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Marktausblick Das gestörte Liquiditätsumfeld und was es für Anleihe-Investoren bedeutet

Salman Ahmed, Global Strategist und Portfolio Manager bei Lombard Odier Investment Managers
Salman Ahmed, Global Strategist und Portfolio Manager bei Lombard Odier Investment Managers
An der geldpolitischen Front konnten wir zuletzt zwei Entwicklungen beobachten: Die starke Expansion der Notenbankbilanzen in der Folge der großen Finanzkrise 2008/09 und die groß angelegten Asset-Kaufprogramme der Notenbanken, die damit zu einem Mainstream-Instrument der Geldpolitik geworden sind. Als direktes Ergebnis davon kam es zu einer regelrechten Explosion der, wie wir es nennen, Makro-Liquidität (mit dem Ziel Wachstum und Inflation zu stimulieren).

Gleichzeitig kam es in den vergangenen Jahren zu eine ganzen Reihe neuer Regularien, die darauf abzielen, Risiken aus dem Finanzsektor herauszunehmen. Sie hatten aber den direkten Effekt, die Mittlerfunktion des Bankensektors am Anleihemarkt zu schädigen. Zwar kann dieser Mechanismus dahingehend eingeordnet werden, dass die Regulierung die Bilanzkosten direkt erhöht, was zu einem reduzierten Risikoappetit führen soll. Die Konsequenz ist aber eine verringerte Fähigkeit der Banken, als Intermediär zwischen Käufer und Verkäufer zu agieren (vgl. auch Chart 5, der die Größe des Kreditmarktes in Relation zu den Anleihebeständen der Händler setzt).

Die Rolle von Quantitative Easing beim Bruch in der Mikro-Liquidität

Eine zwar unbeabsichtigte, aber doch kritische Folge dieser Vorgehensweise, Makro-Liquidität über die Geldpresse zu schaffen, war die erzwungene Gleichschaltung der Markterwartung bezüglich der Risikoprämien der einzelnen Assetklassen. Im Verlauf der vergangenen Jahre hat sich das als starker Einflussfaktor erwiesen, was sich sehr deutlich in dem zunehmenden Herdenverhalten der Investoren und dem damit verbundenen starken Rückgang der Marktumsätze zeigt (und was sich auch in den Kennzahlen von Institutionen wie dem IWF oder der Citibank, abzulesen in den Charts 1 bis 3, widerspiegelt).

Für Investoren jedenfalls stellt dieses zunehmende Herdenverhalten sowie die regulatorisch verursachte Verringerung der Anleihebestände der Händler eine wesentliche Herausforderung dar. Konventionelle Kennzahlen wie Geld-Brief-Spannen und das gehandelte Volumen versagen darin, diese Nicht-Linearität, die sich jetzt im System befindet, einzufangen. Wir sehen am Markt deshalb nun das gehäufte Auftreten von Blasen, die zu Phasen heftiger überdimensionierter Preisbewegungen (oftmals bei niedrigen Umsätzen) führen.

Die Glaubwürdigkeit der Notenbankpolitik

Wie sind der festen Überzeugung, dass die Bewertung des gestörten Mikro-Liquiditätsumfeldes jetzt eine wichtige dritte, für Anleiheinvestoren höchst relevante Dimension ist (zusätzlich zum erwarteten Risiko und dem Ertrag). Allerdings glauben wir, dass der langfristige Ausblick für die Entwicklung der Risikoprämien von Anleihen wohl eher davon geprägt sein wird, wie der Markt die Glaubwürdigkeit wichtiger Zentralbankpolitik einschätzt, als allein von der Mikro-Liquidität. Wie wir in den jüngsten Perioden erhöhter Volatilität gesehen haben (Oktober 2014 und April/Mai 2015), waren diese Marktbewegungen nämlich bislang kurzlebiger Natur. Ausgehend von den daraus resultierenden Verschiebungen in den grundlegenden Bedingungen an den Märkten, haben diese Marktbewegungen wiederum indirekte oder direkte Interventionen von Seiten der Politik herausgefordert (zum Beispiel die jüngste Ankündigung vorgezogener Anleihekäufe durch die EZB nach dem heftigen Abverkauf bei Bundesanleihen).

Wenn wir weiter vorausblicken, dann wird der weitere Weg bis zum Beginn des Zinserhöhungszyklus in den USA entscheidend sein und er wird wohl von der Marktreaktion bestimmt werden (insbesondere, wenn wir Zeichen einer Überreaktion wie in 2013 sehen). Diese Marktreaktion wiederum dürfte sehr wahrscheinlich stark von der zugrundeliegenden Liquiditätssituation im Mikro-Bereich geprägt sein. Soweit es die EZB betrifft, machen wir uns über die Hauptrichtung ihrer Quanititative-Easing-Politik weniger Sorgen. Sondern vielmehr über das Risiko politischer Unruhe, wenn einflussreiche Notenbank-Mitglieder (vor allem in der Bundesbank) damit beginnen, das Programm als ineffektiv zu betrachten und dies erneut zu einer Zeit geschieht, in der die zugrundeliegende Liquiditätssituation beschädigt ist. Dennoch bleiben diese beiden Risikofaktoren vor dem Hintergrund anhaltend gedämpfter Inflation und dem anhaltenden Abwärtsdruck auf die globalen Wachstumserwartungen unserer Ansicht nach Extrem-Szenarien.