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„Wenn die Banken krachen, hören die Zinserhöhungen auf“

Sie stiegen, stiegen und stiegen: Im vergangenen Jahr erhöhten Notenbanken weltweit die Leitzinsen ein ums andere Mal in der Hoffnung, die in Folge der Energiekrise angefachte Inflation wieder abzuwürgen. Bislang mit überschaubarem Erfolg. Die Inflationsrate liegt in Deutschland derzeit bei 7,4 Prozent, in den USA bei 6 Prozent. Das ist zwar ein leichter Rückgang zum Herbst 2022, liegt aber immer noch weit über den angepeilten 2 Prozent.
Zugleich zeigen sich zunehmend die Schattenseiten der unerwartet schnellen und starken Zinserhöhungen. Ein Beispiel ist die untergegangene Silicon Valley Bank, die das Geld ihrer Kunden in vermeintlich sichere Anleihen mit niedrigen Zinsen und langen Laufzeiten steckte – und diese verlustbringend verkaufen musste, als die Kunden im großen Stil an ihr Geld wollten. Der Zinsschock wird für immer mehr Finanzinstitute zur Belastung, auch wenn die Branche insgesamt in einer viel besseren Position ist als 2008.
Die Notenbanken stehen vor einer schwierigen Entscheidung: Sollen sie weiter aufs Gaspedal drücken, um die Inflation einzudämmen? Einen kurzen Moment durchatmen und das Niveau halten? Oder die Zinsen gar wieder senken, um Druck herauszunehmen?
Jens Ehrhardt sieht Ende der Zinserhöhungen
Jens Ehrhardt, Gründer und Vorstandsvorsitzender von DJE Kapital, hat jahrzehntelange Erfahrung an den Kapitalmärkten. Er glaubt, dass die Ära der rapiden Zinserhöhungen vorbei ist. „Ich glaube, dass es keine weitere Zinserhöhung mehr geben wird. Die Geschichte zeigt: Wenn es bei den Banken kracht, hören die Notenbanken mit den Zinserhöhungen auf“, sagt der 81-jährige Fonds-Manager im Gespräch mit dem Handelsblatt. Und er fährt fort: „Außerdem beginnt die Inflation zu fallen. Und auch der Arbeitsmarkt in den USA beruhigt sich und ist nicht mehr so angespannt.“
Die Entwicklungen am Arbeitsmarkt sind neben der Inflation einige der wichtigsten Kennziffern, die darüber entscheiden, ob die US-Notenbank Federal Reserve den Leitzins weiter anhebt oder nicht. Die aktuellen Inflationsdaten werden am 12. April 2023 veröffentlicht.
Powell plant weitere Zinserhöhung
Jerome Powell hält sich derzeit noch alle Optionen offen. Der Vorsitzende der US-Notenbank warnte Anfang März davor, dass die Zinssätze wahrscheinlich höher ausfallen könnten. "Die jüngsten Wirtschaftsdaten sind besser ausgefallen als erwartet, was darauf hindeutet, dass das endgültige Zinsniveau wahrscheinlich höher ausfallen wird als bisher angenommen", sagte Powell in seinen Ausführungen.
Die Botschaft war klar: Wenn eine schnellere Straffung gerechtfertigt ist, werde er das Tempo der Zinserhöhungen weiter erhöhen. Vermutlich werden die jüngsten Arbeitsmarktdaten die Fed nicht von ihrem Kurs abbringen, erwartet wird ein weiterer Anstieg um 0,25 Prozent – trotz der Unruhe an den Finanzmärkten. Am 03. Mai 2023 steht der nächste Zinsentscheid der Fed an.