Volkswirt Ulrich Kater
Die Zinsen bleiben hoch

Volkswirt Ulrich Kater
Corona-Pandemie, Energiekrise, Bankenstress: Überall beweist die Wirtschaft ihre Teflon-Qualitäten, an denen Belastungen schnell abperlen. Besonders Unternehmen aus Deutschland erhalten zu Beginn des zweiten Quartals mit einer höheren Exportnachfrage und neuen Aufträgen ermutigende Impulse. Zuvor hatten bereits die gesunkenen Energiepreise für Entlastung gesorgt, so dass die heraufbeschworene W...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Corona-Pandemie, Energiekrise, Bankenstress: Überall beweist die Wirtschaft ihre Teflon-Qualitäten, an denen Belastungen schnell abperlen. Besonders Unternehmen aus Deutschland erhalten zu Beginn des zweiten Quartals mit einer höheren Exportnachfrage und neuen Aufträgen ermutigende Impulse. Zuvor hatten bereits die gesunkenen Energiepreise für Entlastung gesorgt, so dass die heraufbeschworene Winterrezession in Deutschland wohl nicht mehr stattfinden wird.
Die Erwartungen, dass die Margen der Unternehmen auch im ersten Quartal auf Rekordhöhen verharren, bieten in Zusammenhang mit rückläufigen Zinserwartungen sowohl in den USA als auch in der Eurozone zusätzliche Hoffnung. Damit bleibt das Grundbild bei Aktien wenig verändert. Anfang April markierten somit sowohl Eurostoxx 50 als auch Dax neue Jahreshöchststände.
Das geht bislang durchaus an den Erfahrungen historischen Vergleichsphasen vorbei. In der Vergangenheit kam es nach einer Phase zu expansiver Geldpolitik häufig zu starken Zinsanstiegen. Das letzte größere Bremsmanöver der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) führte ab dem Jahr 2008 dann auch direkt in die Finanzkrise.
So heftig wird es diesmal hoffentlich nicht kommen, obwohl der in den vergangenen Wochen sichtbar gewordene Bankenstress in den kommenden Monaten anhalten wird. Es muss nicht zwingend eine schwere Rezession folgen.
In den USA wird die gegenwärtige Lage häufig mit der Situation in der unmittelbaren Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg verglichen. Starke Nachfrageprogramme durch den Staat, die durch die Notenbank finanziert wurden, sowie Konsumbeschränkungen für die privaten Haushalte waren Kennzeichen der Kriegsjahre wie auch der Corona-Krise. Nach Wiedereröffnung der Wirtschaft kam es auch in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre zu starker Inflation und hohen Zinssteigerungen. Eine milde Rezession beendete damals die Inflation. Zurzeit setzen die Finanzmärkte auf eine Wiederaufführung dieses Drehbuches.
Die Zinsen der Notenbanken werden noch etwas steigen und dann auf diesem erhöhten Niveau verharren. Die gegenwärtigen Hoffnungen auf schnelle Zinssenkungen in diesem Jahr werden wohl enttäuscht. Das gestiegene Zinsniveau hat bereits dazu geführt, dass die Kreditnachfrage deutlich rückläufig ist – sowohl in den europäischen Volkswirtschaften als auch in den USA.
Wer die Rolle von Veränderungen der Kreditaggregate für die Konjunktur kennt, muss dies als Warnsignal dafür auffassen, dass die wirtschaftliche Dynamik bis ins kommende Jahr hinein nicht sehr kräftig ausfallen kann. Das zeigt sich auch in aktuellen Stimmungsumfragen für die US-Konjunktur, die klar nach unten zeigen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) deutete zudem auf die Konsequenzen der verschlechterten Kreditbedingungen für die Immobiliensektoren hin. Gute Bürogebäude in zentraler Lage sind zwar nachgefragt wie nie – auch zu hohen Mieten. Veraltete Immobilien bekommen den Preisdruck jedoch mehr und mehr zu spüren.
Insgesamt halten sich positive und negative Wirtschaftsnachrichten die Waage. Für die Aktienmärkte ist das aktuelle Umfeld nicht schlecht. Im ersten Quartal stiegen die Kurse deutlich, jedoch ohne Euphorie. Aktienmärkte profitieren ohnehin davon, dass ihre Bewertung zu Jahresbeginn nicht übertrieben hoch war. Mittelfristig sind die Aussichten für Unternehmenswerte positiv.
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