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  • Wie sich Trumps Zollpolitik auf die Märkte auswirkt

Von in MärkteLesedauer: 6 Minuten
Mann schaut Donald Trumps Rede zu den Zollankündigungen auf einem Smartphone an
Donald Trumps Zollpaket stößt auf Kritik | Foto: Imago Images / AAP

Knapp 42 Prozent der US-Staatsschulden laufen in den Jahren 2025 und 2026 aus – eine Refinanzierungswelle historischen Ausmaßes. US-Finanzminister Scott Bessent und Trump haben klargemacht, dass sie die langfristigen Zinsen senken wollen. Ziel ist es, die Schulden der USA günstiger und über einen längeren Zeitraum festzuschreiben, um die Abhängigkeit von der Federal Reserve zu verringern. Dafür braucht es sinkende Inflationserwartungen und ein schwächeres Wachstumsbild – zwei Faktoren, die die US-Regierung stärker beeinflussen kann als den Leitzins der Fed

Der innenpolitische Gegenspieler heißt Jerome Powell. Außenpolitisch erhöht Trump durch Zölle und Drohkulissen den Druck auf Europa, China und Russland. Das Ziel ist eindeutig: Die Rahmenbedingungen so zu verschieben, dass sich Amerika zu niedrigen Kosten und längeren Laufzeiten neu verschulden kann. Die Bühne ist bereitet – für ein strategisches Kräftemessen in mehreren Dimensionen. 

Trumps Zollstrategie: Ein Befreiungsschlag mit Nebenwirkungen 

Am 2. April kündigte Trump flächendeckend sogenannte reziproke Zölle an – ein zentrales Element seiner Handelspolitik. Ziel ist es, die US-Produktion zu stärken, Handelsungleichgewichte zu korrigieren und neue Einnahmequellen für innenpolitische Projekte zu erschließen, darunter Steuererleichterungen und Wahlversprechen aus der Kampagne 2024. Doch dieser Befreiungsschlag bleibt nicht ohne Konsequenzen. Es gilt als weitgehender Konsens unter Ökonomen, dass Importzölle die heimische Inflation befeuern – durch höhere Preise für Konsumgüter.

Erste Auswirkungen sind bereits sichtbar:

Inflationserwartungen steigen – Vertrauen sinkt 

Laut einer aktuellen Umfrage der University of Michigan erwarten US-Konsumenten eine Inflation von rund fünf Prozent binnen eines Jahres – der höchste Wert seit November 2022. Gleichzeitig ist das Verbrauchervertrauen auf den niedrigsten Stand seit Juli 2022 gefallen. Steigende Preise bei gleichzeitiger Unsicherheit dämpfen die Kauflaune – eine gefährliche Mischung für eine konsumgetriebene Volkswirtschaft. 

 

Märkte unter Druck

Auch die US-Börsen zeigen Schwäche. Sowohl der S&P 500 als auch der Nasdaq 100 schlossen zuletzt unter ihrer 200-Tage-Linie – einem viel beachteten Indikator für den langfristigen Trend. Zwar kam es zu einer kurzen Gegenbewegung, doch diese scheiterte an genau dieser Marke.

Europäische Indizes wie der Stoxx 50 und Stoxx 600 präsentieren sich derzeit robuster, da sie weiterhin über ihrer 200-Tage-Linie notieren. Dennoch bleibt Vorsicht geboten: Europäische Aktien sind stark vom US-Konsum abhängig. Eine Abkühlung in den USA würde unweigerlich auch die Exporteure in Europa treffen. Zudem könnten Gegenzölle europäische Unternehmen zusätzlich belasten – ein Risiko, das der Markt bislang nur teilweise einpreist, mit Ausnahme der Automobilbranche.

Frühindikatoren deuten auf Wachstumsrückgang hin

Besondere Aufmerksamkeit erhielt zuletzt das GDP-Now-Modell der Federal Reserve von Atlanta. Es korrigierte seine BIP-Prognose für das erste Quartal 2025 von plus 2,9 Prozent auf minus 1,5 Prozent (annualisiert) – eine dramatische Wende. Der Grund: US-Unternehmen importieren derzeit auf Vorrat, um künftige Zölle zu umgehen. Auch Edelmetalle wie Gold und Silber wurden ungewöhnlich stark geordert – sogar stärker als in der Frühphase der Corona-Pandemie 2020.

