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Leitzinsen Stürzt die US-Notenbank die Welt in eine Rezession?

Stephan Albrech ist Vorstand der Albrech & Cie. Vermögensverwaltung in Köln.
Stephan Albrech ist Vorstand der Albrech & Cie. Vermögensverwaltung in Köln. | Foto: Albrech & Cie.

Begonnen hat die Notenbank den Zyklus mit einer zaghaften Zinserhöhung im Dezember 2014 (erste der senkrechten Linien im Chart). Bald darauf erhöhte die Fed die Leitzinsen vier Mal nahezu im Vierteljahres-Takt. 2018 stiegen sie bisher zwei Mal um je 0,25 Prozentpunkte. Banken müssen nun für Ausleihungen über Nacht an die Federal Reserve 1,75 bis 2 Prozent Zinsen im Jahr zahlen. In der Euro-Zone gibt es das noch gratis.

Die Fed will damit die US-Wirtschaft ein wenig dämpfen, die 2017 mit einer Rate von 2,3 Prozent gewachsen ist. Der Inflation, die aktuell bei 2,5 Prozent rangiert, kann sie so ebenfalls Paroli bieten. Außerdem hat sie nach den Zinserhöhungen genügend Munition, um bei einer wirtschaftlichen Durstphase die US-Ökonomie zu beleben, indem sie die Zinsen dann wieder senkt.

                                    Quelle: stockcharts.com

Die Ironie bei der Sache: Die Notenbank könnte durch ihre Zinserhöhungen die Wirtschaft genau in jene Rezession stürzen, aus der sie sie dann befreien muss. Denn die Renditen der längerfristigen Anleihen zeigen sich von den Zinserhöhungen gänzlich unbeeindruckt. So sind die Renditen der 30-jährigen US-Staatsanleihe (schwarz-rote Kurve) erst einmal so gut wie nach allen Zinserhöhungen gefallen, statt analog dazu zu steigen. Zudem notieren sie mit knapp 3 Prozent etwa auf demselben Niveau wie vor der ersten Zinserhöhung. Den viel beachteten zehnjährigen Anleihen ergeht es vom Prinzip her genauso.

Rezession rückt näher

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Das aber kann gefährlich werden. Denn ausgerechnet die Fed selbst hat 2008 in einer Studie festgestellt: Wird der Abstand zwischen den lang- und kurzfristigen Zinsen negativ, so folgte seit den 1960er-Jahren stets eine Rezession und meist zuvor bereits ein Einbruch am Aktienmarkt. Als maßgeblich für die Rendite-Differenz gilt der Abstand zwischen den zehn- und den zweijährigen Staatsanleihen. Dieser Abstand liegt aktuell bei nur noch 0,35 Prozentpunkten und damit so tief wie seit Ausbruch der Finanzkrise vor zehn Jahren nicht. Steigen die Renditen der langen Anleihen nicht oder fallen sie sogar und erhöht die Fed ein weiteres Mal die Zinsen, wird eine Rezession sehr wahrscheinlich.

Wir können nur spekulieren, welche Gründe es für das aus unserer Sicht irrationale Vorgehen gibt. Hat der neue Fed-Präsident Jerome Powell von seinem faktischen Chef Donald Trump die Order erhalten: Make American interest rates great again? Oder folgt die Notenbank der Logik, dass sie für die Zeiten wirtschaftlicher Schwäche gewappnet sein will? Das letztgenannte Szenario würde sich gut mit unserer Erwartung decken, dass wir am Aktienmarkt noch ein weiteres Hoch sehen werden, bevor es für einige Zeit ungemütlich wird, weil uns eine Rezession ins Haus steht.

Reaktion der EZB

Sorgen bereitet in diesem Umfeld die Tatsache, dass die Leitzinsen in der Eurozone noch immer bei null Prozent liegen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat somit kein Werkzeug in der Hand, um der hiesigen Wirtschaft im Fall einer Rezession Impulse zu geben. Ob es ausreicht, die Anleihekäufe einzustellen, damit die Renditen auf der langen Seite steigen, ist fraglich. Denn bei einer Rezession werden sichere Anleihen gesucht, was zwangsläufig auf die Renditen drückt. Man darf gespannt sein, was Mario Draghi & Co. dann einfallen wird.

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