Berenberg-Volkswirt Jörn Quitzau
Diese Folgen hat das Urteil zum Klimaschutzgesetz

Berenberg-Volkswirt Jörn Quitzau
„Vorschriften, die jetzt CO2-Emissionen zulassen, begründen eine unumkehrbar angelegte rechtliche Gefährdung künftiger Freiheit, weil sich mit jeder CO2-Emissionsmenge, die heute zugelassen wird, die in Einklang mit Artikel 20a Grundgesetz (GG) verbleibenden Emissionsmöglichkeiten verringern; entsprechend wird CO2-relevanter Freiheitsgebrauch immer stärkeren, auch verfassungsrechtlich gebotenen Restriktionen ausgesetzt sein.“ (Bundesverfassungsgericht)
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil zum Klimaschutzgesetz Ende April für Schlagzeilen gesorgt. In dieser Deutlichkeit war der Richterspruch über einen intertemporalen Freiheitskonflikt eine Überraschung. Das Urteil regt dazu an, die Freiheitsrechte von heute gegen die Freiheitsrechte von morgen abzuwägen und sie gegebenenfalls aufzurechnen. Damit steht indirekt, wenn nicht sogar direkt, ein Generationenkonflikt im Raum. Ob die potenziellen Folgen des Urteils schon ausreichend erkannt sind, ist fraglich. Das Bundesverfassungsgericht führt nämlich weiter aus: „Künftig können selbst gravierende Freiheitseinbußen zum Schutz des Klimas verhältnismäßig und verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein.“
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„Vorschriften, die jetzt CO2-Emissionen zulassen, begründen eine unumkehrbar angelegte rechtliche Gefährdung künftiger Freiheit, weil sich mit jeder CO2-Emissionsmenge, die heute zugelassen wird, die in Einklang mit Artikel 20a Grundgesetz (GG) verbleibenden Emissionsmöglichkeiten verringern; entsprechend wird CO2-relevanter Freiheitsgebrauch immer stärkeren, auch verfassungsrechtlich gebotenen Restriktionen ausgesetzt sein.“ (Bundesverfassungsgericht)
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil zum Klimaschutzgesetz Ende April für Schlagzeilen gesorgt. In dieser Deutlichkeit war der Richterspruch über einen intertemporalen Freiheitskonflikt eine Überraschung. Das Urteil regt dazu an, die Freiheitsrechte von heute gegen die Freiheitsrechte von morgen abzuwägen und sie gegebenenfalls aufzurechnen. Damit steht indirekt, wenn nicht sogar direkt, ein Generationenkonflikt im Raum. Ob die potenziellen Folgen des Urteils schon ausreichend erkannt sind, ist fraglich. Das Bundesverfassungsgericht führt nämlich weiter aus: „Künftig können selbst gravierende Freiheitseinbußen zum Schutz des Klimas verhältnismäßig und verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein.“
Die Erwägungen des Verfassungsgerichts sind zunächst grundsätzlicher Natur. Der Gesetzgeber hat lediglich den Auftrag erhalten, das Klimaschutzgesetz zu konkretisieren. Bisher sieht das Gesetz eine Reduktion der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 vor. Das Verfassungsgericht verpflichtet den Gesetzgeber mit seinem Urteil, „…die Fortschreibung der Minderungsziele der Treibhausgasemissionen für Zeiträume nach 2030 bis zum 31. Dezember 2022 näher zu regeln.“
Die Bundesregierung lässt sich jedoch nicht bis Ende 2022 Zeit, um das Klimaschutzgesetz nachzubessern. Sie hat umgehend reagiert und mit Kabinettsbeschluss vom 12. Mai 2021 diverse Verschärfungen auf den Weg gebracht. Insbesondere sollen die deutschen Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber dem Emissionsniveau von 1990 sinken (statt bisher 55 Prozent) und Klimaneutralität soll bereits 2045 statt bisher 2050 erreicht werden.1
Effiziente Klimapolitik
Aus dem Verfassungsgerichtsurteil und der Reaktion der Bundesregierung resultieren eine Reihe ausgesprochen interessanter und komplexer Fragen. Aus ökonomischer Sicht drängt sich insbesondere die Frage auf, ob die Klimapolitik effizient ist. Effiziente Klimapolitik bedeutet, ein gegebenes Klimaziel mit den geringstmöglichen Kosten zu erreichen. Treibhausgase sollten in den Ländern und Sektoren eingespart werden, wo die Vermeidungskosten am geringsten sind. Das geeignete Instrument ist ein global einheitlicher CO2-Preis.
Ob das Übereinkommen der Pariser Klimakonferenz von 2015, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und die Umsetzung durch das Klimaschutzgesetz in diesem Sinne effizient sind, soll hier nicht im Detail diskutiert werden. Allerdings sind Zweifel angebracht, weil das Klimaschutzgesetz sektorbezogene Reduktionsmengen vorgibt. Dadurch wird die Möglichkeit behindert, über den Marktpreis herausfinden zu lassen, in welchem Sektor die Emission von Treibhausgasen am kostengünstigsten reduziert werden kann.
1 Vergleiche Bundesregierung (2021), Generationenvertrag für das Klima.
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