 

Dieser scharfe Rückgang im BIP und das wachsende Handelsdefizit spiegeln daher weniger einen unmittelbaren Nachfrageeinbruch, sondern vielmehr eine Sondersituation im Handelsverhalten wider. Sobald die Zölle greifen, dürften die Importe zurückgehen und Lagerbestände abgebaut werden. Mittelfristig würde dies das Handelsbilanzdefizit verringern und das BIP stabilisieren.

Inventaraufbau trifft auf Konsumzurückhaltung

Die Kombination aus hohen Lagerbeständen und schwachem Konsum macht kurzfristige Preissteigerungen bei Konsumgütern unwahrscheinlich – ein temporärer Inflationspuffer. Gleichzeitig sorgt die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt für eine anhaltende Disinflation, da Hauspreise, die 34 Prozent des Warenkorbs ausmachen, derzeit stagnieren. Sollte der Ölpreis nicht stark steigen, besteht eine gute Chance, dass Inflationssorgen übertrieben sind. Gleichzeitig verlagert sich das Risiko: Weg von der Preisseite hin zur Nachfrage. Unternehmen könnten monatelang Inventar abbauen müssen, was das Wachstum bremst, aber auch die Preise senken könnte. 

Die Federal Reserve in der Zwickmühle

Die Fed befindet sich in einem Dilemma. Sollte sich die Inflationserwartung der Verbraucher bewahrheiten, wäre der Spielraum für Zinssenkungen eingeschränkt. Derzeit preisen die Märkte rund zweieinhalb Zinssenkungen für 2025 ein. Kommt es gleichzeitig zu einem Wachstumseinbruch und hartnäckiger Inflation, dürften diese Annahmen zu optimistisch sein.

 

Gleichzeitig bieten genau diese Unsicherheiten Chancen: Wer nicht an eine nachhaltige Inflationswelle glaubt, aber eine Wachstumsverlangsamung erwartet, findet bei Anleihen mit längeren Laufzeiten (sieben bis 15 Jahre) attraktive Gelegenheiten. Sollte das Zinsniveau im weiteren Jahresverlauf sinken, könnten diese Investments profitieren. 

Europa: Aktien zu teuer, Staatsanleihen im Fokus?

Die robuste Performance europäischer Aktien in den letzten Monaten basiert teilweise auf der relativen Schwäche der USA und fiskalpolitischen Erwartungen. Doch diese Bewertungslücke könnte trügerisch sein. Besonders konjunktursensitive Branchen wie Industrie und Verteidigung erscheinen im historischen Vergleich teuer – mit Bewertungskennzahlen, die über dem langjährigen Durchschnitt liegen.

 

Parallel dazu gewinnen europäische Staatsanleihen und Pfandbriefe wieder an Attraktivität. Trotz politischer Unsicherheiten und Haushaltsdebatten gelten sie weiterhin als sicherer Hafen. Der Kreditrisikoaufschlag für Unternehmensanleihen ist dagegen auf ein Mehrjahrestief gefallen. Das bedeutet: Investoren erhalten aktuell nur einen geringen Aufschlag für das erhöhte Risiko. Sollte sich die Konjunktur abkühlen, könnten diese Aufschläge steigen – was Unternehmensanleihen belasten würde.

Fazit: Marktchancen im Schatten der Unsicherheit

Die US-Wirtschaft befindet sich in einer strategischen Neuausrichtung. Die bisherigen Wachstumstreiber – KI-Investitionen und hohe Staatsausgaben – verlieren an Kraft. Gleichzeitig steigen Inflationserwartungen, während die Regierung versucht, den Haushalt zu konsolidieren und verstärkt auf den privaten Sektor zu setzen. Diese Veränderungen gehen nicht spurlos an der Wirtschaft vorbei. Kollateralschäden sind zu erwarten – sowohl national als auch international.

Doch genau dieses Umfeld schafft Opportunitäten: Sollte das Wachstum fallen und die Inflation unter den Erwartungen bleiben, könnten Anleihen mit mittleren bis längeren Laufzeiten (sieben bis 15 Jahre) wieder interessant werden. In einem Umfeld, in dem viele auf Stagflation setzen, könnten disinflationäre Entwicklungen den Markt überraschen – mit Chancen vor allem auf der Rentenseite. Was heute wie ein „Befreiungsschlag“ erscheint, könnte sich für geduldige Anleger als strategische Neupositionierung entpuppen. 

Über den Autor:

Nicolas Glasek ist Portfoliomanager beim Vermögensverwalter Hansen & Heinrich in Berlin. 

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