LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Lesedauer: 3 Minuten

Der Expertenrat - Open-End-Zertifikate

Quelle: Fotolia
Quelle: Fotolia
Rollverluste, Futures, Contango und Backwardation sind in der Tat vier Begriffe, die jeder Anleger kennen sollte, der Open-End-Zertifikate auf Rohstoffprodukte kaufen möchte. Zunächst zu Futureskontrakten: Für die meisten Rohstoffe gilt, dass sie sehr schwer zu lagern sind oder dass ihre Lagerung sehr hohe Kosten verursacht. Daher werden diese Rohstoffe meist nicht physisch gehandelt, sondern über Futureskontrakte, die die physische Lieferung für einen Zeitpunkt in der Zukunft (daher „Future“) versprechen. Warum das so ist, wird an einem Beispiel deutlich. Man stelle sich vor, eine Fluglinie ginge Absicherungsgeschäfte für den Ölpreis ein und setzte dabei auf physische Positionen. Der Verbrauch der kommenden Jahre würde dann vollständig heute geliefert und müsste eingelagert werden. Man müsste auch die Anschaffung heute vollständig bezahlen. Über Futures ist diese Absicherung einfacher: Die Fluggesellschaft kauft Rohölkontrakte zur Lieferung zu bestimmten Fälligkeitsmonaten in der Zukunft. Der Preis für das zukünftige Öl wird jetzt bereits festgelegt, aber erst in der Zukunft, bei Lieferung, vollständig bezahlt. Heute muss lediglich für den Kontrakt wegen des Gegenpartei-Risikos eine sogenannte Margin bei der Börse hinterlegt werden. Nun stellt sich in jedem Futureskontrakt ein markträumender Preis ein, der von Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Dabei spielen dann allerlei Erwartungen und Saisonalitäten eine Rolle. Sie sorgen dafür, dass Rohöl zur Lieferung im März 2010 einen geringfügig anderen Preis hat als zur Lieferung im April 2010. Diese Preisdifferenz kann sehr viele Gründe haben: einerseits solche, die auf der Verbraucherseite liegen, wie vermehrte Nachfrage wegen Heizperioden, langen Autofahrten oder vermehrten Flugreisen in der Osterzeit, andererseits solche auf der Angebotsseite, wie Wartungsarbeiten oder neue Kapazitäten, die zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt erschlossen sein werden. Meist ist der Preisunterschied für zwei aufeinanderfolgende Liefermonate am kurzen Ende am ausgeprägtesten. Das hat damit zu tun, dass viele Einflussfaktoren meist von kurzer Dauer sind: Streiks, Unwetter oder auch infolge von Piraterie verlängerte Seewege sind meist ein vorübergehendes Phänomen, das die Ölpreiserwartungen in drei oder fünf Jahren nicht prägt, aber den Ölpreis in der kurzen Frist deutlich erhöhen oder vermindern kann. Beim Vergleich zweier aufeinanderfolgender Futureskontrakte können sich drei unterschiedliche Szenarien ergeben: In seltenen Fällen könnte sich kurzfristig der gleiche Preis für verschiedene Liefermonate einstellen. Wichtiger aber sind die Fälle, bei denen der länger laufende Kontrakt teurer ist als der kürzer laufende – dies wird „Contango“ genannt – oder bei denen der länger laufende Kontrakt billiger als der kürzer laufende ist – eine solche Konstellation wird Backwardation genannt. Inwiefern sind Contango oder Backwardation nun für Rollverluste relevant? Dazu muss zunächst noch geklärt werden, warum überhaupt gerollt wird: Bei dem Produkt mit der WKN GS0CC0 handelt es sich um ein Open-End-Zertifikat, das 2005 aufgelegt wurde. Das Zertifikat hat kein vorherbestimmtes Laufzeitende (wobei die Emittentin aber ein Kündigungsrecht hat). Da aber alle Futures Kontrakte endlich sind, muss regelmäßig ein Übergang aus einem kurz laufenden Kontrakt in einen länger laufenden Kontrakt stattfinden. Dieser Wechsel in einen anderen Kontrakt wird als „Rollen“ bezeichnet. Für das Zertifikat GS0CC0 ist festgelegt, dass in jedem Monat zehn Tage vor dem sogenannten First Notice Day ein Rollen aus dem kürzesten Kontrakt in den zweitkürzesten stattfindet. Hier kommt es nun darauf an, ob die Kurve am kurzen Ende in Contango oder Backwardation notiert. Denn wenn es eine Contango-Kurve gibt, wie jetzt gerade, dann verkauft der Anleger beim Rollen einen Kontrakt, der billiger ist als der Kontrakt, den er dafür kauft. Das führt dazu, dass das Geld nicht reicht, um wieder die gleiche Menge des Rohstoffs zu kaufen. So würde ein Anleger beispielsweise nicht mehr ein Zertifikat halten, das ein Barrel Öl verbrieft, sondern eines, das nur noch 0,98 Barrel Öl verbrieft. Wenn sich dieses oft wiederholt, kann sich damit die Partizipation in einer langen Contango-Phase deutlich reduzieren. So liegt die Partizipation des Zertifikats mit der WKN GS0CC0 nach knapp vier Jahren Rollen in Contango-Konstellationen bei nur noch 0,62 Barrel Öl. Dieser Effekt wird Rollverlust genannt. Für einen Anleger bedeutet das, dass er in einer Contango-Phase nicht darauf setzt, dass der Ölpreis steigt, sondern darauf, dass er stärker steigt als von der Contango-Kurve vorhergesagt. Dies sollten Anleger bei ihrer Entscheidung für das Produkt berücksichtigen, und sie sollten unbedingt auch während der Haltezeit regelmäßig die aktuelle Forwardkurven-Formation überprüfen. Diese steht kostenlos und stets aktuell auf www.goldman-sachs.de zur Verfügung. Der Rohstoff-Radar von Goldman Sachs: Die wichtigen Rohstoffe "auf dem Radar" wöchentlich per E-Mail >> kostenlos abonnieren

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen