt zu einer zunehmenden Antiselektion, die die Ergebnisse stark belastet.“ Es ändere sich aber nichts an der generellen Kfz-Tarifstrategie: „Selbstverständlich bleiben wir verlässlicher Partner sowohl für Maklerpools, Verbünde als auch alle direkt angebundenen Makler.“
Itzehoer versichert auch weiterhin Teslas
Man versichere demnach auch weiterhin Teslas – sowohl als Itzehoer als auch unter der Marke Admiraldirekt. Diese Tochtergesellschaft soll seit 17 Jahren günstige Versicherungen mit persönlichem Service im Direktvertrieb anbieten. „Die Fahrzeuge sind ganz normal rechen- und abschließbar über die Tariflinien der Marken für Privatkunden und den Kleinflottentarif der Marke Itzehoer“, erklärt der Vertriebsvorstand. „Hier erfolgt die Risikobewertung dann allerdings gemäß diverser Tarifmerkmale wie Typklasse, SF-Klasse, Fahrleistung, Fahrerkreis und so weiter.“
Kfz-Versicherung wieder der stärkste Treiber
Die Kfz-Versicherung war im vorigen Geschäftsjahr nach Firmenangaben „wieder einmal der stärkste Treiber“: Die Zahl der versicherten Fahrzeuge legte 2023 um 11,4 Prozent auf knapp 1,3 Millionen zu. In dieser Sparte wuchsen daher auch die Beiträge – um 12,3 Prozent auf 492,7 Millionen Euro. Die „Kehrseite des Rekordwachstums“ war demnach allerdings stark gestiegene Schadenaufwendungen. „Von der defizitären Situation im Gesamtmarkt konnten wir uns nicht abkoppeln“, berichtet Itzehoer-Vorstandschef Uwe Ludka. Im vorigen Jahr sei das Kfz-Beitragsniveau, insbesondere inflationsbedingt, marktübergreifend nicht auskömmlich gewesen. Die Kfz-Versicherer hätten dadurch flächendeckend finanzielle Verluste erlitten.
Schnelles Wachstum – höhere Schadenquote
Laut einer Statistik des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hatten die Anbieter 2023 im Kfz-Geschäft einen durchschnittlichen Verlust von 11 Prozent des gebuchten Beitrags zu verkraften. „Im Fall der Itzehoer kam hinzu, dass schnelles Wachstum erfahrungsgemäß oft mit einer höheren Schadenquote einhergeht.“ Die Itzehoer habe darauf mit zunächst moderaten Beitragsanpassungen reagiert. „Wir konnten uns das erlauben, weil wir in der Corona-Pandemie zuvor einen umgekehrten Effekt in Form niedriger Schadenaufwendungen gehabt hatten.“ Schwankungsrückstellungen, die damals in der Bilanz aufgebaut wurden, haben die Itzehoer nun durch die Entnahme von 43,9 Millionen Euro wieder zurückgeführt.
Je Beitrags-Euro 12,5 Cent Verlust
„Auf diesem Weg haben wir den Mehrertrag an unsere Mitglieder und Kundschaft zurückgegeben“, erklärt Ludka. Doch noch immer sei das kostendeckende Niveau nicht erreicht. „Eine Situation wie im Jahr 2023, in dem wir in der Kfz-Sparte je Beitrags-Euro 12,5 Cent verloren haben, macht für uns weitere Beitragsanpassungen im laufenden Jahr unumgänglich“, kündigt er an. Der Vorstandsvorsitzende befürchtet außerdem: „Trotz dieser Gegenmaßnahmen werden wir in der Kfz-Versicherung auch 2024 vor Schwankungsrückstellungen noch einen versicherungstechnischen Verlust auszuweisen haben.“ Doch bereits im kommenden Jahr werde man in die Gewinnzone zurückkehren, kündigt Ludka an.
Hallo, Herr Kaiser!
Kfz-Versicherer seit Monaten auf Crashkurs
Die aktuellen Berichte über gekündigte Kfz-Policen bei dem nach eigenen Angaben größten Versicherer in Schleswig-Holstein können viele seiner Vermittler hierzulande kaum noch überraschen. Bereits vor rund einem Vierteljahr warnte der GDV, dass sich das Defizit der Branche vergangenes Jahr auf 2,5 Milliarden Euro summiert habe. Als Haupttreiber erkennt auch der Berliner Branchenverband gestiegene Unfallzahlen und die Schadeninflation durch drastisch gestiegene Reparatur- und Ersatzteilpreise. Doch erst jetzt wird klar, wie sehr einzelne Gesellschaften von der Negativentwicklung betroffen sind und mit welchen Maßnahmen sie gegenlenken wollen.
Rhion beendet Zusammenarbeit mit Dema
Ein weiteres Beispiel ist die Rhion Versicherung aus der Rheinland-Versicherungsgruppe gehört. Bei ihr stiegen die Bruttoaufwendungen für Versicherungsfälle im vergangenen Jahr von 50,6 auf 73 Millionen Euro. Dabei wurde erneut ein versicherungstechnischer Verlust eingefahren. Nun reagierte der Versicherer aus Neuss und bereinigt seinen Bestand: Man habe sich „partnerschaftlich“ darüber verständigt, die Zusammenarbeit mit der Dema Deutsche Versicherungsmakler, einer Tochter des Finanzdienstleisters Telis, im Kfz-Bereich einzustellen, bestätigte ein Sprecher auf Nachfrage von DAS INVESTMENT entsprechende Medienberichte.
