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in Märkte verstehen, Chancen nutzenLesedauer: 7 Minuten
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Trotz starkem Tech-Exposure Zuflüsse in nachhaltige ETPs sind nach wie vor solide

Fundamente für Offshore-Windkraftanlagen im Hafen von Rotterdam
Fundamente für Offshore-Windkraftanlagen im Hafen von Rotterdam: Europas Streben nach mehr Energieautarkie dürfte sauberer Energie Auftrieb geben. | Foto: Imago Images / Jochen Tack
Manuela Sperandeo, BlackRock

Der Energieschock nach der Invasion der Ukraine und die gegen Russland verhängten Sanktionen haben die Energiesicherheit in den Fokus gerückt – vor allem in Europa. Außerhalb Russlands wird die Produktion fossiler Brennstoffe hochgefahren, während die Energiepreise hoch bleiben dürften.

Zudem könnten die CO2-Emissionen steigen, da in der EU mehr Strom mit Kohle und Öl erzeugt wird, um weniger russisches Gas kaufen zu müssen. Dies sehen wir jedoch nicht als Anzeichen dafür, dass wir vom Weg zu sauberer Energie abkommen. Die Welt braucht fossile Brennstoffe, um den kurzfristigen Energiehunger der Wirtschaft zu stillen. Wichtig ist dabei die Gesamtmenge und nicht, wo die Produktionsstätten stehen. Die Angebotsausweitung außerhalb Russlands machen letztlich viele russische Produktionsanlagen zu gestrandeten Vermögenswerten. Bei fossilen Brennstoffen wird es also zu einer Verlagerung der Produktion kommen und nicht zu einem starken Anstieg im Gesamtverbrauch.

Europas Drang nach Energieautarkie fördert erneuerbare Energien

Europas Streben nach mehr Energieautarkie dürfte sauberer Energie Auftrieb geben. Engpässe bei fossilen Energieträgern und weiter hohe Preise wirken wie eine CO2-Steuer. Europa gibt heute rund 9 Prozent seines BIP für Energie aus – so viel wie seit 1981 nicht mehr, kalkulieren das BlackRock Investment Institute und BP Statistical Review of World Energy 2021 (mit Daten von Haver Analytics, Stand: März 2022).

Derweil ist die Ökostromprämie abgeschmolzen. Schon bevor der Energieschock die Brennstoffpreise auf Rekordhochs trieb, lagen die Kosten für Wind- und Solarenergie gleichauf mit denen bestehender Kohle- und Gaskraftwerke und weit unter denen neuer Anlagen zur Stromproduktion aus fossilen Energieträgern. Inzwischen sind Brennstoffe noch teurer und erneuerbare Energien noch wettbewerbsfähiger geworden, trotz höherer Preise für Stahl, Aluminium, Polysilizium und Kupfer, die für den Bau von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien benötigt werden.

Da Europa die Energiewende stärker forciert, dürfte die Schere beim Netto-Null-Übergang zwischen den Regionen noch weiter aufgehen. Wir halten jedoch eine Beschleunigung insgesamt für möglich. Unser Fazit: Wir bevorzugen Sektoren mit klaren Übergangsplänen. Aus strategischer Sicht gefallen uns Industriezweige, die wie der Tech- und Gesundheitssektor vom Übergang zur grünen Null stärker profitieren, weil sie im Vergleich wenig CO2 emittieren. Wir favorisieren zudem nachhaltige Engagements, die auf Netto-Null ausgerichtet sind oder den Übergang vorantreiben, angefangen von Engagements mit expliziten Dekarbonisierungszielen bis hin zu Finanzierungen des Übergangs, zum Beispiel über grüne Anleihen.

Nachhaltige Anlagen seit Jahresbeginn unter Druck

Das Zeitfenster zum Erreichen der grünen Null, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels abzuwenden, wird immer kleiner. Das stellte der Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC) in seinem sechsten Sachstandsbericht fest. Im Vorfeld der UN-Klimakonferenz (COP 27) im November kündigen zwar immer mehr Länder und Unternehmen ehrgeizige Klimaziele an. Den Worten müssen nun aber Taten folgen, will man den Jahrzehnte dauernden Netto-Null-Übergang schaffen. Wir sehen im Klimarisiko ein Investmentrisiko. Ein schrittweiser, geordneter Übergang zur Klimaneutralität würde helfen, Druckpunkte zu entschärfen, die die Wirtschaftsaktivität stören und die Inflation anfachen könnten.

Nachhaltige Indizes stehen seit Jahresbeginn im Vergleich zu ihren nicht nachhaltigen Ursprungsindizes unter Druck, denn sie sind generell bei Energiewerten unter- und bei Tech-Titeln übergewichtet. Die kumulierten Zuflüsse in nachhaltige ETPs sind aber nach wie vor solide und im Vergleich zu 2020 weiter gestiegen mit bisher 20,6 Milliarden US-Dollar weltweit in diesem Jahr, wie Untersuchungen von BlackRock und Markit (Stand: 30. März 2022) zeigen.

Welche nachhaltigen Investmentlösungen sich anbieten

Anleger, die ihre Portfolios auf Klimaziele ausrichten wollen, können mit Kernengagements beginnen. Bei Aktien können sie ihr Engagement in Unternehmen mit dem höchsten Transitionsrisiko reduzieren und solche priorisieren, die am ehesten von der Energiewende profitieren werden. Dafür bieten sich Indexlösungen an, die sich an den Paris-Aligned-Benchmarks (PAB) orientieren. Diese sind auf ein jährliches Dekarbonisierungsziel von mindestens 7 Prozent auf Indexebene ausgerichtet und entsprechen damit den Vorgaben des IPCC für das 1,5-Grad-Ziel, mit keiner oder nur leichter Abweichung. Anleger, die in Unternehmen mit nachhaltigeren Geschäftspraktiken investieren möchten, können auch Anlagen in die Kreislaufwirtschaft erwägen. Sie will Wachstum neu definieren und den gesellschaftlichen Nutzen ins Zentrum wirtschaftlichen Handelns rücken. Ein Standbein der Kreislaufwirtschaft ist die Energiewende, wichtige Bausteine sind die Vermeidung von Abfällen und Umweltverschmutzung, die Wiederverwendung von Produkten und Werkstoffen sowie die Wiederherstellung von Naturkapital.