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Hüfners Wochenkommentar Assenagon-Chefvolkswirt warnt vor „Zeitbombe im Euro“

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Die Grafik unten zeigt die Größenordnungen für den Fall der Bundesbank. Bis zur Finanzkrise war alles in Ordnung und die Salden waren Null. Dann aber flossen der Bundesbank als dem „sicheren Hafen“ immer mehr Gelder zu als es Abflüsse gab. Inzwischen betragen die Salden im Schnitt 16 Milliarden Euro pro Monat.

Das ist gewaltig. Zum Vergleich: Die Finanzminister verhandeln mit Griechenland seit Monaten über eine Summe von 7 Milliarden Euro, die Athen bis Juli braucht. Ein solcher Betrag läuft im Targetsystem praktisch alle zwei Wochen auf. Insgesamt belaufen sich die Forderungen der Bundesbank aus den Salden heute auf 814 Milliarden Euro.

Targetforderungen der Bundesbank (in Milliarden Euro)

Quelle: Bundesbank, Daten von Januar 1999 – Februar 2017

Kollateralschaden expansiver Geldpolitik

Manche sagen, das hinge im Wesentlichen mit den Wertpapierkäufen der EZB zusammen. Es sei daher nur ein Kollateralschaden der expansiven Geldpolitik. Das ist richtig. Es ist aber nur die halbe Wahrheit. Die Salden gab es auch schon, bevor die EZB die Wertpapierkäufe tätigte. Sie wuchsen nur nicht so schnell. Zudem ist auch ein Kollateralschaden ein Schaden.

Das kann so nicht weitergehen. Irgendwann muss jemand den Finger heben und sagen: So nicht. Das Signal kann von der Bundesbank kommen. Es kann aber auch von Berlin ausgehen (oder vielleicht vom Verfassungsgericht?). Im Augenblick traut sich niemand, weil keiner Öl ins Feuer der Schwierigkeiten in Europa gießen möchte. Es ist meines Erachtens aber nur eine Frage der Zeit, bis die Bombe hochgeht.

Was müsste getan werden, um die Targetsalden zurückzuführen? Das wichtigste wäre, die Ungleichgewichte im Euroraum abzubauen. Dann gäbe es wieder Vertrauen. Die Salden wären mit einem Mal weg. Freilich ist das, wie wir wissen, schwer und langwierig. Notwendig wären vor allem Strukturreformen in Italien.

Frage der Zeit, bis die Bombe hochgeht

Was helfen würde, wäre auch ein Ende der Wertpapierkäufe der EZB. Das wird im nächsten Jahr vermutlich kommen. Das ist aber relativ spät. Bis dahin werden die Targetsalden noch um weitere vermutlich 150 Milliarden Euro steigen. Zudem würde ein Ende der Wertpapierkäufe den Aufbau der Salden nicht stoppen, sondern ihn nur verlangsamen.

Man könnte auch daran denken, die Salden zu verzinsen. Das gäbe den Defizitländern einen Anreiz, den weiteren Anstieg zu bremsen. Die Überschussländer bekämen – wie bei den offiziellen Krediten der Finanzminister – wenigstens eine finanzielle Entschädigung. Derzeit werden die Salden nur mit dem Satz der Hauptrefinanzierungsfazilität verzinst, also mit Null.

Wenn gar nichts hilft, muss man das Targetsystem der EZB insgesamt in Frage stellen. Das wäre ein schwerer Rückschlag. Die Überweisungen innerhalb der Gemeinschaft würden teurer und langsamer. Die Durchschlagskraft der Geldpolitik würde geschwächt. Es wäre ähnlich wie mit den Grenzkontrollen, die es inzwischen im Schengen-Raum leider wieder gibt.

Das ist dabei wichtig für den Anleger

Die Targetsalden sind ein erhebliches Risiko für den Euro. Wenn es schlagend wird, wäre im Augenblick vor allem Italien betroffen, weil es derzeit die höchsten Defizite hat (386 Milliarden Euro). Es würde Ängste auslösen, dass das Land eventuell doch aus dem Euro austreten müsste. Die Spreads italienischer Anleihen würden weiter steigen. Auch mit Spanien könnte es Probleme geben. Es hat die zweithöchsten Defizite. Darüber hinaus würden natürlich die Aktien- und Rentenmärkte in der Gemeinschaft insgesamt leiden.

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