

Karolina Decker bei „She Speaks Finance“ „80 Prozent der Frauen sind CFO ihres eigenen Haushalts“

Christin: Es gibt das Vorurteil, dass Frauen sich nicht so gern mit Finanzen beschäftigen und das Thema in Partnerschaften oft den Männern überlassen. Würdest du sagen, das stimmt?
Karolina: Leider stimmt dieses Vorurteil immer noch. Wenn man die Statistiken anguckt, fällt auf, dass es nach wie vor zu wenig Frauen gibt, die sich mit dem Thema beschäftigen. Nur 20 Prozent der Frauen sparen und investieren regelmäßig für den langfristigen Vermögensaufbau. Dabei sind mehr als 80 Prozent aller Frauen im deutschsprachigen Raum CFO ihres eigenen Haushalts. Das heißt, sie kümmern sich um die Geburtstagsgeschenke, planen die Einkäufe jede Woche. Wir haben dieses Thema also letztendlich im Daily Life und befassen uns trotzdem zu wenig damit.
Warum ist das so?
Abgesehen von den klassischen Punkten „keine Zeit“ und „kein Interesse“ dreht sich da auch vieles um das Thema Selbstbewusstsein. Viele Frauen glauben, sie haben nicht genug Kompetenz, um mit ihren Finanzen zu starten und wollen besser nichts tun als Fehler zu machen oder grundsätzlich ins kalte Wasser zu springen. Studien haben gezeigt, dass Frauen sehr gute Investorinnen sind, obwohl sie weniger Geld investieren. Portfolios, die von Frauen verwaltet werden, performen oft besser als die von Männern.
Christin: Warum überschreiten viele Frauen die Schwelle zum Investieren dann nicht?
Karolina: Wir haben vor einigen Monaten tatsächlich eine Umfrage bei uns gemacht, in der wir Frauen genau das gefragt haben. Und viele haben gesagt: „Ich fühle mich unsicher, ich brauche jemanden, der mich begleitet.“ Also sowas wie einen Coach oder unabhängigen Berater, der hilft, Entscheidungen zu treffen.

1.200% Rendite in 20 Jahren?
Viele wissen, sie sollten zum Beispiel in ETFs investieren. Aber sie wissen nicht, in welche ETFs. Wie strukturiere ich mein Portfolio? Worauf muss ich achten, wenn ich Bank A oder Bank B auswähle? Soll ich zu einem Online-Broker gehen oder zu einer klassischen Hausbank? Das sind die Fragen, die Frauen ganz häufig stellen. Es gibt auch viele Studien, die zeigen, dass Frauen tatsächlich zwei bis drei Ansprechpartner brauchen, um sich für ein bestimmtes Produkt zu entscheiden. Es reicht also nicht, alleine zu Hause zu sitzen, etwas zu lesen und dann zack, mache ich das. Frauen mögen es, sich miteinander über Erfahrungen auszutauschen. Das ist letztendlich perfekt, weil man so von den Fehlern der anderen lernen kann.
Beim Thema Geldanlage und Vermögensaufbau ticken Frauen ganz einfach anderes als Männer, was komplett okay ist. Wichtig ist, dass wir diesen Schritt dann wirklich machen. Denn wenn man in die Rentenbescheinigung schaut und sieht, wie viel Geld man beim Renteneintritt mit 67 bekommt, ist man erstmal schockiert.