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Zinswende Umlaufende Winde voraus

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„Ich halte die aktuelle Entwicklung nicht für den Beginn eines Bärenmarkts“, sagt etwa Matt Diczok, Chef-Rentenstra- tege bei Merrill Lynch Wealth Management. „Wir haben eine Beschleunigung des Wirtschaftswachstums gesehen, aber dieInflation bleibt bislang dahinter zurück. Daher erwarten wir vom aktuellen Niveau aus allenfalls mäßig steigende Zinsen.“ Vollkommen anders beurteilt Brett Gillespie die Lage. Der Hedgefonds-Manager, in Fachkreisen bekannt für seine Treffsicherheit wie für seinen Track Record, ist überzeugt, dass die Renditen an den Rentenmärkten schon bald deutlich steigen werden. „Natürlich dachten das auch schon Anfang 2017 eine Menge Leute. Und eine entsprechend defensive Position stellte sich als exakt die falsche heraus“, so Gillespie, bei Ellerston Capital für die Global-Macro-Strategie verantwortlich. „Wird 2018 also anders sein? Das glauben wir. Mehr noch: 2018 wird sehr interessant werden“, sagt er und verweist auf den 1994er Crash an den Rentenmärkten. Den Zentralbanken bleibe gar nichts anderes übrig, als die Zinsen deutlicher anzuheben, als die Märkte erwarten.

„Wie kann ich da so sicher sein?“, fragt der Stratege in seinem Ausblick, um sogleich die Antwort zu liefern: „Weil die Welt gesundet ist.“ Das zeigten fünf wesentliche Parameter der Zentralbanken in den wichtigsten Industrieländern, deren Zielgrößen vielfach bereits überschritten seien: Inflation, Kerninflation, Wirtschaftswachstum, durchschnittliches Wocheneinkommen und Arbeitslosenquote, bei der es freilich um ein Unterschreiten geht (siehe auch Grafik). Ob sich allerdings EZB-Chef Mario Draghi mit seiner „Whatever it takes“-Mentalität tatsächlich von diesen Zielgrößen lenken lässt, bleibt umstritten.

Für Anleiheinvestoren ergibt sich daraus ein nur allzu bekanntes Dilemma. Denn der Niedrigzins hat nicht nur allerorten Ertragsengpässe zur Folge, er bietet auch einen nur geringen Puffer gegen mögliche Kursverluste, die wie schon im vergangenen Jahr drohen. Nicht umsonst ist seit Jahren vom „zinslosen Risiko“ die Rede, wenn es um Anleihen geht.

Dennoch sollten Anleger in Abhängigkeit vom Anlagehorizont auch unter den derzeit schwierigen Bedingungen einen kleineren oder größeren Teil ihres Vermögens in Anleihen investieren. Merrill-Lynch-Mann Diczok: „Ein Grund dafür ist sehr einfach: Wir können die Zukunft nicht mit Sicherheit vorhersagen. Wir können auf der Grundlage dessen, was wir über die Wirtschaft und die Märkte wissen, jederzeit solide Vorhersagen machen. Aber die Dinge können sich immer anders als erwartet entwickeln – und das tun sie oft.“