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Investmentbanker: Fleißig, krank, leistungsschwach

Jahrelange 100-Stunden-Wochen bleiben nicht ohne <br> Folgen: Viele Investmentbanker sind erschöpft, chronisch <br> krank oder süchtig nach Alkohol oder Medikamenten. <br> Quelle: Fotolia
Jahrelange 100-Stunden-Wochen bleiben nicht ohne
Folgen: Viele Investmentbanker sind erschöpft, chronisch
krank oder süchtig nach Alkohol oder Medikamenten.
Quelle: Fotolia
Investmentbanker haben in den vergangenen sechs Jahren dreimal mehr Lohn bezogen als sie an Gewinnen generiert haben. Das ergab eine Untersuchung des britischen Fachmagazins „Financial News“.

Insgesamt gaben die untersuchten Finanzinstitute 362 Milliarden US-Dollar an festen und variablen Gehältern für ihre Investmentbank-Mitarbeiter aus. In derselben Periode erzielten die Investmentbanken einen Vorsteuergewinn von 124 Milliarden Dollar – also rund drei Mal weniger.

Vor allem UBS-Banker waren ihr Geld nicht wert

Ein besonders starkes Missverhältnis zwischen Gewinnen und Ausgaben stellten die Forscher bei der Schweizer UBS fest. Sie wies in sechs Jahren einen Verlust von 51 Milliarden Dollar bei Personalkosten von 46 Milliarden Dollar aus.

Am besten schnitt hingegen Goldman Sachs ab, wo das Investmentbanking im gleichen Zeitraum einen Vorsteuergewinn von 72 Milliarden Dollar erwirtschaftete, während sich die Personalkosten auf 91 Milliarden Dollar beliefen. Doch auch dort schafften es die Banker nicht, mit den erzielten Gewinnen die Personalkosten ihres Arbeitgebers zu decken.

An der Faulheit der Banker können die schlechten Ergebnisse indes nicht liegen: Wie Alexandra Michel, Managementprofessorin an der University of Southern California in einer Langzeitstudie ermittelt hat, verbringen die meisten Investment-Banker fast ihre gesamte Freizeit in der Bank. Neben fehlenden sozialen Kontakten außerhalb des Jobs hat das auch Auswirkungen auf ihre Gesundheit: Schlafstörungen, psychosomatische Beschwerden und Suchtkrankheiten sind in der Branche gang und gäbe.

Die Forscherin, die ihre Studie noch in diesem Monat veröffentlichen will, begleitete zehn Jahre lang rund zwei Dutzend US-Investmentbanker. Sie beobachtete sie direkt, saß neben ihnen im Handelsraum, ging mit ihnen zu Meetings und machte mit ihnen auch teilweise die Nächte durch. Außerdem führte sie persönliche Gespräche mit den Studienteilnehmern.

In den ersten beiden Jahren arbeiteten die Banker im Durchschnitt 80 bis 120 Stunden, berichtet Michel. Sie begannen typischerweise um 6 Uhr morgens und gingen gegen Mitternacht, aber sie blieben eifrig und dynamisch, so die Wissenschaftlerin.

Schlafstörungen, Allergien, Süchte, Morbus Crohn, Schuppenflechte, Rheuma und Schilddrüsen-Fehlfunktion

Ab dem vierten Jahr verschlechterte sich bei vielen die gesundheitliche Situation. Einige litten an Schlafmangel, andere hatten Allergien entwickelt oder waren von Alkohol oder Medikamenten abhängig. Wieder andere waren chronisch erkrankt, etwa an Morbus Crohn, Schuppenflechte, Rheuma oder Fehlfunktionen der Schilddrüse.

In persönlichen Gesprächen berichteten die Banker von unkontrollierten Wutausbrüchen, die für sie früher untypisch waren. Darüber hinaus sahen sie die von der Bank angebotenen Zusatzdienstleistungen wie das kostenlose Ordern von Essen, den Fahrservice, den Wäscherei-Service oder den kostenlosen Zugang zum Fitness-Studio zunehmend kritischer, da dadurch die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben immer mehr verwischten.

Ab dem sechsten Jahr teilten sich die Teilnehmer dann in zwei Gruppen. 60 Prozent machten weiter wie bisher und nahmen die gesundheitlichen Auswirkungen in Kauf. Der Rest räumte der eigenen Gesundheit Vorrang ein: Sie achteten mehr auf ihren Schlafrhythmus, körperliche Betätigung und Ernährungsverhalten und setzten sich feste Grenzen, wie stark sie die Arbeit in Anspruch nehmen durfte.

Etwa ein Fünftel der Gruppe hat den Beruf gewechselt, berichtet die Forscherin. Wie viele genau, darf sie nicht sagen – das haben ihr die Banken verboten.

Burnout ist auch in der deutschen Finanzindustrie weit verbreitet

Ein typisch amerikanisches Problem ist die massive Arbeitsüberlastung in der Finanzindustrie indes nicht. Auch in Deutschland brechen immer mehr Menschen unter dem Druck, in kürzester Zeit immer mehr und komplexere Aufgaben bewältigen zu müssen, zusammen. Wenn es so weitergeht, wird Burnout nach Experten-Schätzungen in fünf bis sieben Jahren die Krankheit Nummer eins sein.

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