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IWF: Sozialismus in Schuldenzeiten

Das PDF-Dokument hat 107 Seiten. Schwierige Seiten. Weil sie sich zum größten Teil darum drehen, wie Staaten am besten ihre Schulden zurückzahlen und auf die steigende Ausgabenlast reagieren. Natürlich zulasten der Steuerzahler.

Mehr Staat für alle und mehr Geld für den Staat. Dass Letzterer sich mal zurücknehmen und seine Ausgaben überdenken könnte, spielt allenfalls am Rand eine Rolle. Das Dokument ist der aktuelle „Fiscal Monitor“ des Internationalen Währungsfonds (IWF) mit dem Untertitel „Taxing Times“.

Für jemanden, der arbeitet, Steuern zahlt, Schulden meidet, kein Konto in Singapur führt und etwas gespart hat, ist es eine Fibel des Grauens. Ein Beispiel: Deutschland könnte deutlich mehr Geld von seinen Bürgern kassieren, meint der IWF. Andere Staaten würden schließlich auch höhere Einkommen- und Mehrwertsteuer erheben. Der ideale Spitzensteuersatz könne zwischen 55 und 70 Prozent liegen. Der Staat würde 3,1 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung mehr einnehmen – rund 80 Milliarden Euro. Dass Deutschland schon jetzt Rekordeinnahmen verbucht – egal.

Leider übersehen die Experten zwei Dinge: Einerseits hat in der Europäischen Union nur ein einziges Land einen Spitzensteuersatz, der in diese Spanne fällt: Schweden mit 56,6 Prozent. Damit ist auch unerprobt, ob so ein Steuersatz überhaupt funktionieren würde.

Denn der IWF ignoriert einfach die menschliche Psyche, die sich in der altbekannten Laffer-Kurve widerspiegelt. Sie besagt, dass die Steuereinnahmen eines Staates wieder sinken,  sobald der Steuersatz einen bestimmten Wert überschreitet. Ab da lohnt sich nämlich zusätzliche Arbeit nicht mehr. Wo genau diese Schwelle liegt, weiß noch immer niemand, 70 Prozent dürften aber jenseits davon liegen.

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Kleiner Kasten, große Wirkung

Womit sich der IWF mitsamt seiner Chefin Christine Lagarde jedoch definitiv zum Hassobjekt in Presse und Internet gemacht hat, ist ein unscheinbarer Kasten auf Seite 49. Darin denken sie laut über eine einmalige Abgabe von 10 Prozent auf alle Nettovermögen nach. Voraussetzungen müssten sein, dass sie glaubhaft einmalig sei und eintritt, bevor Menschen ihr Geld verstecken können.

„Manche könnten das sogar als fair ansehen“, heißt es dazu. Die Abgabe würde in 15 Euroländern die Schuldenquote auf den Stand von vor der Krise 2007 drücken. Damit bekäme der Steuerzahler nun also direkt die Rechnung für die Rettung klammer Banken, die Abwrackprämie und ähnliche ökonomische Glanztaten auf den Tisch geknallt. War ja irgendwie auch klar.

Arbeitsplätze ade

Leider ist auch dieser Vorschlag nicht zu Ende gedacht. Denn nach so einem Raubzug würde der Umsatz mit höherwertigen Konsumgütern empfindlich einbrechen. Der Fernseher muss dann eben noch ein paar Jahre durchhalten, und als Urlaubsziel kann auch Balkonien ganz schön sein. Das kostet sofort Mehrwertsteuereinnahmen und, um es in der Sprache der Industrie auszudrücken: Das kostet Arbeitsplätze.

Der Vorschlag erhitzte auch auf dieser Webseite die Gemüter. Einige Kommentare entrüsteter Leser haben wir im Infokasten zusammengetragen.

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>> Zur IWF-Studie (Englisch)

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