Zeit für ein Geschenk Warum Krisen ein guter Zeitpunkt sind, Vermögen zu übertragen
Auch wenn steuerliche Motive dominieren, was insbesondere bei vermögenden Personen der Fall ist, so gibt es weitere gute Gründe, Vermögen zu Lebzeiten zu übertragen. Die niedrigen Bewertungen von Sachwerten und Unternehmensanteilen lassen sich auch für erbrechtliche Ziele nutzen. Vermögensinhaber können durch Schenkungen Teile des Vermögens nach ihren Vorstellungen innerhalb der Familie verteilen. Dadurch verringern sie die Gefahr von vermögensgefährdenden Auseinandersetzungen nach dem Tod des Schenkers.
In vielen Familien gibt es „schwarze Schafe“, die möglichst wenig vom Erbe erhalten sollen. Nun räumt der Gesetzgeber jedem Kind nicht nur einen Pflichtteil, sondern auch einen Pflichtteilsergänzungsanspruch ein. Die Folge: Auch wenn ungeliebte Kinder von Schenkungen ausgeschlossen werden, partizipieren sie an allen Schenkungen innerhalb von zehn Jahren vor dem Tod des Erblassers. Sofern eine Schenkung mehr als zehn Jahre vor dem Ableben erfolgt ist, wird sie beim Pflichtteilsrecht nicht mehr berücksichtigt.
Aber Achtung: Schenkungen an den Ehegatten sowie Schenkungen unter Nießbrauchvorbehalt werden stets einberechnet, unabhängig vom Zeitpunkt der Schenkung. Der Ausgleichsanspruch bemisst sich am Wert des Geschenks zum Zeitpunkt der Schenkung. Spätere Wertanstiege bleiben außen vor. Mit Schenkungen in Krisenzeiten können Vermögensinhaber die aktuell niedrige Bewertung nutzen und den Ausgleichsanspruch von „schwarzen Schafen“ deutlich verringern.
Grundsätzlich gilt: Der Schenker sollte nur solches Vermögen verschenken, das er für seine eigene auskömmliche Lebensführung mit Sicherheit nicht benötigt. Deshalb ist das selbstgenutzte Familienheim für Vermögensübertragungen in der Regel tabu. Auch wenn die Rahmenbedingungen sehr verlockend sind, ist vorschnelles Handeln fehl am Platz. Unentgeltliche Vermögensübertragungen erfordern eine gründliche Prüfung und Planung.
Schenker sollten fachlichen Rat einholen, um alle Möglichkeiten auszuschöpfen und rechtliche Fallstricke zu umgehen. Ein sorgfältig ausgearbeiteter Schenkungsvertrag bewahrt vor bösen Überraschungen und sichert die Interessen des Gebers weit über die Schenkung hinaus.
Über den Autor:
Andreas Otto Kühne ist Gründer und Partner der Kanzlei BKL Fischer Kühne + Partner und Fachanwalt für Erbrecht.