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Aktualisiert am 28.01.2020 - 10:20 Uhrin Grünes GeldLesedauer: 3 Minuten

Das große CO2-Interview: Alles nur heiße Luft?

Andreas Knörzer
Andreas Knörzer, Nachhaltigkeitsexperte
von der Schweizer Bank Sarasin

DAS INVESTMENT.com: Herr Knörzer, der erste Kohlendioxid-Fonds auf dem deutschen Markt muss nach nur einem Jahr schon wieder schließen. Und auch die entsprechenden Indizes melden Land unter. Funktioniert der Kohlendioxid-Markt nicht? Andreas Knörzer: Der Kohlendioxid-Markt ist kein freier, sondern ein politischer Markt. Die Politiker bestimmen die Obergrenze für den Ausstoß von Kohlendioxid und damit die Menge der ausgegebenen Zertifikate. Dabei kämpft der Umweltminister mit dem Wirtschaftsminister und dieser wiederum mit der EU-Kommission. Jedes Land will sich grün zeigen, aber seinen Unternehmen nicht zu viele Lasten aufbürden. Es ist ein einziger großer Verteilungskampf.  DAS INVESTMENT.com: Der offenbar nur einen Gewinner kennt: die luftverpestenden Unternehmen. Verschärft die Wirtschafts- und Finanzkrise das noch? Knörzer: Ja, eindeutig. Der Staat will das Wirtschaftswachstum nicht noch weiter abwürgen. Um die Kosten für die Unternehmen nicht zu erhöhen, werden die Emissions-Obergrenzen recht hoch angesetzt. Viele Firmen haben insbesondere jetzt in der Krise keine Probleme, diese einzuhalten. Das Angebot na Emissionsrechten ist dementsprechend hoch und die Nachfrage gering. Das führt automatisch zu fallenden Preisen. DAS INVESTMENT.com: Umweltverschmutzung wird damit immer billiger. Ist die ganze Diskussion über die Attraktivität des Kohlendioxid-Markts also nur heiße Luft? Knörzer: Nein, auf keinen Fall. Prinzipiell ist es äußerst sinnvoll, dass es einen Markt für Kohlendioxid-Emissionsrechte gibt. Er steckt aber eben noch in den Kinderschuhen und hat einige Geburtsfehler. DAS INVESTMENT.com: Sind die operabel? Knörzer: Auf jeden Fall. Der Patient ist noch zu retten. Es braucht einfach knappere Emissionsrechte. Da ist der Staat gefragt. Die Wirtschaft soll ja nicht stranguliert werden, aber die Unternehmen sollten sich anstrengen müssen, um die Vorgaben zu erfüllen. Das ist derzeit nicht der Fall. Noch herrscht häufig Business as usual. Mittel- bis langfristig werden die Emissionsrechte aber knapper werden. Und alles was knapp ist, steigt im Preis. DAS INVESTMENT.com: Halten Sie das wirklich für wahrscheinlich? Knörzer: Noch klammert man sich an jeden Arbeitsplatz. Bestes Beispiel dafür ist die unsinnige Abwrackprämie in der Autoindustrie. Die Politiker sehen einfach nicht, dass für einen verlorenen Arbeitsplatz in der Umweltschmutz-Industrie gleich ein oder zwei neue in der Umweltschutz-Industrie geschaffen werden können. Ich wünsche mir sehr, dass das endlich erkannt wird. Die Signale vom G-8-Gipfel sind ja sehr ermutigend. DAS INVESTMENT.com: Sogar US-Präsident Barack Obama will das Treibhausgas nach europäischem Vorbild handelbar machen. Plant Sarasin schon einen Kohlendioxid-Fonds? Knörzer: Nein, konkrete Pläne gibt es nicht. Dafür ist es unserer Meinung nach auch noch viel zu früh. Wir behalten den Markt aber im Auge. Was Anleger allerdings nicht vergessen sollten: Nachhaltig orientierte Unternehmen haben das Thema Kohlendioxid-Ausstoß sowieso auf der Agenda und achten auf geringe Emissionen. Wer also in Nachhaltigkeitsfonds investiert, sorgt für saubere statt heiße Luft. So funktioniert der Kohlendioxid-Markt: Unternehmen dürfen bei ihrer Produktion nur dann Kohlendioxid ausstoßen, wenn sie dafür die entsprechenden Emissionsrechte besitzen. Ein Teil davon wird ihnen vom Staat zugeteilt. Reichen diese Rechte nicht, müssen die Unternehmen welche dazu kaufen, produzieren sie weniger Kohlendioxid, können sie die Rechte verkaufen. Der Staat kann so bestimmen, wie viel Treibhausgas ausgestoßen werden darf. Ein Beispiel: Wird für eine bestimmte Region eine Obergrenze von 100 Millionen Tonnen Kohlendioxid innerhalb eines Jahres festgelegt, so werden Zertifikate, die insgesamt zur Emission von 100 Millionen Tonnen Kohlendioxid berechtigen, ausgegeben. Einen Markt für diese Verschmutzungsrechte gibt es bisher nur in Europa.

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