Versicherer will weiter Kfz-Neugeschäft zeichnen
Laut Versicherungsjournal sollen alle durch den Maklerpool vermittelten Kfz-Policen der Rhion spätestens zum 1. Januar enden. Maßgeblicher Grund sei die fortschreitend schlechte Marktlage und Schadenquote. Die betroffenen Versicherungsverträge können ab sofort umgedeckt werden. In allen anderen Fällen enden sie zum Jahreswechsel beziehungsweise laufen zur Hauptfälligkeit aus. Bei Sachversicherungen hat sich hierzulande eingebürgert, diesen Stichtag ab dem zweiten Versicherungsjahr jeweils auf den 1. Januar zu legen. Der Maklerversicherer will weiter Kfz-Neugeschäft zeichnen und beabsichtigt nicht, weitere Teilbestände abzugeben.
HDI stellt Vertrieb über Maklerpools ein
Wie in der vorigen Woche berichtet, können Versicherungsvermittler ab sofort private Kompositversicherungen des HDI nicht mehr über ihren Maklerpool einreichen. Das geht aus einem offiziellen Schreiben der Tochtergesellschaft des Hannoveraner Branchenriesen Talanx hervor, das der Redaktion von DAS INVESTMENT vorliegt. „Die Lage am Versicherungsmarkt für Privatkunden ist aktuell insbesondere durch die Verluste in der Kfz-Versicherung, aber auch im privaten Sachversicherungsgeschäft schwierig“, heißt es darin zur Begründung.
Viele Kommentare in Facebook-Gruppen
In den zwei größten Facebook-Gruppen „Versicherungsvermittler Deutschland“ und „Versicherungsmaklerforum Deutschland“ von Betreiber Andreas Lohrenz reagierten die Mitglieder mehrheitlich gelassen und zeigten teilweise Verständnis für die Maßnahmen der HDI. Manche klagten aber über hohen Zusatzaufwand ohne entsprechenden Ertrag, der demnächst droht. Denn die von den HDI-Schreiben verunsicherten Kunden dürften um klärende Gespräche bitten. Ihre Verträge müssten dann gegebenenfalls umgedeckt werden.
50 Prozent mehr beim HDI in der Kfz-Sparte
Die HDI hat bei einigen ihrer Bestandskunden die Preise in der Kfz-Versicherung um bis zu 50 Prozent erhöht. Gegenüber DAS INVESTMENT berichtet ein Versicherungsvermittler beispielsweise aktuell, dass der Betrag der HDI-Vollkaskoversicherung für den Skoda Fabian einer Kundin jetzt von 592,07 auf 1.174,14 pro Jahr steigt. Das Unternehmen aus Hannover bestätigt signifikante Erhöhungen, ohne Zahlen zu nennen. Ob das Motiv hinter den Anpassungen auch ist, das Kündigungsverhalten der Kunden zu testen, bleibt unklar.
„Verrückt, was im Moment im Markt los ist“
„Es ist verrückt, was im Moment im Markt los ist“, kommentiert ein Mitglied der Facebook-Gruppe „Versicherungsvermittler Deutschland“. „Erst die Janitos, die alle Kfz herauswirft, dann die Rhion, jetzt HDI, dann Axa in ihrem MFH-Konzept. Wo soll das noch hinführen?“ Er berichtet in dem sozialen Netzwerk weiter, die Axa habe alle über ihn vermittelten Wohnungseigentümer-und-Hausverwalter-Verträge gekündigt – auch komplett schadenfreie Policen. Diese seien jeweils direkt über ihn – also ohne Maklerpool – abgeschlossen worden.
Kfz-Policen im Maklervertrieb ausgebremst
Auch in der privaten Facebook-Gruppe „Der Versicherungsmakler“ teilt ein Mitglied mit seinen Berufskollegen aktuell eine „Info für alle, die Kfz machen“. Darin heißt es: „Wie ich gerade erfahren habe, hat die Württembergische die Familienfahrer-Police für den Maklermarkt eingestellt (wohl ohne jegliche Information per Newsletter oder auf anderem Wege).“ Erfahren habe er davon nur deshalb, weil die Tochter einer Kundin 18 Jahre alt geworden ist und er den Vertrag deshalb „gebraucht“ hätte.
Familienfahrer-Police für Fahranfänger
Der Versicherer aus der Wüstenrot & Württembergische-Gruppe mit Hauptsitz im baden-württembergischen Kornwestheim bietet seit fünf Jahren an, dass Kunden mit der Familienfahrer-Police alle Autos der Familie bis zum dritten Verwandtschaftsgrad fahren dürfen. Um die Versicherung abschließen zu können, muss zudem mindestens eines der benutzten Fahrzeuge bei der Württembergischen versichert sein. Alle anderen Autos können hingegen auch bei Mitbewerbern versichert sein.
Versicherer stellt sich bei Maklern ins Abseits
Das Angebot richtet sich insbesondere an Fahranfänger, die hiermit einen eigenen Schadenfreiheitsrabatt bis zur SF-Klasse 10 aufbauen können – ohne ein eigenes Auto versichert zu haben. Dieser Bonus wird berücksichtigt, sobald das erste eigene Auto bei der Württembergischen versichert wird. „Über die Ausschließlichkeit ist das Produkt weiter abschließbar“, ärgert sich der ausgebremste Facebook-Nutzer. Sein kritischer Kommentar: „Noch ein Versicherer, der sich mit solchen Aktionen bei uns Maklern ins Abseits stellen dürfte…“ Die Württembergische erklärte auf Anfrage von DAS INVESTMENT, dass man sich „aus wettbewerblichen Gründen zu dem Thema nicht äußern“ wolle.