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Taktische Asset-Allokation Zwischen Optimismus und Selbstgefälligkeit

Altaf Kassam von State Stret Global Advisors
Altaf Kassam von State Stret Global Advisors: Der Manager ist bei dem Vermögensverwalter für die Investmentstrategie im Wirtschaftsraum EMEA zuständig | Foto: State Street Global Advisors

In den vergangenen sieben Monaten haben wir in vielen Ländern erfolgreiche Impfstrategien erlebt. In Verbindung mit einer robusten geld- und fiskalpolitischen Unterstützung hat sich daher die wirtschaftliche Erholung beschleunigt. Vor diesem Hintergrund bevorzugen wir weiterhin Wachstumsanlagen - insbesondere Aktien, Kredite und Rohstoffe. Multi-Asset-Portfolios profitieren in diesem inflationären Umfeld und haben die Möglichkeit, in den verschiedenen Phasen des Zyklus neu zu gewichten.

Aufgrund der anziehenden Konjunktur bewegt sich der Markt jedoch auf einem schmalen Grat zwischen Optimismus und Selbstzufriedenheit. Dies zeigt sich darin, dass die wirtschaftspolitische Unsicherheit inzwischen deutlich größer ist als die durch Aktien implizierte Unsicherheit. Um dem entgegenzuwirken, empfehlen wir Anlegern, Aktien mit niedriger Volatilität zu halten und Options-Overlays einzusetzen sowie Multi-Asset-Strategien mit liquiden Sachwerten zu verwenden, um Inflationsdruck zu bekämpfen. Eine solche Art der Selbstgefälligkeit des Marktes ist zwar nicht neu, hat aber in letzter Zeit extreme Ausmaße angenommen. Diese kann dazu führen, dass der Markt durch Schocks unsanft geweckt wird und dann überreagiert.

Was sind die Risiken? Nun, im gegenwärtigen, auf Pandemien fokussierten Klima stehen Rückschläge bei den weltweiten Fortschritten im Kampf gegen Covid-19 im Vordergrund, zusammen mit den üblichen Überlegungen wie geopolitischen Konflikten und politischer Instabilität. Zu den weiteren Hauptrisiken, die zur Vorsicht mahnen, gehört der Inflationsdruck, der sich zu verfestigen droht und einen Anstieg der Zinssätze als Reaktion auf das sich entwickelnde Wachstum oder eine Änderung der Politik erfordert.

Die jüngsten Änderungen in der Gewichtung unserer taktischen Asset Allocation spiegeln unsere Grundannahme wider, dass wir eine wirtschaftliche Erholung sehen werden, während wir gleichzeitig unsere regionalen Aussichten und Ansichten zu den Anlageklassen beibehalten. Da unser firmeneigener Risikoindikator darauf hindeutet, dass die Märkte in Bezug auf potenzielle Risiken zu selbstgefällig sein könnten, haben wir unsere Übergewichtung in globalen Aktien zugunsten von Kernanleihen und Gold reduziert.

Da sich das Wachstumsgefälle zwischen den USA und Europa allmählich verringert und die Schwellenländer weitere Fortschritte im Kampf gegen die COVID-Bedrohung machen, wird die amerikanische Marktführerschaft wahrscheinlich einer internationaleren Ausrichtung weichen. In den Vereinigten Staaten könnte der fragile Zustand des Marktes nach mehr als einem Jahrzehnt lockerer Geldpolitik, die Multiplikatoren aufgebläht hat, zu Überreaktionen auf jeden Schritt in Richtung einer Straffung durch die Federal Reserve führen. Im Extremfall könnten in einem solchen Szenario sinkende Vermögenspreise die Weltwirtschaft zurück in die Rezession stürzen.

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Aus regionaler Aktienperspektive sind die Vereinigten Staaten zwar unsere bevorzugte Region, doch Europa und die Schwellenländer schließen sich ihr auf einem robusten Wachstumspfad an. Wir gehen davon aus, dass sich die Lücke zwischen den USA und dem Rest der Welt, insbesondere Europa, gegen Ende des Jahres verkleinern wird und die Dynamik die USA überholen wird. Daher halten wir eine diversifizierte Position und haben kürzlich unsere Übergewichtung in Europa erweitert, was die Verbesserung unserer quantitativen Rahmenbedingungen für die Region widerspiegelt.

Wir sehen, dass die Schwellenländer von zyklischem Rückenwind profitieren. Dieser Rückenwind wird von mehreren Faktoren angetrieben, darunter die Erholung der Ölpreise, die relativ niedrige Inflation und starke PMIs für das verarbeitende Gewerbe. Schuldtitel in lokaler Währung bieten Aufwärtspotenzial durch Währungsaufwertung, während bei Staatsanleihen der Schwellenländer in Hartwährung Spielraum für eine Verengung der Spreads besteht.

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Im pazifischen Raum hingegen, wo die Aktienbewertungen bisher attraktiv waren, schlägt die Stimmung um. Die Region hatte zuvor eine Verbesserung der Preisdynamik und der Qualitätsfaktoren erlebt. Die vergleichsweise erfolgreiche Pandemiebewältigung im Pazifik hat jedoch nachgelassen und wir sehen nun eine Verschlechterung der Stimmungswerte und ein unerwünschtes Kursmomentum. Diese Stimmungslage belastet unsere Prognose für die Region, weshalb wir pazifische Aktien weiter untergewichtet haben.

Was die Schwellenländer betrifft, so werden chinesische Aktien unter dem langfristigen Durchschnitt gehandelt, da die Korrelation zu anderen Weltmärkten gesunken ist. In jüngster Zeit haben neben dem Kreditmanagement auch verstärkte staatliche Eingriffe und Regulierungen im Technologiesektor und im E-Commerce erhöhte Risiken für Anleger dargestellt.

Schließlich bleibt unsere Übergewichtung bei Rohstoffen durch unser quantitatives Framework gut unterstützt, da Verbesserungen bei den Mobilitätsdaten, die wirtschaftliche Erholung und ein schwächerer US-Dollar für Rückenwind bei der globalen Nachfrage sorgen. Für uns ist Gold ein besonderer Schwerpunkt, der durch niedrige Realzinsen und eine negative kurzfristige Einschätzung des US-Dollars unterstützt wird. Gold erlebte ein starkes Jahr 2020 und erreichte im letzten Sommer ein Allzeithoch von 2.067 US-Dollar pro Unze. Im bisherigen Jahresverlauf blieb der Goldpreis jedoch unterbewertet und gedämpft, was Chancen eröffnet.


Über den Autor: Altaf Kassam ist bei State Street Global Advisors für die  Investmentstrategien im Wirtschaftsraum EMEA verantwortlich. Bevor er bei dem Vermögensverwalter anheuerte, war er in verantwortungsvollen Positionen bei MSCI, Deutsche Bank und Goldman Sachs. Altaf begann seine Karriere bei SBC Warburg als Gründungsmitglied des Aktienderivate-Research-Teams.

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