Berenberg-Volkswirt Jörn Quitzau
Umweltdebatte mit Schieflage
Aktualisiert am
Öko-Aktivisten von Extinction Rebellion in London: Nur ein reguliertes Wirtschaftssystem internalsiert externe Umweltkosten
Die hitzige Umweltdebatte hat einen wahren Kern: Eine unregulierte Marktwirtschaft bildet den Wert der Umwelt falsch ab. Mit verhängnisvollen Folgen, befürchtet Berenberg-Analyst Jörn Quitzau.
Unternehmen und Verbraucher müssen nicht dafür zahlen, wenn sie bei der Produktion oder beim Konsum die Umwelt schädigen. Dies ist verhängnisvoll, denn eine Marktwirtschaft wird von Preissignalen gesteuert.
Steigt der Preis eines Gutes, erhalten Unternehmen und Verbraucher durch den Preisanstieg den Hinweis, sparsam mit dem knappen Gut umzugehen und nach Alternativen zu suchen. Diese wichtige marktwirtschaftliche Rückmeldung fehlt aber, wenn die Umwelt kostenlos genutzt werden kann. Mit anderen Worten: Der Markt versagt.
Eine Ausnahme bilden die sogenannten Bodenschätze. Sie haben einen Preis, weil es jemanden gibt, der ein Eigentumsrecht an dem jeweiligen Rohstoff hält. Der Eigentümer kann jedem die Nutzung verwehren, der nicht bereit ist, diesen Preis zu zahlen. Je höher die Nachfrage, desto höher der Preis. Und je höher der Preis, desto stärker das Signal, dass es sich um ein wertvolles Gut handelt, mit dem sorgsam umzugehen ist.
Das Thema Nachhaltigkeit bewegt Unternehmen, Kapitalmärkte, Gesetzgeber. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die Analysen und Thesen der bedeutendsten Nachhaltigkeitsexperten, Top-Ökonomen und Großinvestoren – gebündelt und übersichtlich. Sie sollen dir die wichtigen Entwicklungen auf dem Weg zur nachhaltigen Gesellschaft und Finanzwelt clever und zuweilen kontrovers aufzeigen.
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Unternehmen und Verbraucher müssen nicht dafür zahlen, wenn sie bei der Produktion oder beim Konsum die Umwelt schädigen. Dies ist verhängnisvoll, denn eine Marktwirtschaft wird von Preissignalen gesteuert.
Steigt der Preis eines Gutes, erhalten Unternehmen und Verbraucher durch den Preisanstieg den Hinweis, sparsam mit dem knappen Gut umzugehen und nach Alternativen zu suchen. Diese wichtige marktwirtschaftliche Rückmeldung fehlt aber, wenn die Umwelt kostenlos genutzt werden kann. Mit anderen Worten: Der Markt versagt.
Eine Ausnahme bilden die sogenannten Bodenschätze. Sie haben einen Preis, weil es jemanden gibt, der ein Eigentumsrecht an dem jeweiligen Rohstoff hält. Der Eigentümer kann jedem die Nutzung verwehren, der nicht bereit ist, diesen Preis zu zahlen. Je höher die Nachfrage, desto höher der Preis. Und je höher der Preis, desto stärker das Signal, dass es sich um ein wertvolles Gut handelt, mit dem sorgsam umzugehen ist.
Bei vielen anderen Umweltgütern sind hingegen keine Eigentumsrechte definiert und deshalb kann niemand von der Nutzung dieses öffentlichen Gutes ausgeschlossen werden. So müssen die Wirtschaftsakteure in einer unregulierten Marktwirtschaft für Abgasemissionen nichts zahlen. Da sie die Folgen ihrer Emissionen nicht im Geldbeutel spüren, lassen sie die ökologischen Folgen ihrer Produktions- und Konsumentscheidungen weitgehend außer Acht. Es kommt zu einer Überbeanspruchung der Umwelt. Die Folge dieses Marktversagens sind übermäßige Umweltschäden. Soweit die Theorie.
Wenn Umweltschützer und -aktivisten auf diesen Sachverhalt hinweisen, liegen sie also prinzipiell richtig. Eine rationale und differenzierte Diskussion darüber, wie die Umwelt durch angemessene Preise besser geschützt werden kann, ist berechtigt. Fakt ist aber: Die oben skizzierten ökonomischen Zusammenhänge wurden nicht erst von der aktuellen Aktivisten-Generation entdeckt.
Die Erkenntnis, dass die Umwelt in einer unregulierten Marktwirtschaft keinen Preis hat und deshalb durch die Wirtschaftsakteure zu stark beansprucht wird, ist uralt. Die Ökonomen Arthur Cecil Pigou und Ronald Coase haben mit ihren theoretischen Arbeiten in den Jahren 1920 und 1960 die Grundlage für Umweltsteuern und den Handel mit Emissionszertifikaten gelegt.
Das Versagen des Marktes im Umweltbereich ist in den Wirtschaftswissenschaften also hinlänglich bekannt und es werden in der Praxis bereits Instrumente eingesetzt, mit denen das Marktversagen geheilt oder eingedämmt werden kann. Folglich besteht keinerlei Grund, die Marktwirtschaft als Wirtschafts- und Ordnungsprinzip grundsätzlich anzuzweifeln oder gar abzulehnen. Wenn die Umweltschäden trotz des Einsatzes von Ökosteuern und Emissionszertifikaten noch immer als zu hoch angesehen werden, ist deren Wirksamkeit nach dem Prinzip von „Versuch und Irrtum“ nach zu justieren.
So hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in einem kürzlich veröffentlichten Sondergutachten vorgeschlagen, den Emissionshandel auf die Sektoren Verkehr und Gebäude auszuweiten. Zudem fordert der Sachverständigenrat das Vorgehen global zu koordinieren, weil der Klimawandel ein globales Phänomen ist und Treibhausgase nicht an nationalen oder kontinentalen Grenzen haltmachen.
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