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„Zu früh, um wieder massiv zu investieren“ Warum die aktuelle Korrektur so drastisch ausfällt

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Welche Sektoren sind am stärksten betroffen?

Es wurden zwar alle Indizes schwer in Mitleidenschaft gezogen, doch am stärkten getroffen hat es die einst heiß begehrten Wachstums- und Technologiewerte. In nur zwei Tagen ist der FANG+ um 6 Prozent gefallen. Momentum-Aktien verzeichneten die größten Verluste. So hat der S&P Momentum ETF in zwei Tagen 6,3 Prozent verloren – das größte Minus seit seiner Auflegung vor fünf Jahren. Bis dato ist seit Jahresbeginn alles, was teuer war, täglich noch teurer geworden (Technologiewerte, Luxusartikelhersteller ...) und alles, was günstig war, noch günstiger (Industriewerte, Telekommunikationsunternehmen, Banken). Bis zum Ende diesen Sommers haben Wachstumswerte ohne Schuldenbelastung und mit einem Dollar-Exposure in den internationalen Indizes die beste Wertentwicklung gezeigt, während verschuldete und stärker von der nationalen Konjunktur abhängige Substanzwerte schwer abgestraft wurden. Im Rahmen des derzeitigen Kursrutsches scheinen Substanzwerte nun rasch aufzuholen. Die Stilrotation war besonders ausgeprägt. Hatte der MSCI Europe Value Net Return Index bisher um bis zu 5 Prozent unter dem MSCI Growth gelegen, hat sich diese Lücke seit Jahresbeginn inzwischen reduziert (-4,7 Prozent).

Sind die Aktienmärkte jetzt unterbewertet?

In den USA wohl eher nicht, aber in Bezug auf die Eurozone fällt die Antwort nicht ganz so eindeutig aus. Nach der Verkaufswelle liegt das KGV für europäische Aktien (Stoxx 600) bei etwa 14 auf Basis der für 2018 erwarteten Gewinne beziehungsweise 12,5 auf Basis der Gewinnprognosen für 2019 und damit leicht unter dem historischen Durchschnitt der letzten Jahre. Das Gewinnwachstum kann sich mit +10 Prozent im Euroraum über 1 Jahr und +25 Prozent in den USA, nach wie vor sehen lassen. Der Anstieg der Langfristzinsen spricht jedoch für einen KGV-Rückgang in den nächsten Quartalen. Im Übrigen hat die starke Korrektur am Aktienmarkt bisher noch nicht auf Unternehmensanleihen ausgestrahlt, insbesondere in Europa. Das aktuelle Marktgeschehen ist daher wohl eher als eine Bewertungskorrektur vor dem Hintergrund der Zinsentwicklung zu sehen und nicht als Spiegelbild einer allgemeinen Angst vor einem plötzlichen Wachstumseinbruch.

Warum fällt die Korrektur so drastisch aus?

Aus unserer Sicht sind eine Vielzahl quantitativer oder systematischer Strategien und Produkte (Smart Beta-, Risk Parity-, Volatility Target-, Trendfolgestrategien etc.) die Ursache dafür, dass seit einigen Tagen auf breiter Front Stop-Loss-Schwellen greifen. Das traditionelle Portfoliomanagement spielt bei dieser Verkaufswelle noch keine Rolle. Die „technischen“ Bedingungen sind also schlecht für die Märkte. US-Unternehmen, die in den letzten Jahren massiv Aktien gekauft haben, können im Moment, kurz vor den Ergebnisveröffentlichungen zum Monatsende, auch nicht in die Bresche springen. Man sollte dabei nicht vergessen, dass amerikanische Unternehmen mit dem Kauf von rund 3 Billionen US-Dollar eigener Aktien einen wesentlichen Anteil daran hatten, dass die Marktkapitalisierung des S&P in den letzten fünf Jahren um 10 Billionen Dollar gestiegen ist.

Was tun?

Es ist noch zu früh, um wieder massiv zu investieren. Ganz wie in der Phase im Februar letzten Jahres dürfte die Volatilität nicht von heute auf morgen wieder vom Markt verschwinden. Wenn jedoch in großen Mengen wahllos Aktien auf den Markt geworfen werden, könnten sich für aktive Manager durchaus Chancen ergeben. Auch wenn wir davon überzeugt sind, dass ein Zinsanstieg am langen Ende, insbesondere in Europa, unausweichlich ist, ist es in den kommenden Wochen sicherlich die beste Taktik, bei zu Unrecht abgestraften Werten Einstiegskurse festzulegen. Damit ergänzen Small- und Mid-Cap-Werte sowie Wachstumswerte – insbesondere solche mit neuen Geschäftsmodellen, deren Gewinnentwicklung der Zinsanstieg keinen Abbruch tut – das Value-Segment im Auswahluniversum.

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